1958 formulierte der französische Soziologe Roger Caillois: „L'esprit du jeu est essentiel à la culture“1, – „Der Geist des Spiels ist wesentlich für die Kultur“. Eine Ansicht, die sich in der Aussage von Charles Eames widerspiegelt: "Spielzeug ist nicht so unschuldig, wie es scheint. Spielzeug und Spiele sind die Vorstufe zu ernsthaften Ideen“.2
Das ist eine Haltung, die in vielerlei Hinsicht das Argument der Ausstellung Design für Kinder im Berliner Bröhan-Museum unterstreicht: Design für die Spielwelt der Kinder ist der beste Ausgangspunkt für das Design der Erwachsenenwelt - einer Welt mit eigener Definition von Spiel, die von einer kindlichen Perspektive durchaus profitieren könnte.
Diese Überlegungen könnten die Entstehung des Projekts Play and Playfulness an der HDK-Valand - Academy of Art and Design der Universität Göteborg beeinflusst haben - oder auch nicht. Das Projekt forderte die Studierenden heraus, „mit und über das Spiel zu entwerfen“.
Das Projekt wurde im Rahmen des Greenhouse auf der Stockholm Furniture Fair 2025 präsentiert, und unter den ausgestellten Arbeiten befand sich auch die oD-Lampe von Erik Koivusaari, die auch unter dem Namen Golvad bekannt ist - was, wenn wir richtig informiert sind, auf Schwedisch „umgeworfen“ oder „gefallen“ bedeutet. Ein Name, der Eriks Lampe perfekt beschreibt.
Eine Lampe, die ebenso gut „Snurra“ heißen könnte - in Anlehnung an den Kreisel, dessen Spindel sich als farbiger Tropfen aus der Mitte des Diffusors manifestiert. Dieses spielerische Designelement ist nur eines von vielen charakteristischen Merkmalen der Leuchte. Sie scheint einer imaginären Erinnerung an die 1970er Jahre zu entspringen - einer Zeit, die es so nie gegeben hat, aber durchaus hätte geben können.
Das zentrale, kugelförmige Element der oD-Lampe erlaubt es ihr zwar nicht, sich vertikal zu drehen, aber sie kann um ihre eigene Achse rollen. Genau hier liegt der spielerische Zauber des Designs: Durch Kippen der Lampe verändert sich die Lichtintensität - durch sanftes Rollen wird das Licht gedimmt oder verstärkt. Eine intuitive, physische Interaktion, die eine direkte funktionale Reaktion hervorruft. Zumindest in der Theorie. In der Praxis zeigte sich die Lampe jedoch eigenwillig und rollte lieber selbstständig in eine Richtung, als an der gewünschten Stelle stehen zu bleiben. Ob es an unserer mangelnden Geschicklichkeit lag, am Boden der Stockholmsmässan oder an einer konstruktionsbedingten Unwucht - wer weiß?
Am Ende ist es auch egal. Wichtig ist die Interaktion, der Spaß, das Nachdenken über das Konzept einer dimmbaren Lampe: Wie verhält sie sich im Raum? Wie interagiert sie mit dem Benutzer? Welche Möglichkeiten gibt es, Dimmbarkeit jenseits technischer Lösungen zu gestalten? Was kann spielerisches Design zu einem Objekt beitragen? Doch oD-Lamp ist (noch) kein marktreifes Produkt, sondern ein Semesterprojekt. Ein Konzept, das weiterentwickelt, verfeinert und hinterfragt werden muss. Ein Design, das noch Verbesserungspotential hat - sei es in Bezug auf die Stabilität oder das auffällige rote Licht, das vielleicht nur für eine medienwirksame Präsentation gewählt wurde. Vielleicht wird oD-Lamp nie ein fertiges Produkt. Aber unabhängig davon bleibt die Idee dahinter eine inspirierende Auseinandersetzung mit Licht, Design und Interaktion.
Sollte sie in Produktion gehen, wäre sie als Stehleuchte eher für atmosphärisches Hintergrundlicht als für funktionale Beleuchtung geeignet. Besonders spannend wäre eine Outdoor-Version - vielleicht in größerem Maßstab, so dass man sich darauf legen oder spielerisch darüber rollen könnte. Genau das würde ein Kind tun. Und genau das sollte auch ein Erwachsener tun. Interessant wäre die Lampe auch wegen ihrer Pilzform, wenn sie ausgeschaltet ist - ein grafisch und formal sehr ansprechendes Design. Sie funktioniert nicht nur als Lichtquelle, sondern auch als eigenständiges Objekt im Raum - ob ein- oder ausgeschaltet. Besonders faszinierend ist der Übergang zwischen diesen beiden Zuständen - ein Spiel mit Licht und Form, das unendlich fortgesetzt werden könnte.
Mehr Informationen über Erik Koivusaari gibt es hier: https://koivusaari.se
Mehr zum Thema „Play and Playfulness“ und zu realisierten Projekten: www.gu.se/hdk-valand
1Roger Caillois, Les jeux et les hommes (Le masque et le vertige), Librairie Gallimard, Paris, 1958, page 95
2see James B. O'Connell. A visit with Charles Eames, Think, Vol. 27, Nr. 4, April 1961 pages 7-9, reprinted in Daniel Ostroff [Ed.] An Eames Anthology, Yale University Press, 2015 pages 218 - 223, quote page 219