Beige mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber für Igor Josifovic-Kemper ist es eine Leinwand, auf der er seine kreative Vision entfaltet. Selten hat ein Farbton so treffend in ein Zuhause gepasst wie in das von Igor. Seine ruhige Art mit dem verschmitzten Lächeln spiegelt sich 1:1 in seinem Zuhause wider. Nicht laut, nicht aufdringlich, dafür on point.
Igors besonderer Einrichtungsstil ist wohl nicht nur seinem kunstgeschichtlichen Verständnis und seinem ausgeprägten Händchen für Interior zu verdanken – Igors Mann stammt aus Brasilien, wo die beiden sich übrigens auch ein zweites Zuhause teilen. Hier in Deutschland leben sie in einer kleinen Wohnung in Berlin, wo Mid Century und skandinavische Einflüsse auf brasilianische Details treffen. Das Ergebnis zeigt Igor regelmäßig auf seinem Instagram Account igorjosif.
Auch wenn er sich selbst heute nicht mehr so bezeichnen würde, zählt Igor zur allerersten Generation der Interior Blogger. Zusammen mit der niederländischen Designerin Judith de Graaff startete er 2013 den Pflanzenblog Urban Jungle Bloggers um den sich inzwischen eine wahre Gemeinschaft von Pflanzenliebhabern entwickelt hat. Die beiden veröffentlichen außerdem gemeinsam Bücher zum Thema.
In Igors Zuhause verschmelzen Mid Century Elemente, skandinavischer Chic und brasilianische Details zu einem harmonischen Ganzen. Igor versteht es, jedem Raum eine persönliche Note zu verleihen, während er gleichzeitig eine durchgängige Ästhetik bewahrt. Jedes Möbelstück, jede Pflanze und jedes Dekorationsstück ist sorgfältig ausgewählt und fügt sich nahtlos in das Gesamtbild ein.
Igors besondere Verbindung zur Kunst wird offensichtlich, wenn man sein Zuhause betrachtet. Spätestens aber, wenn er die Hintergründe spezieller Kunstwerke erläutert, wird deutlich, warum der studierte Wirtschaftswissenschaftler nochmals die Studienbank in Kunstgeschichte drückt. Seine Einrichtung ist eine gekonnte Mischung aus Designklassikern, USM-Stauraumlösungen, skandinavischen Liebhaberstücken und Souvenirs von Reisen, alles in einer dezent neutralen Farbpalette von Braun und Beige gehalten, umgeben von seinem ganz persönlichen Urban Jungle natürlich.
Wir haben mit Igor über seinen Einrichtungsstil und seine Design-Favoriten gesprochen. Willkommen in Igors Welt, wo Beige auf raffinierte Weise zum Leben erweckt wird.
smow: Igor, stell dich doch bitte kurz vor!
Igor: Mein Name ist Igor, und ich lebe und arbeite in Berlin. Ich bin Content Creator und Autor von zwei Büchern. Nebenbei studiere ich zum zweiten Mal.
smow: Auf deinem Happy Interior Blog teilst du seit 13 Jahren die verschiedensten Themen von Pflanzen, Reisen bis hin zu Interior. Was genau macht dir Freude daran?
Igor: Die Themen sind im Prinzip meine Leidenschaften – ich liebe ein schönes Zuhause, das Reisen und Pflanzen. So war es quasi natürlich damals in 2011 zu diesen Themen einen Blog zu starten. Das war der Beginn des Happy Interior Blogs.
smow: Heute sieht man ja eher schnelllebige Inhalte wie Instagram Posts oder Reels. Ein Blog, der noch befüllt und gepflegt wird, ist schon eher die Seltenheit geworden, oder? Bist du ein Blogger der alten Schule?
Igor: Das stimmt. Ich würde mich auch gar nicht mehr als Blogger bezeichnen, denn ich schreibe auch nicht mehr regelmäßig auf dem Blog. Dieser ist jetzt eher selektiv Themen vorbehalten, wo man eben mehr erzählen und zeigen möchte, als dies auf Instagram & Co. möglich ist.
smow: Viele gerade der älteren Interior-Semester kennen dich noch mit deiner Münchener Wohnung und dem Hashtag #urbanjunglebloggers. Wie ist es dir seitdem ergangen? Wo und wie lebst du gerade?
Igor: Ich bin schon in München einmal umgezogen und die Follower konnten dann auch das Verändern und neue Einrichten miterleben. Mittlerweile lebe ich in Berlin, und die neue Wohnung ist nicht nur ein neuer Raum, sondern eben auch ein neues Zuhause mit einem neuen Look and Feel. Ich glaube, dass sich unsere Wohnungen ja auch so verändern, wie wir das tun – wir entwickeln uns weiter und verändern uns, und das schlägt sich auch im Interior Styling nieder.
smow: Du drückst gerade nochmal die „Schulbank“?
Igor: Ja, ich habe mich dazu entschieden, ein zweites Mal zu studieren. Ich habe bereits einen Magisterabschluss in Internationalen Wirtschaftswissenschaften, wollte aber eigentlich schon immer etwas anderes studieren: Klassische Archäologie und Kunstgeschichte. Das verwirkliche ich gerade.
smow: Woher nimmst du deine Inspiration?
Igor: Klingt platt, ist aber so: aus dem Leben. Das Leben und was uns umgibt ist manchmal viel inspirierender, als wir uns das denken. Manchmal genügt mir ein Spaziergang für neue Ideen, manchmal sind es Reisen, oder auch mal Trial & Error beim Umdekorieren.
smow: Was genau begeistert dich am Interior Design am meisten?
Igor: Dass man damit seine Persönlichkeit in einem gewissen Maße „materialisieren“ kann und so visuell anderen zugänglich machen kann.
smow: Hast du eine/n Lieblingsdesigner/in oder Lieblingshersteller?
Igor: Ich bin immer viel zu begeistert von verschiedenen Designs und Designern, so dass es mir schwer fällt, mich auf einen zu beschränken. Ich liebe beispielsweise das Mid-Century Design aus Brasilien von Designern wie Sergio Rodrigues, Lina Bo Bardi, Percival Lafer. Aber auch Klassiker wie USM Haller sind ganz weit oben auf meiner Liste.
smow: Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Und was ist dir bei deiner Einrichtung wichtig?
Igor: Ich würde meinen Stil vor allem als persönlich bezeichnen. Mein Zuhause hat einen Mix aus brasilianischem Design und Kunst mit Klassikern aus dem skandinavischen Designbereich und ist eher neutral in der Farbgestaltung mit vielen Erdtönen, hellen und dunklen Kontrasten, Grün und Blau als Farbtupfer hier und da.
smow: Was war dein erstes Designer Möbelstück?
Igor: Das war glaube ich ein Eames Stuhl aus den 1960ern, den ich immer noch habe.
smow: Was unterscheidet deinen von anderen Interior Accounts?
Igor: Ich glaube, vor allem der „brasilianische Touch“ bei Design und Kunst – das habe ich so zumindest noch nicht im deutschsprachigen Raum bei anderen Accounts gesehen.
smow: Erst kürzlich ist bei dir ein Eiermann Tisch von Richard Lampert eingezogen. Was war der Beweggrund?
Igor: In erster Linie der Start meines neuen Studiums. Ich brauchte einen größeren Schreibtisch, damit ich all die Bücher ausbreiten und vernünftig arbeiten kann.
smow: Was ist für dich ein No-Go im Interior Design?
Igor: No-Go ist wenn man etwas aus seinem Zuhause macht, nur weil man glaubt, dass es trendy ist – aber es beispielsweise gar nicht der eigenen Persönlichkeit, dem eigenen Charakter entspricht.
smow: Was macht dir in der Interior Bubble am meisten Spaß?
Igor: Der rege Austausch und die grundsätzlich immer freundschaftliche Atmosphäre.
smow: Welches Möbelstück steht auf deiner smow Wishlist ganz oben?
Igor: Mir fehlt tatsächlich noch eine Schreibtischlampe! Ich liebäugle mit der Demetra Tavolo von Artemide oder der Kaiser Idell von Fritz Hansen.
Dein erster Satz bei unerwartetem Besuch? Hi, komm rein!
Dein Lieblingsplatz? Auf meinem Vetsak Sofa.
Ein Fehlkauf? Ein zu kleiner Couchtisch.
Berge oder Meer? Meer!
An welchen Interior-Lieblingen kannst du nie vorbeigehen? An Vintage Keramik. Es muss immer etwas mit.
Weiße oder farbige Wände? Weiße oder solche mit einem sehr zarten, neutralen Farbton.
Vorhänge, ja oder nein? Ja, aus Leinen.
Du sammelst ...? Keramik.
Hund oder Katze? Hund.
Film oder Musik? Film.
Dein größter Spleen? Immerzu aufräumen ...
Herzlichen Dank, lieber Igor!
Beigetöne stehen zwar nicht gern im Rampenlicht, aber sie bringen eine unvergleichliche Entspannung in das Zuhause ihrer Bewohner. Bei Igor finden wir eine Mischung aus Urban Jungle, persönlich-individueller Dekoration fernab von Massentrends, Akzente in Blau- und Grüntönen, Mid Century Designikonen ... und immer wieder beige. So entsteht diese lässige Gemütlichkeit - halb deutsch, halb brasilianisch, in die wir uns verliebt haben.
