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Interview mit dem CEO von Walter Knoll, Markus Benz


Veröffentlicht am 12.09.2024
Markus Benz im Walter Knoll Showroom mit smow im Gespräch

In vielen Unternehmen bleiben die führenden Köpfe eher im Hintergrund. Vielleicht sehen die Mitarbeitenden sie zu Weihnachtsansprachen oder anderen offiziellen Terminen. Bei Walter Knoll sieht das etwas anders aus. CEO Markus Benz ist dafür bekannt, lieber durch die Räume seines Headquarters zu streifen und sich mit dem Team auszutauschen, als in seinem Büro zu sitzen.

Aus diesem Grund haben wir ihn auch direkt im Walter Knoll Showroom in Herrenberg getroffen – im Herzen von Walter Knoll, nämlich über der Gläsernen Manufaktur, wo man täglich die Fertigung in präziser Handarbeit durch die Glasfronten beobachten kann.

Seit nun 30 Jahren ist Walter Knoll, wie Benz selbst sagt, sein Leben. Mit Feuer und Flamme ist er seitdem dabei, und seine Leidenschaft ist in seinen Erzählungen deutlich spürbar.

Feuer und Flamme für Handwerk made in Germany

  smow: Herr Benz, wie sind Sie zu Walter Knoll gekommen?

Markus Benz: Wahrscheinlich Schicksal. Dadurch, dass ich in ein Möbelunternehmen hineingeboren bin mit meinem Vater Rolf Benz, waren wir natürlich immer möbelaffin. Bei Rolf Benz hatten wir nicht mehr die Mehrheit und mein Vater sah im Kauf von Walter Knoll auch die Chance, wieder mehr unternehmerische Freiheit zu erlangen.

smow: War es für Sie also schon immer klar, dass Sie in die Möbelbranche gehen und Walter Knoll übernehmen?

Markus Benz: Nein, das war überhaupt nicht klar. Ich habe eigentlich Jura studiert und bin ausgebildeter und zugelassener Rechtsanwalt. Über diesen Weg hätte mir auch eine ganz andere Karriere offengestanden. Aber irgendwann habe ich mich entschieden, das geistige Erbe der Familie anzutreten. Ich habe ja vorher bereits drei Jahre bei Wilkhahn gearbeitet. Und danach war der Start bei Walter Knoll, am 1. Oktober 1993. Vor 30 Jahren.

smow: Walter Knoll ist ein Familienunternehmen, 2023 ist Ihre Tochter hinzugekommen als CIO. Ist es für Sie ein Spagat, die Tradition mit Fortschritt zu verbinden?

Markus Benz: Ganz im Gegenteil. Die Kinder sind ja unter modernen Bedingungen aufgewachsen, und ich freue mich, dass diese Energiezufuhr der nächsten Generation stattfindet und ehrlich gesagt, beflügelt es mich.

smow: Ist dies nun ein Generationswechsel?

Markus Benz: Natürlich ist es der Start eines Generationswechsels, aber wir haben noch ein bisschen Zeit, und wir können jetzt diese Übergangszeit ganz wunderbar miteinander gestalten.

smow: Womit hebt sich Walter Knoll von anderen ab?

Markus Benz: Ich glaube, gerade in der intensiven Beschäftigung mit den Produkten liegt der Unterschied. Wir brauchen oft zwei bis fünf Jahre, um die Produkte zu entwickeln. Und sie folgen auch gewissen Prinzipien und Regeln. Dennoch muss immer Innovationskraft dahinter stecken: Wir wollen mit jedem Produkt einer Kategorie etwas Neues hinzufügen. Es darf nicht einfach nur der nächste Stuhl und der nächste Tisch sein, sondern immer etwas Besonderes seiner Art.

Beliebigkeit ist ausgeschlossen.

smow: Welche Prinzipien und Regeln sind das beispielsweise?

Markus Benz: Mich beschäftigt immer die Archaik. Was treibt Menschen an und was leitet sie? Ich habe sehr viele Native Tribes in aller Welt besucht, in Nordamerika, in Südamerika, in Australien, Neuseeland, Afrika. Wir hier merken ja gar nicht mehr so richtig, was uns wirklich treibt, weil alles durch Kulturmüll überlagert ist. Bei den Native Tribes lässt sich erkennen, dass ein Faktor immer die Handwerklichkeit ist - und die Bewunderung der von Menschenhand erschaffenen Dinge. Außerdem spielen Sinnlichkeit und der Sinn für das Schöne eine große Rolle. Menschen schaffen mit ihren Händen immer besondere Dinge - ob das die Verzierung von Alltagsgegenständen war, ob es Schmuck ist oder die Gestaltung von Gebäuden und Räumen.

Zum anderen geht es immer auch um bestimmte Materialien. Jede Kultur hat ihr Material, das sie bewundert. Und trotzdem erkennen wir auch kulturübergreifend die Schönheit dieses Materials, ob das jetzt ein Stein, eine Muschel, ein Stück Holz oder Gold ist. Es geht um rationale Linien, und die Verbindung der rationalen Linien schafft Emotion. Das heißt, Beliebigkeit ist ausgeschlossen.

Alles was wir tun, muss sich auch morgen als wertvoll erweisen.

smow: Geht es Ihnen dabei aber auch um Nachhaltigkeit?

Markus Benz: Es gibt einen ganz einfachen Satz, der heißt: Alles was wir tun, muss sich auch morgen als wertvoll erweisen. Wenn wir immer so denken würden, würden wir oft verantwortungsvoller mit Erfindungen umgehen. Ich halte es da ganz einfach mit den Native Tribes dieser Welt: Dir wurde etwas gegeben, du sollst etwas weitergeben und jetzt benimm dich anständig dazwischen.

smow: Was bedeutet das bei der Zusammenarbeit mit Designerinnen oder Designern?

Markus Benz: Wenn man auf höchstem Niveau arbeitet, dann muss man die Spezialisten auch unbedingt nutzen und mit ihnen zusammenarbeiten. Aber die Besonderheit liegt darin, dass das Team, das diese Leistung erbringt, sehr gut zusammen agiert. Das Schwierigste ist es immer, die Kommunikation mit neuen Designern aufzubauen. Das dauert oft mehrere Jahre, bis dann die Tiefe entsteht, die Walter Knoll dafür braucht. Und wir fangen dort an, wo andere aufhören.

smow: Sind Sie denn persönlich zu Hause komplett in Walter Knoll eingerichtet? Oder lassen Sie auch andere Marken zu?

Markus Benz: Es gibt schon ein paar Fremdmarken. Ich habe zum Beispiel immer noch einen Wilkhahn-Sessel zu Hause, denn ich habe damals für Wilkhahn gearbeitet. Das waren meine ersten Verkaufserfolge und so ein Sessel, ein 220er, das ist für mich heute immer noch ein wahnsinnig schönes Produkt, mit dem ich mich verbunden fühle. Aber meine Lieblingsprodukte liegen bei Walter Knoll (lacht).

smow: Haben Sie denn ein bestimmtes Lieblingsprodukt?

Markus Benz: Das ist wie bei einer Mutter mit vielen Kindern: Sie sind alle ihre Liebsten. Und so möchte ich es eigentlich auch betrachten. Es gibt vielleicht Stilpräferenzen, die man für sich hat. Aber ich habe fast alle Produkte dann doch irgendwie im nahen oder weiteren Umfeld und lebe jeden Tag damit. Nach 30 Jahren kann ich sagen, ich habe die Produkte um mich, die zu mir gehören und zu mir passen. Und jedes Produkt ist auch ein Stück von mir.

Jedes Produkt ist auch ein Stück von mir.

smow: Was bedeutet Walter Knoll für Sie persönlich?

Markus Benz: Das ist mein Leben. Wenn Sie 30 Jahre am gleichen Stück Holz schnitzen und dann sagen, es ist nicht ein Teil von Ihnen, dann wäre das eine ziemlich traurige Angelegenheit. Ich freue mich jeden Tag, dass uns neue Menschen entdecken und die uns jetzt in dieser Qualität wahrnehmen. Außerdem war mir immer wichtig, dass wir nicht nur eine Marke für Endkonsumenten sind, sondern auch die Marke für die Profis. Daher freut und erfüllt es mich persönlich besonders, dass Walter Knoll inzwischen eine starke Architektenmarke geworden ist.

Walter Knoll ist mein Leben.

smow Shorts mit Markus Benz:

smow: Ihr letzter Museumsbesuch?

Markus Benz: Gestern Abend. Staatsgalerie. Ich bin seit sieben Jahren Freund der Staatsgalerie Stuttgart.

smow: Lieber Bauhaus oder skandinavisches Design?

Markus Benz: Beide sind Ausprägungen der Moderne und beide Philosophien haben sich als dauerhaft und nachhaltig erwiesen. Das Bauhaus kam vielleicht ein Stück technischer daher, weil man eigentlich Serienprodukte für die Masse machen wollte, was nie funktioniert hat. Aber es ist ganz was anderes rausgekommen, nämlich eine Designsprache, die seit über 100 Jahren gültig ist. Das skandinavische Design ist stark mit Holz verknüpft, steht aber genauso für die Kombination von Leder und Stahl, wenn ich z. B. an Kjærholm und seine Nachfolger denke. Ich glaube, dass es einfach unterschiedliche Ausprägungen einer Zeit sind, die wir heute als Moderne betrachten.

smow: Norddeutschland oder Süddeutschland?

Markus Benz: Der Süden hat mehr Möglichkeiten, wenn man jetzt einen Umkreis zieht von 200 oder 300 Kilometern. Insofern sage ich Süddeutschland.

smow: Vielen herzlichen Dank für das schöne Gespräch, Herr Benz!

Markus Benz: Bitteschön. Ich hoffe, wir haben es ein bisschen angezündet.

smow: Wir sind ganz Feuer und Flamme.