Wie Sara Coleridge es so schön formuliert hat:
"Der heiße Juli bringt kühlende Duschen,
Aprikosen und anregende Tage in Architektur- und Designmuseen"1
Unsere fünf Empfehlungen für inspirierende, schmackhafte neue Ausstellungen, die im Juli 2024 eröffnet werden, führen uns nach Luxemburg, Remagen, Warschau, Utrecht und Susch...
Xanti Schawinsky ist ein hochinteressanter Bauhäusler – insbesondere, wenn es darum geht, sich das Bauhaus und seine Mitwirkenden jenseits des populären halben Dutzend Biografien anzuschauen.
Mit dem Anspruch, die erste Schawinsky-Retrospektive außerhalb seines Heimatlandes Schweiz zu sein, verspricht “Play, Life, Illusion” Xanti Schawinskys lange Laufbahn vom Bauhaus Weimar und Bauhaus Dessau über Magdeburg und Berlin bis nach Italien und weiter in die USA nachzuzeichnen. Nach einer Zeit am Black Mountain College in North Carolina, der ersten inoffiziellen Bauhaus-Fortsetzung in den USA, verbrachte Schawinsky eine Zeit in New York, arbeitete und lebte aber auch regelmäßig in Europa.
Darüber hinaus möchte die Ausstellung die unzähligen Genres, in denen Schawinsky tätig war, sei es Bühnenbild, Malerei, Werbung oder Fotografie, als auch die Entwicklung seiner Kunst und seines Designs über die Jahrzehnte hinweg erforschen und diskutieren. Es soll deutlich werden, wie das, was er in Weimar und Dessau gelernt und entwickelt hat, sich in den neuen Kontexten weiterentwickelt hat. Hoffentlich wird die Ausstellung auch auf die Musik Schawinskys eingehen: Schawinsky war, das sollten wir nicht vergessen, ein führendes Mitglied der Bauhauskapelle. Dabei handelt es sich um eine Bauhaus-Institution, über die leider und unerklärlicherweise so selten gesprochen wird wie über Xanti Schawinsky.
“Play, Life, Illusion” soll so nicht nur eine Einführung zu einem leider unterschätzten kreativen Geist geben, sondern auch zeigen, wie sich verschiedene kreative Praktiken gegenseitig ergänzen und erweitern. Genau diese Interdisziplinarität stand schließlich am Bauhaus im Mittelpunkt – und Xanti Schawinsky ist in der Lage, dies zu veranschaulichen.
Parallel zu “Play, Life, Illusion” zeigt das Mudam die Installation “Monster Chetwynd: Xanti Shenanigans”, in der sich Chetwynd auf ihre Weise mit Schawinsky auseinandersetzt.
“Xanti Schawinsky: Play, Life, Illusion - a Retrospective” wird am Freitag, den 12. Juli im Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, Mudam, 3, Park Dräi Eechelen, 1499 Luxemburg-Kirchberg eröffnet und läuft bis Sonntag, den 5. Januar. Weitere Informationen unter www.mudam.com
Entstanden im Kontext des Cabaret Voltaire in Zürich war Dada neben beispielsweise dem Surrealismus oder dem Funktionalismus eine von mehreren kreativen Positionen der Avantgarde, die alle auf ihre Weise zu den Entwicklungen des frühen 20. Jahrhunderts beitrugen.
Wie alle kulturellen Ausdrucksformen des frühen 20. Jahrhunderts leidet auch Dada heute unter einer sehr männerzentrierten Erzählung seiner Geschichte.
Mit “DADA” will das Arp Museum eine Dada-Geschichte erzählen, die neben den vielen bekannten männlichen Dadaisten wie Hans Arp, Tristan Tzara oder Kurt Schwitters auch die weniger beachteten weiblichen Protagonistinnen wie z.B. Sophie Taeuber-Arp in den Blick nimmt. Sophie Taeuber-Arp, Emmy Hennings, Hannah Höch, Suzanne Duchamp oder Elsa Baronin von Freytag-Loringhoven, die mit dem Neffen der Weimarer Bauhaus-Kritikerin und Avantgarde-Verweigerin Mathilde von Freytag-Loringhoven verheiratet war.
Darüber hinaus verspricht "der die DADA" einen umfassenden Rückblick, der Dada von Zürich nach Köln, Berlin, Hannover, Paris und New York folgt. Es soll eine neue Erzählung von Dada ermöglicht werden, die zu einer neuen Erzählung von Kreativität im frühen 20. Jahrhunderts beiträgt. Außerdem will die Ausstellung deutlich machen, inwiefern DADA neben Strukturen, Konventionen und Normen auch die Geschlechterregeln der Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts in Frage stellte.
Die Ausstellung "der die DADA" wird am Sonntag, den 7. Juli im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen eröffnet und läuft bis Sonntag, den 12. Januar. Weitere Informationen unter https://arpmuseum.org.
Jan Bogusławski, geboren 1910 in Warschau, studierte Architektur an der Technischen Universität Warschau und schloss sein Studium 1933 ab. Anschließend verbrachte er ein Jahr an der École des beaux-arts in Paris, bevor er nach Warschau zurückkehrte und sein eigenes Büro eröffnete. Seine Arbeit wurde durch den Krieg 1939-45 unterbrochen, den Bogusławski größtenteils in einem Kriegsgefangenenlager erleben musste. In der Nachkriegszeit war Bogusławski eng in die Wiederaufbauprogramme Polens eingebunden, unter anderem in die Entwicklung mehrerer Wohnsiedlungen, aber auch zahlreicher kultureller Projekte. Außerdem spielte er eine wichtige Rolle bei der Restaurierung des Warschauer Schlosses. Bogusławski beteiligte sich darüber hinaus, soweit bekannt, erfolglos an einer Reihe internationaler Architekturwettbewerbe, darunter für das Amsterdamer Rathaus, das Madrider Opernhaus oder das Leipziger Opernhaus. Neben seiner Tätigkeit als Architekt unterrichtete Jan Bogusławski viele Jahre an seiner Alma Mater und war während seiner gesamten Karriere als Möbeldesigner tätig, sowohl für seine Architekturprojekte als auch in einem breiteren Kontext. Jan Bogusławski starb 1982 im Alter von nur 71 Jahren und war als Architekt noch sehr aktiv, wobei viele seiner späteren Werke erst posthum fertiggestellt wurden.
Die Ausstellung “Nach den Regeln der Kunst und Ihren eigenen Vorlieben”, (auf polnisch “Według reguł sztuki i własnego upodobania”) wurde vom Polnischen Institut für Architektur und Städtebau in Zusammenarbeit mit dem Polnischen Institut für Industriedesign organisiert und verspricht eine Annäherung an Jan Bogusławski, sein Werk, sein Vermächtnis und seine Bedeutung. Anhand einer Präsentation von rund 200 Objekten, darunter Zeichnungen und Skizzen, Modelle, Fotografien und Möbelstücke aus den verschiedenen Jahrzehnten seines Schaffens soll eine Einführung zu Bogusławski und ein differenzierter Blick auf die Entwicklung von Architektur und Design im Polen des 20. Jahrhunderts gegeben werden. Zudem geht es um die relevanten und allzu oft übersehenen Verbindungen zwischen diesen Entwicklungen und den Entwicklungen in Europa.
“Jan Bogusławski (1910-1982). Nach den Regeln der Kunst und den eigenen Vorlieben” wird im Instytut Wzornictwa Przemysłowego, ul. Świętojerska 5/7, Warschau, am Donnerstag, den 4. Juli eröffnet und läuft bis Montag, den 30. September. Weitere Informationen unter https://instytutwzornictwa.com
Wenn wir ehrlich sind, haben wir Graffiti und Textildesign nie miteinander in Verbindung gebracht, bis das Centraal Museum in Utrecht ankündigte, eine Ausstellung übergenau diese Verbindung zu machen. Nachdem wir über diese Verbindung nachgedacht haben, macht sie sehr viel Sinn, nicht nur vor dem Hintergrund des Nihilismus im New York der frühen 1980er Jahre.
Die Ausstellung "Spray and Stitch: Art with a Message" verspricht eine Präsentation mit Werken von etwa 100 internationalen Künstlerinnen und Künstler beider Genres, darunter so unterschiedliche Einzelpersonen/Kollektive wie Sheila Hicks, Keith Haring, Hanne Darboven, Carlos Amorales, Feministische Handwerk Partij (FHJ), Patricia Kaersenhout und viele andere, wie die Kuratoren sagen, "uns unbekannte Künstler". Unbekannte, die sich in vielerlei Hinsicht als Schlüssel zur Präsentation erweisen könnten. “Spray and Stitch" arbeitet mit einer sehr weiten Definition sowohl von "Graffiti" als auch von "Textildesign". Indem die Ausstellung "Graffiti" und "Textildesign" in einen Dialog miteinander bringt, sollte sie wichtige und interessante neue Perspektiven auf zwei Kunstformen eröffnen, die beide sehr stark mit kulturellem Ausdruck, Identität, Protest und der Botschaft des Titels verbunden sind und sich ständig verändern und neu erfinden. Nur selten werden diese Kunstformen jedoch als aktive Bestandteile, Spiegel und Gestaltungselemente einer bestimmten Gesellschaft und Kultur anerkannt. Und selten, wenn überhaupt, werden sie in ihrem Zusammenhang als gleich und doch verschieden gesehen. “Spray and Stitch” könnte deutlich machen, warum dies ein Fehler ist, den wir unbedingt korrigieren müssen.
“Spray and Stitch: Art with a Message” wird am Donnerstag, den 4. Juli im Centraal Museum, Agnietenstraat 1, 3512 XA Utrecht eröffnet und läuft bis Sonntag, den 8. September. Weitere Informationen finden Sie unter www.centraalmuseum.nl
Die 1926 in Polen geborene Maria Wierusz-Kowalska alias Tapta floh 1944 nach ihrer Teilnahme am Warschauer Aufstand nach Belgien, wo sie in La Cambre, Brüssel, Weberei studierte und 1949 abschloss. Danach zog sie mit ihrem Mann Krzysztof in den Kongo, wo Krzysztof als Ingenieur arbeitete. Vor dem Hintergrund des Endes der Kolonialherrschaft und der Unabhängigkeit des Kongo von Belgien kehrte Tapta 1960 nach Brüssel zurück und brachte Erfahrungen über die traditionelle Weberei und die Verwendung von Materialien im Kongo mit, die ihre zukünftige Arbeit beeinflussen und prägen sollten.
In ihren späteren Arbeiten entwickelte Tapta das Konzept der weichen Skulptur, das heißt der Bildhauerei mit Textilien und anderen flexiblen Materialien. Sie schuf 3D-Textilarbeiten, die durch ihre Störung des Raumes und ihre Integration in den Raum, aber auch durch Licht und den Schatten in nicht alltägliche Räume vordringen. In dem diese Arbeiten mit den individuellen und kollektiven Nutzern eines Raumes interagieren, ermöglichen sie differenzierte Perspektiven auf Raum, Raumwahrnehmung und auf unser Verhältnis zu Raum und Materialität.
Ihre weiche Skulpturen entwirft Tapta in den 1980er Jahren zunehmend aus Neopren und nicht mehr aus Wolle oder Seil wie in den 1960er und 1970er Jahren. Dieser Wandel ist nicht unabhängig von den sozialen und kulturellen Veränderungen der 1980er Jahre. Neben ihrer eigenen Arbeit leitete Tapta von 1976 bis 1990 eine Textilwerkstatt, die sie “Flexible Sculpture” nannte, in La Cambre. In dieser Zeit war sie eine einflussreiche Stimme für ein oder zwei Generationen belgischer und internationaler Künstler.
Basierend auf einem Forschungsprojekt von Liesbeth Decan an der LUCA School of Arts in Brüssel, verspricht “Flexible Forms” eine Präsentation von Tapta-Werken, Modellen von Tapta-Projekten und einer Rekonstruktion von Taptas Environment Forms for a Flexible Space aus dem Jahr 1974. Die Rekonstruktion wird in Flexible Forms zum ersten Mal vollständig zu sehen sein. “Flexible Forms” verspricht so einerseits der Künstlerin Tapta ihren Platz in der Kunst-, Architektur- und Designgeschichte einzuräumen und auf der anderen Seite eine sinnvolle und angemessene Reflexion über die Räume und Materialitäten, die wir für uns selbst schaffen, zu ermöglichen.
“Tapta: Flexible Forms” wird am Samstag, den 20. Juli im Muzeum Susch, Surpunt 78, 7542 Susch eröffnet und läuft bis Sonntag, den 3. November. Weitere Informationen unter www.muzeumsusch.ch.
1"Hot July brings cooling showers, Apricots and gilliflowers", Sara Coleridge, The Months, in Sara Coleridge Pretty Lessons in Verse, for Good Children; With Some Lessons in Latin, in easy rhyme John W. Parker, London, 1839