Letitia Elizabeth Landon hätte es im Jahr 1823 beinahe so niedergeschrieben:
"Von allen Monaten, die das Jahr füllen, Gib mir den Monat April, Denn die Architektur- und Designmuseen sind dann so voll mit süßer Vielfalt!"
Unsere süße Vielfalt im April 2024 führt Sie nach Dessau, Brüssel, Rom, Paris und Dresden...
Obwohl das Bauhaus zweifellos Kunst, Design, Handwerk und Architektur verkörperte, ging es doch auch immer um Bewegung. Die Bewegung stand im Kontext einer breiten Körperkulturbewegung des frühen 20. Jahrhunderts, die mit ihrer Mischung aus Esoterik, Mystik, Naturphilosophie, Ablehnung der Industrialisierung und vor allem der Suche nach einer neuen Form der menschlichen Gesellschaft und neuen Formen menschlicher Beziehungen ein wichtiger Aspekt der Reformbewegung jener Zeit war. Das Bauhaus-Museum Dessau möchte diesen Zusammenhang stärker in den Fokus rücken.
Zu diesem Zweck verspricht die Ausstellung "Die Geste spricht" eine Präsentation mit Fotografien und Videos, die Bewegung am Bauhaus thematisieren und erforschen. Es geht darum wie sich das Thema Bewegung durch die Theaterwerkstatt mit ihren berühmten Balletten, durch die Harmonisierungslehre von Gertrud Grunow und vor allem durch die avantgardistische Gymnastik und den Tanz, die unter anderem von Hade Kallmeyer, Mary Wigman oder Émile Jaques-Dalcroze praktiziert wurden, weiterentwickelte. Wie bereits erwähnt, praktizierte und lehrte die Methodik des letzteren, Le Corbusiers älterer Bruder Albert viele Jahre lang in Paris. Sein jüngerer Bruder, d. h. Le Corbusier, war wohl auch gelegentlich mit dabei. Ein seltsamer Gedanke.
Wir hoffen auf eine Präsentation, die, indem den Gesten erlaubt ihre eigenen Geschichten zu erzählen, nicht nur ein wahrscheinlicheres Verständnis des Lebens und Lernens an den Bauhäusern ermöglicht, sondern auch ein nuancierteres Verständnis des Verhälnisses von Bauhaus und damaliger Gesellschaft vermittelt.
"Die Geste spricht" wird am Freitag, den 12. April im Bauhaus-Museum, Mies-van-der-Rohe-Platz 1, 06844 Dessau-Roßlau eröffnet und ist bis Sonntag, den 2. Februar zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter www.bauhaus-dessau.de.
Die am 7. März 1916 in Peking geborene Simone Hoa reiste im Alter von 12 Jahren nach Frankreich und anschließend nach Belgien, wo sie zumindest teilweise unter Henry van de Velde Architektur an der La Cambre in Brüssel studierte. Im Jahr 1938 machte sie als vierte Frau in Belgien ihren Abschluss als Architektin. Nach ihrem Abschluss verbrachte Simone Guillissen-Hoa, die 1937 heiratete, einige Zeit in den Büros des belgischen Modernisten und einflussreichen La Cambre-Professors Charles Van Nueten in Brüssel und von Alfred Roth, dem Grand Doyen der Schweizer Moderne, in Zürich. Vor Kriegsbeginn schloss sich Guillissen-Hoa dem belgischen Widerstand an und verbrachte nach ihrer Gefangennahme einige Zeit im Konzentrationslager Ravensbrück. Zudem war sie Mitglied des so genannten Agfa-Kommandos, einer Zwangsarbeitertruppe für die Agfa-Kamerafabrik in München-Giesing, die mit dem Konzentrationslager Dachau verbunden war. Nach Kriegsende kehrte Simone Guillissen-Hoa nach Belgien zurück, wo sie als eine der ersten unabhängig arbeitenden Architektinnen Belgiens ihr eigenes Büro gründete und zahlreiche an der Moderne orientierte Projekte entwickelte und realisierte, vor allem, aber keineswegs ausschließlich, Häuser.
Die Präsentation verspricht, mit Hilfe von Fotografien, Filmen, Kunstwerken und Archivdokumenten nicht nur das architektonische Oeuvre zu erkunden, sondern auch Simone Guillissen-Hoas Positionen zur Architektur zu beleuchten und zu diskutieren. Es geht darum ihren Aktivismus im Kontext der Frauenrechte innerhalb und außerhalb der Architektur zu betrachten, einschließlich ihrer Rolle bei der Gründung der Internationalen Union der Architektinnen in den 1960er Jahren. Außerdem sollen Simone Guillissen-Hoa und ihr Werk in Kontext der Kreise betrachtet werden, in denen sie sich bewegte. Die Ausstellung im CIVA soll nicht nur eine umfassende Einführung zu einer Architektin, ihrem Werk und ihrem Vermächtnis ermöglichen, die mehr Anerkennung verdient, als ihr heute zuteil wird, sondern auch zu einer Vertiefung der Geschichte der Nachkriegsarchitektur nicht nur in Belgien, sondern in ganz Europa bieten.
Die Ausstellung Simone Guillissen-Hoa wird am Mittwoch, den 24. April, im CIVA, Rue de l'Ermitage 55, 1050 Brüssel, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 22. September. Weitere Einzelheiten sind unter https://civa.brussels zu finden.
Die titelgebenden Environments dieser Ausstellung im Museo Nazionale delle Arti del XXI Secolo, MAXXI, Rom, sind immersive Rauminstallationen, die teilweise Architektur, teilweise Design und teilweise Kunst vereinen. Sie bieten differenzierte Perspektiven auf die realen, konstruierten sowie sozialen und immateriellen Räume, in denen wir alle leben.
Das "II" im Titel verweist darauf, dass es sich um die zweite Präsentation der Ausstellung handelt: Die erste fand im Winter 2023/24 im Haus der Kunst, München, unter dem Titel "In anderen Räumen" statt und wurde von uns völlig übersehen. Wir wissen immer noch nicht, wie, aber wir waren sogar vor Ort und deshalb entsetzt, als wir es bemerkten. Im Sommer 2024 ist sie jedoch nicht nur in Rom zu sehen, sondern auch in einem erweiterten Format: Während die Präsentation im Haus der Kunst die Arbeiten von 11 Kreativen aus dem Zeitraum 1956 bis 1976 zeigte, werden bei der Präsentation im MAXXI weitere 8 Kreative zu sehen sein und die Zeitspanne auf die Jahre 1956-2010 des Titels erweitern.
Wir müssen jedoch anmerken, dass zwei der Kreativen, die in München gezeigt wurden, es nicht nach Rom geschafft zu haben scheinen, was bedeutet, dass etwa 17 Kreative zu sehen sind, anstatt der 19, die man rechnerisch erwarten würde. Doch trotz dieser Abwesenheit reicht die Konstellation der gezeigten Kreativen, Ansätze und Positionen von Judy Chicago oder Tsuruko Yamazaki am Anfang des Zeitstrahls bis zu Esther Stocker oder Micol Assaël am Ende des Zeitstrahls. Dies sollte "Ambienti 1956-2010" die Möglichkeit geben, nicht nur über die präsentierten Environments als eigenständige Werke und Positionen zu reflektieren, sondern auch dazu beizutragen, das Verständnis für die Rolle und Funktion solcher Environments in zeitgenössischen Debatten und Diskursen zu vertiefen.
"Ambienti 1956-2010: Environments by Women Artists II" wird am Mittwoch, den 10. April im Museo Nazionale delle Arti del XXI Secolo, MAXXI, Via Guido Reni, 4 A, Rom, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 20. Oktober. Weitere Einzelheiten sind unter www.maxxi.art zu finden.
Wie alle, die Émile Zolas "Au Bonheur des Dames" kennen, markiert der Aufstieg des Kaufhauses in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht nur die Entstehung unserer heutigen Konsumkultur - einen jener Schlüsselmomente, in denen Waren des täglichen Bedarfs nicht mehr geliefert, sondern verkauft wurden - sondern auch einen grundlegenden Wandel in der Gestaltung, im Aussehen und im Erleben städtischer Räume. Es handelt sich um einen jener Schlüsselmomente in der Geschichte der Architektur und Stadtplanung. Für alle, die "Au Bonheur des Dames" noch nicht kennen - die Lektüre lohnt sich!
Und es könnte sich auch lohnen, "La naissance des grands magasins" anzuschauen - eine Ausstellung, die den Aufstieg und die Entwicklung des Kaufhauses, genauer gesagt des Pariser Kaufhauses, von den ersten Vertretern aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Le Bon Marché oder Les Magasins du Louvre, bis hin zur "Exposition internationale des Arts décoratifs et industriels modernes" von 1925 erforschen will. Diese Weltausstellung setzte gleichzeitig den Begriff Art Déco in die Welt und signalisierte die Abkehr von der Dekadenz des Art Déco hin zu einer rationaleren Formensprache. Alle großen Pariser Kaufhäuser waren mit einem eigenen Pavillon vertreten, was nicht nur ihre Bedeutung und Relevanz unterstrich, sondern auch dazu beitrug, die Beziehung zwischen Paris und seinen Kaufhäusern zu festigen.
Dadurch wurde ein Beitrag zur Etablierung des zeitgenössischen Verständnisses von Paris als einem Ort geleistet, der für Luxus, Eleganz und Mode steht.
Die Geschichte soll anhand von rund 700 Objekten erzählt werden und nicht nur die großen Kaufhäuser selbst, sondern auch Mode, Design, Spielzeug und Werbung in den Mittelpunkt stellen. Diese Gegenstände bestimmen bis heute den Alltag. Die Ausstellung verankert sie und ihre frühe Geschichte auch in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wobei letztere besonders im Zusammenhang mit den Frauen der damaligen Pariser Gesellschaft interessant zu sein verspricht, für die die Kaufhäuser sehr wohl gedacht waren, wie Zola mehr als andeutet.
Es handelt sich um eine Ausstellung, die nicht nur das Bild der Pariser Kaufhäuser und die anhaltenden Relevanz und Bedeutung jener frühen Jahrzehnte beleuchten sollte, sondern auch die Entwicklung von Paris in den Jahrzehnten nach 1900 in den Blick nimmt.
Der Fairness halber sei darauf hingewiesen, dass der Pariser Schwerpunkt von "La naissance des grands magasins" nicht Ausdruck des Pariser Gefühls ist, im Zentrum des Universums zu stehen, sondern vielmehr auf eine Schwesterausstellung zurückzuführen ist, die im Herbst in der Cité de l'Architecture et du Patrimoine eröffnet wird und das Thema in einem europäischen Kontext aufgreift.
"La naissance des grands magasins: Mode, Design, Jouets, Publicité, 1852-1925" wird am Mittwoch, den 10. April, im Musée des Arts Décoratifs, 107, rue de Rivoli, 75001 Paris, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 13. Oktober. Weitere Einzelheiten sind unter https://madparis.fr zu finden.
Die Einführung synthetischer Kunststoffe, allen voran der Polyurethane, im Kontext des Möbel- und Leuchtendesigns in den 1960er Jahren war zweifellos einer der prägenden Aspekte der Nachkriegsjahrzehnte. Neuartige Materialien boten nicht nur neue Formen in kaleidoskopischen Farbspielen, die in der wirtschaftlichen und sozialen Optimierung der Nachkriegszeit ihren Widerhall fanden, sondern versprachen auch eine Demokratisierung unserer Gebrauchsgegenstände und kündigten damit eine demokratischere Gesellschaft an, in der Krieg nicht mehr denkbar wäre. Doch dann kamen die Ölkrisen der 1970er Jahre. Und dann kam die Rezession der 1980er Jahre und ihr Weg zum finanziellen Egoismus der 1990er Jahre. Und dann kam die Akzeptanz des Klimanotstands. Das alles zusammen nahm den neuartigen Plastikwaren ein wenig den Glanz.
Mit "PURe Visionen" entführt uns das Kunstgewerbemuseum Dresden nicht nur in die sorglosen Tage der 1960er und frühen 1970er Jahre, als Polyurethane die glorreiche Zukunft für alle symbolisierten, sondern auch in eine Zeit, in der die beiden zunehmend erbittert gespaltenen Länder DDR und BRD durch Polyurethan-Möbel zeitweise buchstäblich vereint waren.
Diese Ära soll anhand von rund 30 Objekten, unterstützt durch Archivmaterial und Fotos und in Begleitung von u.a. Ernst Moeck, Peter Ghyczy, Siegfried Mehl oder Ute Heublein, repräsentiert werden. Dabei will die Ausstellung nicht nur differenzierte Einblicke in die frühe Geschichte der Polyurethane im Design ermöglichen, sondern auch in jene deutsch-deutsche Designgeschichte, die so dringend ernsthafter und ehrlicher geschrieben werden müsste, als es derzeit der Fall ist.
Die Präsentation soll außerdem dazu beitragen, einige Werke aus der unerträglichen Schmach des "Retro" zu befreien, unter der sie derzeit leiden.
"PURe Visionen: Kunststoffmöbel zwischen Ost und West" wird am Samstag, 27. April, im Kunstgewerbemuseum, Schloss Pillnitz, August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden eröffnet und läuft bis Sonntag, 7. Juli. Weitere Informationen finden Sie unter https://kunstgewerbemuseum.skd.museum.