Wir haben lange überlegt, ob wir unsere Empfehlungen für Online-Designausstellungen fortsetzen sollen, haben uns aber dazu entschieden, wieder mit unseren normalen Offline-Tipps weiterzumachen. Wir haben volles Verständnis dafür, dass in vielen Ländern Museen immer noch geschlossen sind, ebenso wie die internationalen Grenzen, die man normalerweise für einen kurzen Städtetrip überqueren würde, um die zu besuchen, die offen sind. Einige Museen haben bereits geöffnet, andere öffnen im Laufe des Monats Juni, und so interessant Online-Ausstellungen auch sein mögen, geht doch nichts über einen physischen Ausstellungsbesuch.
Wie wir schon häufig erwähnt haben, geht es in Museen nicht nur um das Sammeln und Aufbewahren der Vergangenheit, um Cafés oder Souvenirläden, sondern um Diskurse, Betrachtungen und Reflexionen. Hier finden Themen, die in der schnellebigen Medienwelt untergehen, Gehör und ihren Platz in unserer Geschichte. Außerdem ist es möglich, sich ihnen nicht nur aus ganz verschiedenen Perspektiven zu nähern, sondern auch aus neuen, widersprüchlichen und oft anderweitig unerreichbaren Sichtweisen, und zwar ohne Vorurteile, Voreingenommenheit oder die kommerzielle Notwendigkeit, sich einem vorgefassten Narrativ anzupassen.
Das gelingt zwar nicht jeder Ausstellung, da viele dem egoistischen Wunsch erliegen, ein "Blockbuster" zu sein und damit eine akzeptierte, touristische Perspektive auf ihr Thema einnehmen, aber es gibt keinen Grund, warum Ausstellungen nicht auch weniger populäre Themen angstfrei und wohlwollend diskutieren könnten.
Wenn Museen dies ehrlich und aus einer neutralen Position heraus schaffen, werden sie zu Orten, die dazu einladen, das Erlebte zu reflektieren und diese Gedanken wiederum in andere Bereiche mitzunehmen. So entsteht ein besseres Verständnis von uns selbst, individuell und kollektiv, und der Welt um uns herum, der natürlichen und der, die die Gesellschaft entwickelt hat. Zudem lernen wir mehr über das konkrete Thema der Ausstellung und merken eventuell, dass wir es doch nicht ganz so umfassend verstanden haben, wie wir vielleicht dachten. Diese Erfahrung sollte nicht unterschätzt, sondern stetig gefördert werden.
Besonders bei Designausstellungen fällt auf, dass ein Online-Angebot die physische Präsenz eines Objekts einfach nicht ersetzen kann.
Obgleich alle Museen virtuell rund um die Uhr geöffnet bleiben und wir euch empfehlen, unbedingt auf Online-Angebote zurückzugreifen, ist es doch wichtiger, dass auch der Offline-Besuch teilweise wieder möglich ist und genutzt werden sollte.
Natürlich sollten zurzeit entsprechende Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Falls du einen Museumsbesuch planst, (a) informiere dich bitte vorher über die Öffnungszeiten, da kurzfristige Änderungen möglich sind, und (b) mach dich bitte vorher mit den Regeln bzgl. Tickets, Eintritt, Sicherheit, Hygiene etc. vertraut. Und sei empfänglich für neue Ideen, Meinungen, Namen, Perspektiven, Verbindungen und Verständnisse...
Diskussionen über Nachkriegsdesign in Deutschland fokussieren sich meist auf Institutionen wie die HfG Ulm, den Deutschen Werkbund oder den minimalistischen Funktionalismus der Guten Form. Dies gilt jedenfalls für Westdeutschland. In Ostdeutschland wird in diesem Zusammenhang leider häufig der abscheuliche Begriff "Ostalgie" benutzt, dabei zeigte die Ausstellung "Shaping everyday life! Bauhaus modernism in the GDR" im Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt, dass Nachkriegsdesign in Ostdeutschland so viel mehr ist.
Eine der führenden Protagonistinnen, und zwar sowohl als Designerin als auch als Lehrende, war Christa Petroff-Bohne: Ersteres durch Kooperationen mit Herstellern wie VEB Steingutwerk Torgau oder VEB Auer Besteck und Silberwarenwerke, letzteres aufgrund ihrer über 30-jährigen Lehrtätigkeit, überwiegend als Professorin, an der Kunsthochschule Berlin, der heutigen Kunsthochschule Berlin-Weissensee.
Mit "Schönheit der Form" präsentiert das Kunstgewerbemuseum Dresden eine Ausstellung, die sich beiden Bereichen innerhalb Christa Petroff-Bohnes Karriere widmet. So können BesucherInnen nicht nur ihren Beitrag zum Design in Ostdeutschland, seinem Verständnis und seinen Positionen erleben, sondern auch den Charakter des Produkt- und Industriedesigns. Dies trägt zu einem nachhaltigeren Verständnis über das Design in Ostdeutschland bei und zu einem Verständnis darüber, dass die deutsche Designgeschichte in der Nachkriegszeit zwei Wege ging.
"Schönheit der Form. Die Designerin Christa Petroff-Bohne" wird am Samstag, den 27. Juni im Kunstgewerbemuseum, Schloss Pillnitz, August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden eröffnet und läuft bis Sonntag, den 1. November.
Als die in Zürich ansässige Galeriebesitzerin Heidi Weber Le Corbusier 1960 fragte, ob er einen Auftrag zur Planung eines Museums im Zürichhornpark annehmen würde, überlegte er kurz und antwortete sinngemäß: "Wissen Sie, ich möchte eigentlich nichts mehr für die Schweizer machen, sie waren nie besonders freundlich zu mir."
Er ließ sich dennoch überzeugen und realisierte ein Gebäude basierend auf seinem modularen Konstruktionssystem 226 x 226 x 226. Das Ergebnis war ein farbenfrohes, spielerisch wirkendes, lockeres Objekt, das den reservierten, ruhigen Zürichhornpark ergänzte, und außerdem seine einzige Glas-Stahl-Konstruktion (mit ein wenig Sichtbeton) und sein letztes Gebäude. Eines, das heute weniger als Museum dient, sondern vielmehr als Ort des Wissens und der Reflexion über Le Corbusier. Dazu gehört auch, dass er vielleicht etwas hart zu seinen Schweizer Landsleuten und vor allem zu den ZürcherInnen war. Während seiner gesamten Karriere unterstützten ihn nicht nur Zürcher Institute, sondern auch Einzelpersonen, sei es der Verleger Hans Girsberger, der Architekturkritiker Sigfried Giedion oder die Galeristin Heidi Weber, die 1959 mit der Produktion der Stahlrohrmöbel von Le Corbusier (sowie Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand) aus den 1920er Jahren begann, die in Zürich produziert und weltweit verkauft wurden.
Mit Architekturmodellen, Möbeln, Kunst und Aufzeichnungen soll "Le Corbusier und Zürich" nicht nur neue Gedanken zu Le Corbusier, der Entwicklung seiner Karriere und der Beziehung zu seiner Heimat ermöglichen, sondern auch zu Zürichs Rolle in der Verbreitung neuer Ideen in den Bereichen Kunst, Architektur und Design in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
"Le Corbusier und Zürich" wurde am Dienstag, den 9. Juni im Pavillon Le Corbusier, Höschgasse 8, 8008 Zürich eröffnet und läuft bis Sonntag, den 29. November.
Zwar ist Reisen derzeit ein zugegebenermaßen etwas unangenehmes Thema, aber es ist auch wichtig, dass wir uns alle daran erinnern, dass es eine Welt da draußen gibt und dass Reisen nicht nur unser Leben bereichern, sondern auch unsere Sichtweise erweitern kann.
Schließlich bereicherte und erweiterte es die Leben und Perspektiven von Alvar Aalto, Yrjö Kukkapuro, Vivianna Torun Bülow-Hübe und über 40 weiteren Kreativen aus dem Norden, die Teil von "Travel as a Tool" sind.
Mit einem Ausstellungskonzept, das auf Tagebüchern, Briefen, Filmen und Fotos der Kreativen basiert, will "Travel as a Tool" nicht nur die Erkenntnisse aus den Reisen der ProtagonistInnen zeigen und inwiefern diese sich auf ihre kreative Arbeit auswirkten, sondern vor allem beleuchten, was Reisen bedeutet. Dass Reisen mehr ist als Urlaub machen und dass Reisen nicht immer freiwillig und als Freizeitaktivität stattfinden muss, wie die Biografien von Grete Prytz Kittelsen, Jørn Utzon oder Arne Jacobsen zeigen, die alle aufgrund der Besetzung durch die Nazis aus Norwegen und Dänemark nach Schweden flohen. Reisen müssen auch nicht unbedingt weit weg führen, sie können ebenso dazu dienen, das Bekannte aus einem neuen Blickwinkel zu sehen. Es muss nicht einmal physisch stattfinden, sondern kann genauso gut ein innerer Prozess sein. Einer, bei dem man weit reist, Neues entdeckt und Inspiration findet, ohne sich je fortbewegt zu haben. Daran sollten wir in diesen Zeiten denken, in denen das Reisen ein eigenartiges und doch wichtiges Thema ist.
"Travel as a Tool" wurde am Montag, den 1. Juni im Designmuseo Korkeavuorenkatu 23, 00130 Helsinki eröffnet und läuft bis Sonntag, den 7. März.
Die Entwicklung neuer Waren und Dienstleistungen und die damit verbundene Entwicklung der Gesellschaft ist eng mit der Verfügbarkeit neuer Materialien verbunden. Etwas, das durch die Entwicklung der menschlichen Zivilisation über die Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit, Kunststoffzeit usw. sehr schön unterstrichen wird.
Mit "Material Matters" will das Textilmuseum St. Gallen nicht nur den Einfluss und die Auswirkungen neuer Materialien auf die Bekleidung von 1800 bis heute darlegen, sondern auch die Wechselwirkung zwischen der Entwicklung der Materialien und der Materialtechnologie und den Entwicklungen der sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen u.a. Realitäten auf die Entwicklung der Bekleidung. Dabei sollen nicht nur neue Perspektiven auf unsere Kleidung entstehen, sondern hoffentlich auch der Unterschied zwischen Kleidung und Mode beleuchtet und erklärt werden, warum erstere wichtig und letztere gefährlich ist.
Außerdem verspricht "Material Matters" Einführungen und Demonstrationen zur Herstellung zahlreicher Materialien. Die Ausstellung erfüllt also nicht nur eine der ursprünglichen Funktionen von Museen, nämlich das Unsichtbare zu erklären, sondern ermöglicht so hoffentlich ein besseres Verständnis des sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wertes der Materialien, aus denen Kleidung/Mode hergestellt wird. Und warum es wichtig ist, diese Werte zu verstehen.
"Material Matters. Von der Faser zur Mode" wurde am Samstag, den 6. Juni im Textilmuseum, Vadianstrasse 2, 9000 St. Gallen eröffnet und läuft bis Sonntag, den 21. Februar.
Unsere heutige Produktdesignindustrie ist nicht nur aus dem traditionellen Handwerk entstanden, sondern in vielerlei Hinsicht als Versuch, das traditionelle Handwerk zu ersetzen, als direkter Angriff auf das Handwerk mit dem Ziel, es auszulöschen. Ein Angriff, der nur teilweise erfolgreich war und der in den letzten Jahren zunehmend als eine jener Fehleinschätzungen verstanden wurde, die wir Menschen durch den Glauben an unsere Unfehlbarkeit immer wieder machen.
Mit der Ausstellung "Made In: Craft – Design Narratives" zeigt das Museum of Architecture and Design Ljubljana anhand der Arbeiten von mehr als 30 HandwerkerInnen und mehr als 40 DesignerInnen aus Kroatien, Slowenien, Serbien und Österreich einen zeitgenössischen Dialog zwischen Handwerk und Design. In acht Bereichen werden Fragen gestellt, wie z.B.: Kann soziales Design die lokale Produktion stimulieren, um eine stärkere Gemeinschaft aufzubauen? Kann Design durch Handwerk wieder eine Verbindung zu Rohstoffen herstellen? Wie können Design und neue Technologien unsere Beziehung zur Erhaltung des Handwerks verändern?
Letzteres knüpft auch an das so genannte Handwerksarchiv an, das durch eine detaillierte Dokumentation zahlreicher handwerklicher Prozesse nicht nur eine Diskussion über die zukünftige Rolle des traditionellen Handwerks ermöglicht, sondern auch die möglichen Folgen seines Aussterbens thematisieren will.
Ein altes Thema, über das wir mit unserem heutigen Verständnis aber dringend nachdenken sollten.
"Made In: Craft - Design Narratives" wurde am Samstag, den 16. Mai im Museum of Architecture and Design, Grad Fužine, Rusjanov trg 7, 1000 Ljubljana eröffnet und läuft bis Sonntag, den 20. September.