In jüngster Zeit, zumindest im europäischen Kontext, ist der Januar zu einem Monat des Verzichts und der generellen Enthaltung geworden. Kampagnen wie "Dry January" und "Veganuary" appellieren wegen der dekadenten Völlerei Ende Dezember an unser Schuldgefühl und fordern uns zu einer radikalen Änderung unseres Verhaltens, zu umfassender Reduktion auf.
Auch wenn weniger ohne Frage mehr ist und somit erstrebenswert, lässt sich ein grundlegender Wandel sehr viel nachhaltiger und sinnvoller durch Reflexion und Wissen, statt durch plötzliche, extreme Veränderungen realisieren. Ein Plus an Informationen führt zu weniger schädlichen Entscheidungen. Und genau dieses Plus an Informationen und Erkenntnis bietet eine Architektur- oder Designausstellung.
Wir können nicht garantieren, dass die folgenden fünf Ausstellungen notwendigerweise dazu führen, dass Sie Ihre Gewohnheiten hinsichtlich Alkohol oder Ernährung ändern. Sie sollten jedoch neue Blickwinkel auf die Welt ermöglichen und neue Perspektiven eröffnen, die wiederum Reflexionen über die eigene Person in dieser Welt anstoßen, und so potentiell zu einem gesünderen, glücklicheren Ich und einer gesünderen, glücklicheren Welt führen.
Das 1985 in Köln von Gerd Arens, Wolfgang Laubersheimer, Reinhard Müller, Ralph Sommer und Meyer Voggenreiter gegründete Kollektiv "Pentagon" war einer der Hauptprotagonisten des Neuen Deutschen Designs (NDD). Dabei handelte es sich um jenen (relativ) kurzlebigen, aber einflussreichen Moment, in dem eine neue Generation junger westdeutscher Künstler, Architekten und Designer die vorherrschende "Gute Form" der Nachkriegszeit herausforderte. Die "Gute Form" war Resultat eines Designverständnis', das eng mit der HfG Ulm und somit mit dem Bauhaus und dem Funktionalismus der Zwischenkriegszeit verbunden war. Das Kollektiv kultivierte und propagierte in Westdeutschland damit ein postmodernes Designverständnis, das zwar traditionalistische Gemüter beleidigt haben mag, ansonsten aber mit dem Gesellschafts- und Kulturverständnis der 1980er Jahre und ihrem Diskurs sehr gut in Einklang zu bringen war. Das Jahr 1989 verlieh der Bewegung ihre wohl schärfsten Konturen, danach war, wenn man so will, die Arbeit getan, und das NDD trat langsam von der Bühne ab.
Als erste monographische Museumsausstellung, die dem Kollektiv gewidmet ist, präsentiert die Ausstellung als zentrales Motiv "Café Casino". Dabei handelt es sich um eine Installation des Kollektivs, die 1987 im Rahmen der documenta 8 in Kassel entstand und die teilweise im Museum für Angewandte Kunst nachgebildet sein wird. So werden hoffentlich nicht nur die Arbeiten von "Pentagon", sondern auch die Ansätze und die Haltung der Gruppe veranschaulicht. Das Designverständnis der Gruppe wird zudem durch weitere Beispiele der 2D- und 3D-Entwürfe des Kollektivs und einen Kurzfilm erläutert, der nicht nur "Pentagon", sondern auch den weiteren Kontext des Designs der 1980er Jahren in Westdeutschland untersucht. Er verspricht so nicht nur eine Einführung zu "Pentagon", sondern ermöglicht es auch die Relevanz des Kollektivs damals und heute zu verstehen.
"Design Gruppe Pentagon" wird am Montag, den 13. Januar im Museum für Angewandte Kunst Köln, An der Rechtschule, 50667 Köln eröffnet und läuft bis Sonntag, den 26. April.
Mögen Architekten (vor allem untereinander) auch allzu oft als Halbgötter gelten, ohne Hoch- und Tiefbauingenieure sind ihre Entwürfe kaum umsetzbar. Doch nur sehr selten wird den Ingenieuren ein Platz im Rampenlicht eingeräumt. Eine dieser seltenen Gelegenheiten verspricht die Ausstellung "Miracles in Concrete. Structural Engineer August Komendant" zu werden.
August Komendant, 1906 im Dorf Mäo in Mittelestland geboren, studierte von 1929 bis 1934 Bauingenieurwesen in Dresden, bevor er nach Estland zurückkehrte und dort seine ersten Arbeiten aus jenem Material realisierte, das zu seinem Markenzeichen und seiner Leidenschaft werden sollte: Spannbeton. Nach seiner Auswanderung in die USA kam diese Leidenschaft zu voller Entfaltung: Und zwar bei Projekten in Zusammenarbeit mit Architekten wie Moshe Safdie, Eero Saarinen oder, vielleicht am bekanntesten, Louis I. Kahn. Komendant half bei der Realisierung von Werken wie, unter vielen anderen, den Richards Medical Research Laboratories in Philadelphia, dem Gebäude der Nationalversammlung in Dhaka oder dem Salk Institute for Biological Studies in San Diego.
Mit einer Präsentation von Modellen und Skizzen der Arbeiten von August Komendant und den diversen Architekten, mit denen er zusammenarbeitete, will die Ausstellung nicht nur eine prägnante Einführung zu einem der wichtigsten Bauingenieure des 20. Jahrhunderts ermöglichen, sondern auch deren grundsätzliche Bedeutung für jene Zeit herausstellen.
"Miracles in Concrete. Structural Engineer August Komendant" wird am Freitag, den 10. Januar, im Estnischen Architekturmuseum, Rotermanni Soolaladu, Ahtri 2, Tallinn 10151 eröffnet und läuft bis Sonntag, den 26. April.
Im Zusammenhang mit den Entwicklungen in den Bereichen Architektur und Design lässt sich die historische Bedeutung des Kulturdialogs zwischen Japan und Europa kaum leugnen: Das betrifft vor allem die Entwicklungen in Europa Mitte des 19. Jahrhunderts nach dem Ende der 220 Jahre andauernden, selbstauferlegten Sakoku-Isolation Japans und dem damit verbundenen Japonismus, der den späten Jugendstil und in vielerlei Hinsicht auch die internationale Moderne beeinflusste.
Und heute?
Mit der Ausstellung "Dialoge Japan : Europa" verspricht der AIT-ArchitekturSalon München eine Präsentation von Reflexionen und Positionen zu japanischer Architektur und Baukultur, wie sie 11 europäische Architekturbüros zum Ausdruck gebracht haben. So soll nicht nur der zeitgenössische Einfluss Japans auf die europäische Architektur erforscht, sondern auch hinterfragt werden, wie zeitgemäß dieser Einfluss ist und ob er nach wie vor im historischen, eher romantischen Verständnis japanischer Architektur und Baukultur verwurzelt ist.
"Dialoge Japan : Europa" wird am Donnerstag, den 23. Januar im AIT-ArchitekturSalon, Hotterstraße 12, 80331 München eröffnet und läuft bis Sonntag, den 22. März.
Ein leicht zu übersehender Aspekt, wenn es darum geht unsere urbanen Räume nachhaltiger, reaktionsfähiger und verantwortungsbewusster zu gestalten, ist, dass sie schlicht und ergreifend selten so geplant wurden. Das heißt, dass sie ausnahmslos aus viel weniger altruistischen, viel materialistischeren Motiven entstanden sind, und dass es daher schwierig ist sie zu transformieren - wenn nicht sogar unmöglich. Nicht zuletzt, weil es darum geht, jenes kollektive menschliche Ego, das diese Räume hervorgebracht hat, zu transformieren.
Wenn wir verstehen und erkennen, dass sich die Richtung, in die sich unsere Gesellschaft bewegt, zwangsläufig ändern muss, ebenso wie das kollektive menschliche Ego, ist es uns möglich ein neues Verständnis von urbanen Räumen zu entwickeln. Von urbanen Räumen, die das Potenzial haben, nachhaltig, reaktionsfähig und verantwortungsvoll zu sein.
Die knifflige Frage ist, was daraus resultiert und wie man es umsetzt.
Ein Projekt, das solchen Fragen nachgeht, ist der so genannte Sege Park in Malmö. Dabei handelt es sich um die Umwandlung eines ehemaligen Krankenhausgeländes im Nordosten der Stadt in ein neues Viertel mit rund 1000 Wohnungen und den dazugehörigen Dienstleistungen und Einrichtungen. Ein Leitgedanke des Projekts ist dabei die Nachhaltigkeit: Das betrifft die Entwicklung von Kreislauf- und Gemeinschaftsnutzungen zur Reduzierung von Abfällen, genauso wie die Schaffung sozialer Strukturen zur Unterstützung der Gemeinschaft sowie die Entwicklung von Beteiligungsprogrammen und verantwortungsbewussten Mobilitätslösungen. All das sind Themen, die in "Shareful in Sege Park" vorgestellt und diskutiert werden und die nicht nur den Sege Park, sondern auch die zeitgenössische Stadtplanung in ihren globalen Zusammenhängen kritisch reflektieren sollen.
"Shareful in Sege Park" wird am Samstag, den 18. Januar im Form/Design Center, Lilla Torg 9, 203 14 Malmö eröffnet und läuft bis Sonntag, den 23. Februar.
So sehr die Stadtplanung überdacht werden muss, wenn wir eine Gesellschaft aufbauen wollen, in der wir auch leben möchten, so sehr müssen wir auch die Landwirtschaft überdenken und das nicht nur in Bezug auf Tiere, Pflanzen, Boden und Wasser usw., sondern auch in Bezug auf Infrastruktur und Systeme.
Im Jahr 2016 initiierte das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) einen Wettbewerb für Architekturstudierende in Stuttgart, Braunschweig, München und Darmstadt und suchte damit neue Ideen für die Haltung von Kühen, Hühnern und Schweinen. Wie der Ausstellungstitel schon sagt, konzentriert sich das Aedes Architekturforum Berlin auf jene Vorschläge der Studierenden, die sich auf die Haltung von Schweinen beziehen, insbesondere auf Entwürfe für einen Bauernhof mit 500 Schweinen, einschließlich Überlegungen zur Schlachtung und zum anschließenden Verkauf.
Das sind sehr spezifische, aber auch sehr grundlegende Überlegungen zu zeitgenössischer Tierhaltung und Lebensmittelproduktion/-verteilung und zur Entwicklung, die diese nehmen sollten, könnten, müssten? Nicht nur Architekten und Designer, sondern wir alle spielen eine Rolle und tragen Verantwortung, wenn es darum geht diese Entwicklungen für die Zukunft zu definieren und zu lenken. Wir müssen lernen, dass unser Platz in der gegenwärtigen Lebensmittelkette nicht nur der des Endverbrauchers ist, sondern dass wir mit der kompletten Lebensmittelkette verflochten sind.
"Architektur für Schweine - Stall.Schlachthaus.Fleischerei" wird am Samstag, den 18. Januar im Aedes Architekturforum, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin eröffnet und läuft bis Donnerstag, den 5. März.
"Schweinevilla" von Katharina Münch (TU Darmstadt), ein Teil von "Architektur für Schweine - Stall.Schlachthaus.Fleischerei", Aedes Architekturforum Berlin