Nachdem das Bröhan Museum das Jubiläumsjahr des Bauhaus' mit "Von Arts and Crafts zum Bauhaus. Kunst und Design - eine neue Einheit" begonnen hat, beendet das Berliner Museum das Jahr mit der Ausstellung "Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus".
Ein Jahrhundert Bauhaus Weimar klingt aus und der Bauhauswahnsinn von 2019 verblasst - zumindest bis 2026, sollte Dessau beschließen, dass auch das Gropius-Gebäude eine fulminante Hundertjahrfeier braucht. Es ist jedenfalls logisch und richtig, dass man sich jetzt fragt, wohin uns das Bauhaus und der Funktionalismus eigentlich geführt haben.
Einer Antwort auf diese Frage kann man sich auf unterschiedlichsten Wegen nähern. Das Bröhan Museum Berlin widmet sich dem Diskurs, der sich zwischen dem Bauhaus und den Architekten und Designern Nordeuropas entstand, und konzentriert sich dabei auf Möbeldesign.
Einem mehr oder weniger chronologischen Ablauf folgend beginnt "Nordic Design" seine Untersuchung mit den Jahren der Zwischenkriegszeit in Schweden, Dänemark und Finnland. Im letzten Fall präsentiert die Ausstellung eine Rekonstruktion eines Raumes aus Alvar Aaltos Paimio Tuberkulose-Sanatorium. Dabei handelt es sich um ein 1933 fertiggestelltes Gebäude, das nicht nur als eines der frühesten groß angelegten öffentlichen Werke der Moderne in Nordeuropa gilt, sondern auch als das erste Gebäude von Alvar Aalto in seiner Eigenschaft als Funktionalist. Das Sanatorium markiert so den auf diesen Seiten schon oft erwähnten Übergang Alvar Aaltos zum Funktionalismus, der wiederum eng mit der Weissenhofsiedlung in Stuttgart 1927 und der Teilnahme Aaltos am CIAM-Kongress 1929 in Frankfurt zusammenhängt.
Der Funktionalist Aalto versuchte zunehmend den Funktionalismus des Bauhaus' oder des Neuen Frankfurts zu vermenschlichen, ihn den emotionalen und sinnlichen Anforderungen der menschlichen Spezies und nicht nur den rein physischen Anforderungen anzupassen. Und auch wenn der Paimio-Raum, wie er bei "Nordic Design" präsentiert wird, hinsichtlich der Möbel vor allem auf Stahlrohr statt auf das geformte Birkensperrholz setzt, mit dem Aalto neue Wege beschreiten sollte, unterstreicht er doch auch sehr deutlich, wie Aalto nicht nur die Gestaltung der einzelnen Räume, sondern des gesamten Sanatoriumkomplexes aus der Perspektive des Patienten entwickelte. Wie er die spezifischen Bedürfnisse eines Tuberkulosepatienten im Blick hatte und versuchte eine Umgebung zu schaffen, die "als medizinisches Instrument funktionieren soll"1. Der Patient sollte aktiv unterstützt werden und zwar als Mensch und nicht als bloßer Bestandteil eines Systems.
So relevant wie die Entwicklungen in Deutschland für Aalto und sein Paimio Sanatorium waren, so wichtig war auch, was in Schweden passierte: Vor allem die Stockholmer Ausstellung von 1930. Dabei handelte es sich um eine der größten und wichtigsten funktionalistischen Ausstellungen der Moderne in Skandinavien mit relevanten Beiträgen von Architekten wie Gunnar Asplund, Sven Markelius oder Uno Åhrén, mit denen Aalto in Kontakt war. Die damalige Ausstellung steht im Zentrum der Entwicklungen in Schweden. Organisiert wurde die Stockholmer Ausstellung von Svenska Slöjdföreningen, dem Schwedischen Handwerksverband. Die Organisation wurde 1845 gegründet und war wiederum für die Gründung der Konstfack Stockholm verantwortlich, die nach wie vor Schwedens größte Kunst- und Designhochschule ist. Darüber hinaus handelt es sich um eine Organisation, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zunehmend vom Deutschen Werkbund und seiner Vision einer Verbindung von Kunst, Handwerk und Industrie beeinflusst wurde. Die Stockholmer Ausstellung entstand zudem im Kontext von "Folkhemmet", zu deutsch "Volksheim". Dabei handelt es sich um ein Konzept, das Schweden als ein großes Haus zusammenfasst und dem eine besondere Auffassung von öffentlicher Verwaltung und Regierung und dem Vertrag zwischen Staat und Individuum zugrunde liegt. Dieses Konzept rechtfertigte das schwedischen Sozial- und Wohlfahrtssystem bis in die 1980er Jahre und hatte einen nicht unerheblichen Einfluss auf schwedisches Design.
Der Funktionalismus, wie er von einem Gunnar Asplund, einem Sven Markelius oder einem Uno Åhrén praktiziert wurde, war jedoch nur ein Ausdruck von vielen in der schwedischen Architektur und im schwedischen Design der Zwischenkriegszeit. Einen ganz anderen Ansatz vertrat Carl Malmsten. Ein Mann, der, wie wir bei unserem Besuch in Capellagården auf unserer #campustour festgestellt haben, eine Position vertrat, die vielmehr auf dem Prinzip des Handwerks basierte, sich für eine Fortsetzung der Tradition aussprach und bei "Nordic Design" leider nicht vertreten ist. Dabei wäre es so wichtig auch die Argumente gegen etwas nachzuvollziehen, um die Argumente für etwas zu verstehen. Die eher emotionale, traditionelle, handwerkliche Perspektive, die Malmsten vertrat, kann jedoch in einem funktionalistischen Kontext durch Werke von Architekten und Designern wie Bruno & Karl Mathsson, Axel Larsson oder durch Arbeiten des österreichischen Emigranten Josef Frank nachvollzogen werden.
Und in Dänemark?
Ein Mann, der das dänische Designverständnis in den 1920er und 30er Jahren mehr als alle anderen geprägt hat, ist Kaare Klint. Und das nicht nur durch seine eigene Arbeit oder die Gründung der Möbel- und Innenarchitekturschule der Königlich Dänischen Kunstakademie sowie seine Lehrtätigkeit an dieser Schule, sondern auch durch seine Vorliebe und sein Beharren auf Holz beim Möbeldesign, vor allem auf tropischen Harthölzern. Und obwohl man Klint einen Traditionalisten nennen kann, interessierte sich der Architekt und Designer auch für Möbel als funktionale Objekte. "Nordic Design" zeigt in diesem Zusammenhang Skizzen von Klint zu den Proportionen u.a. des sitzenden menschlichen Körpers. Diese Kombination aus traditionellen, konservativen Werten und der Erkenntnis, dass Möbel auf ihre Benutzer reagieren müssen, übertrug sich auf Klints Schüler wie Hans J. Wegner oder Børge Mogensen, zwei unbestrittene Pioniere des dänischen Möbeldesigns des 20. Jahrhunderts und zwei Designer, die in dem Bereich, den die Kuratoren als skulpturales Design bezeichnen, vorgestellt werden. Diese Gestaltungsauffassung wird zudem durch die Ausstellung der Kopenhagener Tischlergilde von 1949 und neben Arbeiten von Wegner und Mogensen durch Arbeiten von Finn Juhl veranschaulicht und markiert damit den Beginn der Auseinandersetzung mit den Reaktionen auf das Bauhaus in Dänemark während der Nachkriegszeit.
Diese Reaktionen kommen auch durch Werke von Poul Kjærholm oder Arne Jacobsen zum Ausdruck. Letzterer nahm auf sehr freie Art und Weise die Impulse der Zwischenkriegszeit auf und ist bei "Nordic Design" mit seinen beiden Stühle der Serie 7 für Fritz Hansen, aber auch durch Objekte der späten 1950er Jahre aus seinem SAS Royal Hotel vertreten. Dabei handelt es sich um ein Werk, das ähnlich wie Aaltos Sanatorium Paimio die europäische, internationale Moderne in die Wälder Finnlands brachte, und den (von Mies van der Rohe inspirierten) amerikanischen internationalen Stil der Nachkriegszeit in die Innenstadt von Kopenhagen. Beides beeinflusste Architektur und Design in den Ländern Nordeuropas und weit darüber hinaus.
Nachdem die nationalen Entwicklungen vorgestellt wurden, beschwört "Nordic Design" den Geist John Lockes herauf, um drei Grundsatzthemen zu diskutieren, technisch gesehen vier, aber dazu kommen wir noch. Für uns handelt es sich um drei Grundsatzthemen der komplexen Angelegenheit "Design aus Skandinavien": Kindheit, Inklusion und Ergonomie, wobei letztere im Wesentlichen eine Einführung in die Arbeit des norwegischen Designers Peter Opsvik ist. Zwischenkriegsdesign in Norwegen? Und was ist mit Island? Vielleicht hat man sich das für eine weitere Ausstellung aufgehoben. Wir sollten wohl etwas geduldiger sein.
Während der "Norden" des Bröhan Museums also ohne Island auskommt, gesellt sich Norwegen zu den Staaten Nordeuropas und der Geschichte des Nordischen Designs. Wie die Ausstellung deutlich macht, waren Peter Opsviks Sitzmöbeldesigns beeinflusst von seinem einjährigen Aufenthalt an der HfG Ulm, die als inoffizieller Nachfolger des Bauhaus' gilt. Die HfG Ulm steht in vielerlei Hinsicht auch für eine Weiterführung des Konzeptes der Optimierung durch Beobachtung, das für die vom Taylorismus so faszinierten Funktionalisten der Zwischenkriegszeit so relevant war und auch der wissenschaftlichen Überlegungen zum menschlichen Körper, wie sie unter anderem von Kaare Klint oder Le Corbusier vorangetrieben wurden. In Berlin werden solche Überlegungen durch eher abstrakte Objekte wie den Globus Gartenstuhl, aber auch durch praktischere Entwürfe wie den Bürostuhl Capisco 8106 aus dem Jahr 1984 für HÅG repräsentiert. Den Capisco Bürostuhl versteht man vielleicht am besten, wenn man sich die Fotos der Reihe "Searching for comfort in an uncomfortable chair" von Bruno Munaris aus dem Jahr 1944 anschaut, oder auch den Opsvik Stuhl Minimax für Stokke: Ein Stuhl, der durch ein einfaches System leicht höhenverstellbar und dadurch für Erwachsene und Kinder gleichermaßen geeignet ist.
Ähnlich funktioniert auch Opsviks berühmter Tripp Trapp Stuhl für Stokke aus dem Jahr 1972, der leicht höhenverstellbar und somit sowohl für Kleinkinder als auch ältere Kinder geeignet ist und damit für den Übergang vom Kinder- zum Erwachsenenalter steht. Die perfekte Überleitung zum Themenschwerpunkt Kindheit.
Kindheit ist ein Grundthema des skandinavischen Designs, das sich, wie "Nordic Design" argumentiert, bis zu Ellen Kays Buch "The Century of the Child" aus dem Jahr 1900 zurückverfolgen lässt, und das die Bedürfnisse und Anforderungen von Kindern als genauso wichtig und relevant wie die von Erwachsenen einstuft. Ein Thema, das auch Thonet in einigen Möbelentwürfen des späten 19. Jahrhunderts aufgriff, und das in verschiedenen Zusammenhängen während der Moderne der Zwischenkriegszeit und nach dem Krieg auftaucht. In den USA widmeten sich Charles & Ray Eames diesem Thema. Sie richteten sich mit ihren Entwürfen auch gegen das damals vorherrschende Bild der "einheitlichen" Familie und der "richtigen" Erziehung von Kindern. Bei "Nordic Design" wird dieses Grundthema durch verschiedene Spielzeuge und Möbel veranschaulicht. Zu sehen gibt es beispielsweise LEGO aber auch Möbel von Arne Jacobsen (seine Schulbank für sein Munkegaard-Schulprojekt von 1955), Peter Hiort-Lorenzen, Nanna Ditzel, Kay Bojesen (sein Affe ist natürlich auch vertreten) und Verner Pantons Vipp Schaukelstuhl von 1992. Ein großartiges Objekt, das an Thonet im 19. Jahrhundert erinnert, sich dabei aber dem geometrischen Verständnis des Bauhaus' Weimar verschrieben zu haben scheint. Der Vipp Stuhl liefert damit nicht nur einen faszinierenden Ausdruck der Designgeschichte, sondern ist auch ein Werk, das weit entfernt ist von späteren Entwürfen Pantons, die im weiteren Verlauf auch bei "Nordic Design" zu sehen sind.
Die Gleichberechtigung von Kindern und Erwachsenen im Design, die Menschlichkeit eines Alvar Aalto, das schwedische Folkhemmet oder auch die FDB, die dänischen Konsumgenossenschaften, werden im Abschnitt Demokratisches Design reflektiert und miteinander verbunden. Dieser wird von Ellen Kay eröffnet. Ellen Kay war eine Schlüsselfigur bei der Entwicklung einer Designphilosophie, und zwar nicht nur in ihrer Heimat Schweden, sondern in ganz Europa. Dies lag auch an ihren engen Verbindungen, die sie im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu Deutschland und deutschen Gestaltern hatte. Wir würden allerdings behaupten, dass ihr Einfluss heute unterbewertet wird, was daran liegt, dass die meisten ihrer Texte nur auf Schwedisch verfügbar sind.
Der Fokus des Abschnittes Demokratisches Design liegt jedoch bei einem anderen einflussreichen Schweden: Bei Ingvar Kamprad und seinem kleinen, unscheinbaren Möbelhaus IKEA. Ein Unternehmen, dessen ursprüngliches Konzept in vielerlei Hinsicht von Impulsen der Moderne ausging und diese weiterführte. Für Nichtschweden mag es nahezu unmöglich sein zu verstehen, wie wichtig IKEA für die Entwicklung und Förderung der schwedischen Designphilosophie war und ist. IKEA hat in Schweden vor allem deshalb eine so grundlegende Bedeutung, weil das Unternehmen als Institution eng mit den Ideen des Folkhemmet verbunden ist oder zumindest so aufgefasst werden kann, wie in vielerlei Hinsicht auch Pippi Langstrumpf.
Und das vierte Grundsatzthema von "Nordic Design"?
Wenn wir John Lockes Argumenten zur Problematik komplexer Begriffe folgen, würden wir behaupten, dass es sich nicht um ein grundlegendes Thema skandinavischen Designs handelt.
"Hygge".
Worte reichen kaum aus um zu beschreiben, wie sehr wir den Begriff "Hygge" verabscheuen, oder besser gesagt, den zeitgenössischen Gebrauch und das populäre Verständnis des Begriffs. Hier ist allerdings weder Zeit noch Raum für diese Diskussion. Für den Moment wollen wir festhalten, dass "Hygge" für uns ein Begriff ist, der Wortschöpfungen wie "Street Food" gleicht. In vielerlei Hinsicht entlarvt der Rest von "Nordic Design" sehr gut die Unehrlichkeit und die Doppelzüngigkeit, die sich hinter dem Werbeslogan "Hygge" verbirgt.
Der letzte Abschnitt von "Nordic Design" führt den Besucher ins mythische skandinavische Königreich Utopia, nicht das Utopia der Mumins oder das der bereits erwähnten Pippi Langstrumpf, sondern in das des finnischen Textilherstellers Marimekko, des finnischen Designers Eero Aarnio oder des Dänen Verner Panton. Die Präsentation umfasst Arbeiten wie Aarnios Pastile and Pony, Pantons Sitting Wheel oder seine SP3 Leuchte und macht so sehr anschaulich, wie sich technische, soziale, kulturelle und ökonomische Veränderungen auf Vorstellungen von Form und Funktionalität auswirkten, die in der Zwischenkriegszeit so endgültig festgeschrieben schienen.
Da liegt die Frage nahe, was nach Utopia kommt? Der Brexit?
Nein, die Postmoderne und wie in unserem Post zur Ausstellung 1980er Jahre - Eine neue Ära des Möbeldesigns im Museum of Furniture Studies Stockholm diskutiert wurde, ist die skandinavische Postmoderne als Antwort auf den Modernismus des Bauhaus' genauso interessant und wichtig wie die Postmoderne anderswo. Als Antwort auf den Modernismus eines Asplund, Jacobsen, Malmsten oder Aalto ist sie zudem unverzichtbar um zeitgenössisches Design aus Skandinavien und seinen Einfluss zu verstehen.
Also ja, wir würden argumentieren, dass, wenn die Ausstellung bei der Moderne beginnt, sie auch bei der Postmoderne enden sollte. Eine Weiterführung der Ausstellung zur Postmoderne würde allerdings Platz brauchen, den das Bröhan Museum einfach nicht hat. Natürlich könnte und sollte man den Abschnitt Hygge herausnehmen. Der nimmt allerdings nur einen kleinen Raum in Anpruch und dieser würde sicherlich nicht ausreichen um die skandinavische Postmoderne zu erkunden. Vielleicht ist ja aber tatsächlich auch eine weitere Ausstellung in Planung und wir müssen nur etwas mehr Geduld haben.
Dass sich die Ausstellung bestimmten Aspekten nicht widmet, stört allerdings in keiner Weise ihren Fluss und die Auseinandersetzung mit dem Thema, weit gefehlt: Die sehr befriedigende, informative und ansprechende Präsentation hätte allerdings noch erweitert und vertieft werden können.
Neben den oben zitierten Werken und Gestaltern umfasst diese Präsentation auch Werke von u.a. Tapio Wirkkala, Mogens Koch, Ilmari Tapiovaara oder Poul Henningsen. Letzterer wird durch seine beiden PH Leuchten von Louis Poulsen vertreten. Dabei handelt es sich um Designs, die ohne Frage am Bauhaus Dessau hätten entstehen können. Hinzu kommt die monströse Spirale für Louis Poulsen aus dem Jahr 1942. Die Leuchte wirkt in der Ausstellung wie ein futuristischer Tannenzapfen aus Stahl. Ein wunderbar reduziertes und unscheinbares Objekt, das mehr Prunk und Dekadenz verströmt als so mancher Kristalllüster. Gerade der Umgang mit historischen Einflüssen in den Entwürfen der PH Leuchten erinnert uns auch an Poul Henningsen als Theoretiker und daran, dass genau wie die Werke von Ellen Kay nur auf Schwedisch erhältlich sind, die meisten seiner Texte nur in dänischer Sprache existieren. Hier zeigt sich einmal mehr, welche Barrieren sich für die große Mehrheit von uns auftun, wenn wir der Entwicklung des skandinavischen Designs wirklich auf den Grund gehen wollen.
Genauso monströs wie Henningsens Spiral Leuchte ist ein an der Wand anzubringender, zusammenklappbarer Kleiderständer aus den 1960er Jahren von Poul Østergaard und Adam Hoff für Virum Mobelsnedkeri. Da das Objekt aus Holz gefertigt ist, fällt es weniger futuristisch aus und erinnert mehr an den Funktionalismus eines Klint oder Wegner, nur mit etwas mehr Humor. Wir würden behaupten, dass es am Ende irrelevant ist, ob sich ein solches Objekt flach an der Wand zusammenfalten lässt oder nicht. Einmal in Betrieb, bleiben solche Funktionen meist ungenutzt. Als zusammenklappbare Kleideraufhängung hat das Objekt allerdings einen sehr zufriedenstellenden, angenehm proportionierten und absolut einmaligen Charakter.
Trotz der sehr übersichtlichen, logischen und klar strukturierten Präsentation mit deutschen und englischen Texten, die mühelos durch die Ausstellung führen, muss "Nordic Design" mit den Eigenheiten der Architektur des Bröhan Museums umgehen. Es müssen gezwungenermaßen Objekte auf tiefen Sockeln präsentiert werden. Das erschwert natürlich eine genaue Untersuchung jener Objekte, die hinten auf den Sockeln platziert sind. Trotz dieser Einschränkung handelt es sich aber um eine angenehme, informative und zugängliche Ausstellung.
Erfreulich ist auch, dass die Ausstellung jeder Versuchung ausweicht dem "Instaporn" zu verfallen, was angesichts der ausgestellten Objekte und ihrer Epoche leicht hätte passieren können. Dank der nüchternen Präsentation der Werke im jeweiligen Kontext ihrer Entstehungsgeschichte und als Momentaufnahmen in der Geschichte von Architektur und Design, ermöglicht "Nordic Design" dem Besucher ein besseres Verständnis der Entwicklung des Designs in Skandinavien.
Genau gesagt ermöglicht die Ausstellung ein besseres Verständnis für einen Teil der Designentwicklung in Skandinavien, denn Design in Skandinavien wurde nicht nur durchs Bauhaus, sondern wie überall auch durch Impulse aus Amerika, Italien, Großbritannien und die lokalen wirtschaftlichen, sozialen, technologischen und politischen Umstände beeinflusst. Durch die Konzentration auf den Dialog zwischen dem Bauhaus und Designern und Architekten, die in Skandinavien auf die Impulse aus Deutschland reagierten, ermöglicht "Nordic Design" aber nicht nur eine alternative Perspektive auf die Arbeiten der Bauhäusler, sondern auch eine leicht zugängliche und kohärente Vertiefung unseres Verständnisses für die Entwicklung des Designs in Skandinavien. Ein Verständnis, das statt auf Farben, Materialien und Handwerk vor allem auf den Kontext der Objekte eingeht.
1Zitiert in Göran Schildt, Alvar Aalto. The complete catalogue of architecture, design and art, Academy Editions, 1994
"Nordic Design. Die Antwort aufs Bauhaus" läuft noch bis Sonntag, den 1. März im Bröhan Museum, Schlossstraße 1a, 14059 Berlin. Alle Details und Informationen zum Rahmenprogramm finden Sie unter www.broehan-museum.de.