August der Erste, mag auch August der Starke gewesen sein, August 2019 kommt jedenfalls genauso selbstbewusst daher, was nicht zuletzt mit den folgenden fünf neuen Architektur- und Designausstellungen in Osnabrück, Zürich, Dresden, Malmö und Glashütte Baruth zusammenhängt.
Auch wenn das Bauhaus, zumindest in seiner Dessauer Zeit, eine enge Partnerschaft zwischen Bildung und Industrie anstrebte, scheint es nicht allzu viel sinnvolle und/oder profitable Partnerschaften gegeben zu haben. Zu den wenigen und profitabelsten gehörten die Tapetenkollektionen, die mit und für die in Bramsche ansässige Hannoversche Tapetenfabrik Gebr. Rasch & Co realisiert wurden. Wenn auch eine Kooperation, die das Motto "Volksbedarf statt Luxusbedarf" von Hannes Meyer, dem 2. Bauhausdirektor, ernsthaft auf die Probe gestellt hat - gehören designte Tapeten doch eher zu Letzterem.
"Bauhaustapete - neu aufgerollt" verspricht eine Erforschung der Geschichte der Bauhaus-Tapetenkollektion im Kontext verschiedener an Design, Produktion, Marketing und Vertrieb beteiligter Akteure, und stellt die breitere Relevanz der Bauhaus-Tapeten für die Schule und die Zwischenkriegsgesellschaft heraus. Ziel der Ausstellung ist es, die Bauhaus-Tapeten nicht nur zu erklären und einzuführen, sondern ein Verständnis für sie zu entwickeln und so Rückschlüsse auf die aktuelle Relevanz des Bauhaus' ziehen zu können. Und das geschieht erfreulicherweise in der Region, in der die Tapete zu Hause war, was wiederum die Möglichkeit einer breiteren, differenzierteren Reflexion über Einfluss und Rezeption des Bauhaus' während seiner kurzen Existenz möglich macht.
Wenn uns etwas Kopfschmerzen bereitet, dann die versprochene Aufnahme der Rasch-Kollektion "Bauhaus" 2019 in die Ausstellung, und die damit verbundene Bedeutung, die den zeitgenössischen Produktlinien zukommt: Und tatsächlich klingt "Neu aufgerollt", viel mehr nach einer Produkteinführung als nach einer Ausstellung. Sicherlich kann man Geschichte und Kontext eines so interessanten Produkts wie der Bauhaustapete diskutieren, ohne zeitgenössische Reeditionen in den Mittelpunkt zu stellen. Der gegenwärtige Einfluss von Produkten der Zwischenkriegszeit ist eine Sache, und die sollte unbedingt diskutiert werden; neue Produkte von Rasch sind aber eine andere. Wir vertrauen allerdings darauf, dass die Kuratoren die notwendige professionelle Distanz haben, um zu verhindern, dass aus der Ausstellung ein billiges Verkaufsgespräch wird, und auch darauf, dass die Besucher selbst verstehen, was Bauhaus-Tapete ist und was nicht.
"Bauhaustapete – neu aufgerollt" wird im Kulturgeschichtlichen Museum, Museumsquartier Osnabrück, Lotter Straße 2, 49078 Osnabrück am Samstag, den 17.August eröffnet und läuft bis Sonntag, den 8.Dezember.
Die Eröffnung der Strecke "Straßburg - Basel" im Juni 1844 brachte das Zeitalter der Eisenbahn in die Schweiz. Seitdem hat sich das Schweizer Schienennetz nicht nur zu einem der ausgedehntesten, technisch anspruchsvollsten, landschaftlich reizvollsten und am aufwendigsten montierten der Welt entwickelt. "SBB CFF FFS" sind nicht nur auf Deutsch, Französisch und Italienisch basierende Initialen für die "Schweizerische Staatsbahn" - sondern stehen für die mit ihnen untrennbar verbundene Institution, die fast schon zu einem Synonym für die Schweiz geworden ist.
Mit der Ausstellung "SBB CFF FFS" verspricht das Museum für Gestaltung Zürich die erste vertiefte Auseinandersetzung mit der Architektur, dem Industrie- und Kommunikationsdesign der SBB (CFF FFS). Da die SBB zudem wichtiger Bestandteil der Entwicklung von Architektur und Design in der Schweiz ist und so einen Platz in der zeitgenössischen Schweizer Kultur und Gesellschaft einnimmt, erweitert die Ausstellung auch das Bild des Landes.
Darüberhinaus wird die Ausstellung versuchen, einen Blick in die Zukunft der "SBB CFF FFS" zu werfen
"SBB CFF FFS" wird am Samstag, den 3. August im Museum für Gestaltung, Ausstellungsstrasse 60, 8005 Zürich eröffnet und läuft bis Sonntag, den 5. Januar.
Bei der Glasbläserei geht es um sehr viel mehr als die Schaffung von dekorativen oder künstlerischen Objekten - zumindest war das mal der Fall: Glasbläserei - Glasformung, spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der damals noch jungen Industriegesellschaft. Mit einer neuen Ausstellung erkundet das Museum Baruther Glashütte das Werk eines der berühmtesten und wichtigsten Protagonisten der Glasshütte und der industriellen und wissenschaftlichen Glasbläserei des frühen 20. Jahrhunderts.
Reinhold Burger wurde am 12. Januar 1866 in Baruth geboren und absolvierte eine Ausbildung zum Glastechniker in Berlin, bevor er 1890 nach Amerika reiste. Zurück im Jahr 1894 gründete er sein eigenes Unternehmen in Berlin. Von dort aus entwickelte er nicht nur neben Wilhelm Conrad Röntgen die ersten Röntgenröhren nach einem noch heute im Wesentlichen aktuellen Prinzip, sondern übertrug im Jahr 1903 auch das Labor-Vakuumflaschenkonzept von Sir James Dewar auf die heimische Thermoskanne. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die Arbeiter des frühen 20. und auch 21. Jahrhunderts heiße Suppe und Kaffee hatten/haben, um sich durch den Tag zu bringen. Mit dem warm halten von Suppe und Kaffee war es allerdings noch nicht getan. In Zusammenarbeit mit Carl von Linde entwickelte Burger auch Flaschen für den Transport und die Lagerung von fließend gekühlten Gasen und trug so aktiv zur Verbreitung der industriellen Kühlung und zur schnellen Verfügbarkeit und Versorgung mit Industrie- und Medizinalgasen bei.
Ausgehend von einem Alphabet von 26 Themen verspricht "Pioniere des Fortschritts" nicht nur Leben und Werk von Reinhold Burger, sondern auch sein Vermächtnis und das seiner Zeitgenossen zu erforschen. Das hört sich nach einer umfassenden Einführung zu einem sehr interessanten Mitwirkenden des frühen 20. Jahrhunderts, und zur (im Volksmund unterbewertete) Rolle und Bedeutung des Glasbläserhandwerks im Kontext der Industrialisierung und der Entwicklungen von Wissenschaft und Gesundheitsverordnung an.
"Reinhold Burger und seine Glasbläserkollegen. Pioniere des Fortschritts" wird im Museum Baruther Glashütte, Hüttenweg 20, 15837 Baruth am Sonntag, den 11. August eröffnet und läuft bis Montag, den 11. November.
Im Jahr des fünfzigsten Jubiläums der ersten Mondlandung wenden sich die Gedanken, wie könnte es anders sein, einem der Träume zu, die zu ihr beigetragen haben: der Kolonisierung des Weltraums. In Anbetracht des aktuellen Zustandes unserer Erde erscheint dieses Thema um so nahe liegender.
Aber ist der aktuelle Zustand unserer Erde nicht auch eine Warnung? Sollten wir als Spezies nicht vorher in der Lage sein ein wenig mehr Verantwortung und Respekt für den Planeten auf dem wir leben zu übernehmen?
Im Grunde handelt es sich um die Vorschau einer Ausstellung, die im Februar 2020 in Stockholm stattfinden wird. "Age of....?" wird Arbeiten von 8 internationalen Designstudios präsentieren, die über das zukünftige Leben auf dem Mars nachdenken und analog über das zukünftige Leben auf der Erde reflektieren. Unsere treusten Leser werden sich an die wohlüberlegte Auffassung von Professor Georg Vrachliotis erinnern, dass "Fritz Haller in den Weltraum ging, um besser über die Erde denken zu können". "Age of....?" schickt gewissermaßen Designer auf den Mars, damit sie besser über die Erde nachdenken können.
"Age of...?" wird nicht nur Hinweise geben, was die 8 Studios im Februar präsentieren werden, sondern auch eine prägnante Untersuchung des Designprozesses vor allem im Kontext konzeptuell arbeitender Studios möglich machen und den Besuchern so ein besseres Verständnis des zeitgenössischen Designs und seiner Beziehungen zu Wissenschaft, Technik, Kunst und Architektur vermitteln.
"Age of...? - a process exhibition" wird im Form/Design Center, Lilla Torg 9, 203 14 Malmö am Dienstag, den 27.August eröffnet und läuft bis Sonntag, den 6.Oktober.
"The Body Garden" von Fred Erik + Pleun van Dijk, Teil von "Age of…? – a process exhibition" im Form/Design Centre, Malmö (Foto mit freundlicher Genehmigung des Form/Design Centre, Malmö)
Wie wir auf diesen Seiten bereits festgehalten haben entwickelte Rolf Horn mit seinem 1967er Montagemöbel Deutsche Werkstätten, MDW - einem modularen Aufbewahrungssystem für die VEB Deutsche Werkstätten Hellerau, nicht nur eines der meistverkauften Möbelobjekte in Ostdeutschland - und ein System das die DDR überlebte -, sondern vor allem auch ein Möbelsystem, das eine zentrale Facette von Horns Verständnis von Design unterstreicht: Flexibilität, Variabilität und Anpassbarkeit. Schwerpunkte, die er mit seinem Konzept Variables Wohnen aus den 1970er Jahren auf die Architektur übertragen hat, und die für ihn die Grundlage für die Auffassung bilden, dass "der Verbraucher entscheiden können muss". "Niemand sollte ihnen sagen, was sie brauchen und was sie kaufen sollen!" Das hört sich im Kontext der DDR und ihrer Regierung nach einer echten Herausforderung für eine autokratische Diktatur an. In Form eines modularen Flachpack-Regal- und Lagersystems.
Mit der Ausstellung "Wohnen als offenes System" zielt das Kunstgewerbemuseum Dresden nicht nur darauf ab, Rudolf Horns Auffassung eines nutzerzentrierten Designansatzes und damit die Aktualität und Bedeutung solcher Positionen zu erforschen, sondern auch einen Raum für Reflexionen über das MDW-Programm als offenes und vielseitiges Möbelsystem in einem geschlossenen und unnachgiebigen politischen System zu öffnen.
"Rudolf Horn - Wohnen als offenes System" eröffnet am Samstag, den 24. August im Kunstgewerbemuseum, Schloss Pillnitz, August-Böckstiegel-Straße 2, 01326 Dresden und läuft bis Sonntag, den 11. November.