Wer an die Schweiz denkt, der denkt an Schweizer Uhrwerk, Schweizer Eisenbahnen, Schweizer Schokolade, Schweizer Präzision. Umso erstaunlicher ist es, dass Dada seinen europäischen Ursprung in der Schweiz hat - und dann auch noch ausgerechnet im legendären Cabaret Voltaire in Zürich. Es blieb aber die Frage, ob sich die Absolventen der Zürcher Hochschule der Künste 2018 immer noch als anarchistisch, konfrontativ, temperamentvoll und revolutionär in ihrer Kreativität erweisen würden?
Wie in unserem Post zur Wiedereröffnung des Museums für Gestaltung Zürich herausgearbeitet, sind die Geschichten des Museums und der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) eng miteinander verbunden und diese Verbindung bereits auf die Anfänge von Produktdesign und industrieller Produktion in der Schweiz zurückzuverfolgen. Diese Verbindung hält bis heute an.
Nach der Gründung des Kunstgewerbemuseums Zürich im Jahre 1875, damals vor allem als Sammlung von Materialmustern und Paradebeispielen neuer Produkte, wurde 1878 die Kunstgewerbeschule der Stadt Zürich als pädagogischer Kompagnon für das Museum gegründet, um den lokalen Handwerks- und Industriebetrieben mit "Informationen, Ideen und Impulsen" dabei zu helfen, ihre Relevanz und Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft zu erhalten und den Schritt hin zu einer Reform und Neupositionierung des Handwerks in Zürich weiter zu fördern.
Diese Verbundenheit von Museum und Schule wurde 1895 durch den Umzug in den Ostflügel des Landesmuseums unterstrichen, während 1913 sowohl die Kunstgewerbeschule als auch das Kunstgewerbemuseum eng an der Gründung des Schweizer Werkbundes beteiligt waren - nicht zuletzt durch den gemeinsamen Direktor Alfred Altherr, der auch Gründungsdirektor des Schweizer Werkbundes war. 1933 bezogen die beiden Institutionen ein neues strukturalistisch-modernistisches Gebäude in der Ausstellungsstraße der Stadt, ein Werk der Zürcher Architekten Adolf Steger und Karl Egender, das in der Schweiz als "Schweizer Bauhaus" bekannt ist; und ein Ideal, das perfekt an das damals in der Schweiz propagierte, modernistische "Wohnbedarfs"-Ideal anknüpfte, das seinen Namen von dem 1931 in Zürich von Sigfried Giedion, Rudolf Graber und Werner Max Moser gegründeten Hersteller bzw. Händler "Wohnbedarf" erhielt und zu dessen frühen Sammlungen auch Werke von Alvar Aalto und Le Corbusier gehörten.
Nach dem Krieg blieben die Institute trotz einiger Umbenennungen, die den Eindruck einer Trennung erwecken, dicht beieinander, und heute ist das zeitgenössische Museum für Gestaltung Zürich in die zeitgenössische ZHdK integriert; eine Institution, die 2007 durch den Zusammenschluss der damaligen Hochschule für Gestaltung und Kunst mit der Hochschule für Musik und Theater Zürich entstanden ist, die ebenfalls eine Zürcher Institution ist, deren Geschichte sich bis in die 1870er-Jahre zurückverfolgen lässt. Heute sind rund 2800 Studierende an der ZHdK zuhause und genießen dabei eine breite Auswahl an Studiengängen, vom Bachelor bis zum Doktor.
Die Ausstellung fand auf dem unwahrscheinlich hohen Toni-Areal-Campus der ZHdK in Zürich-West statt, auf einem Gelände, das anscheinend einst die größte Joghurtfabrik Europas beherbergt hat, eine Ausgangslage, welche eine Reihe von Referenzen zu einer Kulturform, die durch eine andere ersetzt wird, zulässt. Die Zürcher Hochschule der Künste präsentierte dort sämtliche Abschlussarbeiten ihres Kursprogramms in einem Format, welches nicht nur einen Einblick in den Charakter und die Richtung der Arbeit der Studierenden ermöglichte, sondern auch, wie das eigentlich bei allen Kunsthochschulen der Fall sein sollte, einen guten Einblick in die verschiedenen Kurse, die von der ZHdK angeboten werden.
Etwas, das uns bei der Ausstellung "Diplome 2018" der ZHdK dann doch leicht verwirrt hat war die Tatsache, dass wir uns tatsächlich ziemlich für die Kurse im Bereich Trends & Identität interessierten, genauer gesagt für den BA Design mit Vertiefung Style & Design und den MA Design mit Vertiefung in Trends. Ja, wir wissen es doch, das können Sie uns glauben, niemand ist überraschter darüber als wir selbst... Und nein, wir waren weder übermüdet noch anderweitig unkonzentriert oder in unserem Urteilsvermögen beeinträchtigt, als wir uns "Diplome 2018" ansahen.
Gut, es gab zugegebenermaßen einige Projekte, die uns mit den Zähnen knirschen ließen und in uns Angst um die Zukunft der Zivilisation auslösten, aber es gab tatsächlich auch einige wirklich interessante Projekte, die sich in schöne Richtungen bewegten und viel Optimismus innehatten - wenn auch nicht in einem Ausmaß, das unsere Welt komplett ins Wanken gebracht hat. Nichtsdestotrotz waren sie ausgesprochen interessant. Doch auch in anderen Bereichen gab es Projekte, die uns durchaus interessiert und auch bewegt haben. Wie immer ist es gut möglich, dass wir einige spannende Projekte übersehen haben oder interessante Herangehensweisen nicht ganz verstanden haben und so ihre tatsächliche Relevanz unterschätzt haben. Wir versprechen hier also keine Vollständigkeit, wohl aber, dass wir unser Bestes gegeben haben und ehrlich darüber sein wollen, wie wir an die Ausstellung "Diplome 2018" herangegangen sind...
Laut Roman Paysen-Petersen ist es möglich, Müdigkeit anhand des Widerstandsgrades der Haut zu messen, und basierend auf der sehr oberflächlichen Forschungsarbeit, die wir dazu durchgeführt haben, sehen wir erstmal keinen Grund, an seiner Aussage zu zweifeln. Anhand dieser Eigenschaft hat Roman Paysen-Petersen ein tragbares Konzept für Motorradfahrer entwickelt, das den Widerstand der Haut im Nackenbereich misst und Warnhinweise auf dem Armaturenbrett aufleuchten lässt, wenn der Fahrer droht zu müde zu werden. So wird dem Motorradfahrer die Möglichkeit gegeben, auf gemessene Informationen anstatt auf eine abstrakte Beurteilung seines eigenen Zustands zu reagieren. Eine Einschätzung, die natürlich immer auch von anderen Faktoren beeinflusst wird, einschließlich des einfachen und verständlichen Wunsches, das Fahrtziel zu erreichen.
Das Ganze ist nicht nur eine äußerst vernünftige Idee und definitiv eines der besseren tragbaren Konzepte, die wir in letzter Zeit gesehen haben, sondern auch ein Konzept, das logischerweise auch für andere Situationen und Berufe weiterentwickelt werden könnte, in denen Müdigkeit gefährlich werden kann, aber nicht immer von den Betroffenen erkannt wird, z. B. bei Notärzten und Krankenpflegern im Krankenhaus, Bootsführern, Taklern,... Inwieweit das System technisch ausgereift ist, wissen wir nicht, aber es klingt nach einer Idee, die es wert ist, weiter verfolgt zu werden.
Im Laufe der Jahre haben wir zahlreiche Projekte mit aquaponischen Systemen gesehen, Systeme, die Wasser bzw. Fischkot recyceln, um das Wachstum von Pflanzen und Fischen in einem (weitgehend) autarken System zu ermöglichen, wenn auch hauptsächlich theoretische Projekte, die durch den Wunsch motiviert sind, die häusliche "Landwirtschaft" zu fördern. Julian Freys "Mountainfarm" ist nicht nur deshalb eine interessante Alternative, weil es sich um eine spezielle Anwendung an einem bestimmten Ort handelt, nämlich auf der Monte Rosa Hütte bei Zermatt, sondern auch weil sie die Produktion von frischem Salat, Kräutern und Fisch in den Hochalpen ermöglicht und so dem Hüttenbetreiber nicht nur dabei hilft, seine Speisekarte und damit sein Geschäft zu erweitern, sondern das auch noch auf nachhaltige und sehr logische Art und Weise tut.
Die Wahl des Monte Rosa Guts ist nicht zufällig. Vielmehr wurde 2009 eine neue Monte Rosa Hütte in energie- und ressourcenschonender Manier von Prof. Andrea Deplazes von der ETH Zürich gebaut. So fügt sich ein Projekt wie "Mountainfarm" gut in das Konzept ein, nicht zuletzt, weil die Hütte speziell für die Speicherung von Wasser aus schmelzendem Schnee und Eis ausgelegt ist, was bedeutet, dass es ein Reservoir an natürlich gewonnenem Frischwasser gibt, um das System zu starten und jenes Wasser zu ersetzen, das unweigerlich durch den Betrieb des Systems verloren geht.
Wann ist "thinking outside the box" tatsächlich "thinking inside the box"? Wenn es sich um "Bienenheld" von Dario Rickenbach handelt.
Eine der größten Bedrohungen für Bienen ist die Varroa destructor, die Varroamilbe. Da sagen wir Ihnen nichts Neues. Dario Rickenbachs Lösung ist ein speziell entwickelter Bienenstock, der neben den Bienen auch die Unterbringung von Chelifer Cancroides - dem Haus-Pseudoskorpion oder Bücherskorpion - ermöglicht. Dieser ist anscheinend der Erzfeind der Varroamilbe.
Während die Verwendung natürlicher Raubtiere unerwünschte Folgen haben kann, sind wir uns dennoch sicher, dass wir in solchen Momenten an das Schicksal der Kiwis nach der Einführung von Hermelinen denken, die Kaninchen fangen sollten und letztlich die Kiwis gefangen, gegessen und fast ausgerottet haben. Chelifer Cancroides ist jedoch in den meisten Regionen heimisch und wird daher nicht eingeführt, sondern nur sinnvoll eingesetzt. Wir haben keine Ahnung, wie effektiv das sein kann, denn dafür sind Langzeitstudien über mehrere Lebenszyklen erforderlich, aber als nicht-invasiver, lokal handhabbarer, nachhaltiger Ansatz zum Schutz der Bienenpopulationen klingt das Ganze doch recht vielversprechend.
Und für alle nicht-deutschsprachigen Leserinnen und Leser: Bienenheld = Bees' Hero. Chelifer Cancroides.
Details & Informationen zur Zürcher Hochschule der Künste unter www.zhdk.ch