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Im August 1881 schrieb Friedrich Nietzsche an seinen Freund Heinrich Köselitz,"Nun, mein lieber guter Freund! Die Augustsonne ist über uns, das Jahr läuft davon, es wird stiller und friedlicher auf Bergen und in den Wäldern. An meinem Horizonte sind Gedanken aufgestiegen, dergleichen ich noch nicht gesehen habe...."
Man stelle sich vor, diese Gedanken seien durch den Besuch einer Architektur- und/oder Designausstellung angestoßen worden. Wäre Nietzsche noch unter uns, würden wir vorschlagen, dass er die folgenden Ausstellungen besucht, die in Sankt Petersburg, Weil am Rhein, Rostock, London und Hasselt eröffnet werden ...
In ihrer Arbeit "Nana \ by Émile Zola digested according to the appearance of furniture and soft furnishings" reduziert die deutsche Künstlerin Sharon Kivland Zolas Roman von 1880 auf Verweise auf Möbel und Wohnaccessoires. Indem Zola als aufmerksamer Beobachter und Sammler von Kleinigkeiten auf Möbel verweist, wird sehr anschaulich, welche Bedeutung Möbel und Einrichtungsgegenstände als Indikatoren für Reichtum, Status und kulturelle Reife haben. Und wie wichtig sie sind um sich als modisch erkenntlich zu zeigen. Diese Indikatoren sind natürlich manipulierbar und heute noch so relevant und manipulierbar wie damals. Referenzen auf zeitgenössische Möbel verstehen die meisten von uns, allerdings gibt es heute viele historische Möbelformen nicht mehr, bzw. nicht in ihrer historischen Form/Funktion.
Zu den erklärten Zielen der Ausstellung "Furniture for a Body's Every Whim" gehört es, den Möbelgewohnheiten, -moden und -bewegungen im mittleren bis späten 19. Jahrhundert in Russland auf den Grund zu gehen. Das heißt während der Zeit der Romantik, in der ein "Stil der Zeit" als solcher nicht dominierte, und in der stattdessen alle möglichen Kräfte am Werk waren und miteinander konkurrierten, in der diverse Arten von Möbeln und Einrichtungsgegenständen zur Verfügung standen. Die Ausstellung gewährt daher einen Einblick in die russischen Wohnräume dieser Zeit und so auch in die russische Gesellschaft dieser Zeit. Gleichzeitig geht die Ausstellung einigen der Referenzen auf Möbel in Werken von Fjodor Dostojewski, Leo Tolstoi, Anton Tschechow oder Nikolai Pawlow, der im Ausstellungstitel zitiert wird, auf den Grund. Neben Möbeln aus dem Winterpalast von Sankt Petersburg verspricht "Furniture for a Body's Every Whim" auch Ansichten von russischen Möbelausstellungen des 19. Jahrhunderts, die hoffentlich nicht nur die Entwicklung des Möbeldesigns in Russland veranschaulichen, sondern auch die gegenseitigen Einflüsse zwischen dem Rest Europas und Russland.
"Furniture for a Body's Every Whim. The Age of Historicism in Russia" wird am Samstag, den 11. August im Eremitage Museum, 2, Palastplatz, Sankt Petersburg, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 11. November.
Da die niederländische Designerin Christien Meindertsma Absolventin der Design Academy Eindhoven im Jahr 2003 war, ist es keine große Überraschung, dass ein Großteil ihrer Arbeiten konzeptionell, experimentell, oft eher forschend als produkt- und objektbezogen ist, und sich stets mit Materialien, Produktion und Globalisierung beschäftigt: wie beispielsweise das Projekt das Schwein 05049, das all den unterschiedlichen internationalen Wegen folgte, die die Bestandteile eines geschlachteten niederländischen Schweins gehen, einschließlich so unterschiedlicher Anwendungen wie Munition, Kaugummi, Porzellan und natürlich Lebensmittel, inklusive frittierter Schnauze.
Aber es bleibt nicht alles bei der Theorie: Im Jahr 2015 begann Christien Meindertsma ihre Forschung über die Einsatzmöglichkeiten von Flachs, einer Pflanze, die früher in den Niederlanden üblich war, heute aber weitgehend eine Exportpflanze ist, mit dem Flachsstuhl. In Zusammenarbeit mit dem niederländischen Hersteller Label/Breed realisiert sie mit einem Gemisch aus Flachs und biologisch abbaubarem Polylactid (PLA) ihren Flachsstuhl, der nicht nur ein durch und durch reizvolles Objekt, sondern auch ein Möbel ist, mit dem eines der interessantesten alternativen neuen Materialien für das Möbeldesign zum Einsatz kommt.
Im Mittelpunkt von "Beyond the Surface", einer Ausstellung, die mit Projekten wie One Sheep Sweater, Bottom Ash Observatory und Flax Chair eine Auswahl von Projekten verspricht, die die verschiedenen Stränge von Christiens Arbeit beleuchten, stehen die vielfältigen Erkundungen und Überlegungen zu Materialien. Laut dem Vitra Design Museum ist "Beyond the Surface" die erste museale Besprechung von Christien Meindertsmas Werk. Eine seltene und sehr willkommene Gelegenheit, um nicht nur Einblicke in die Arbeit und Methoden von Christien Meindertsma zu erhalten, sondern auch in zeitgenössische Ansätze des Designs, der Designforschung und letztlich der Produktentwicklung.
"Christien Meindertsma: Beyond the Surface" öffnet am Samstag, den 18. August in der Galerie des Vitra Design Museums, Charles-Eames-Str. 2, 79576 Weil am Rhein und läuft bis Sonntag, den 20. Januar.
Wenn es um die Frage nach der Schönheit, bzw. die Suche nach einer nachhaltigen Definition von Schönheit geht, kommt unsere Gesellschaft bisher nicht zu einer zufriedenstellenden Antwort und wird wohl auch nie eine finden. Wir lassen uns trotzdem nicht davon abhalten nach einer Antwort zu suchen. In der Regel gilt: Wenn wir entscheiden, ob wir etwas schön finden oder nicht, neigen wir meist dazu, uns weniger auf Signale zu verlassen, die dem, was wir beobachten, eigen sind, als viel mehr auf externe Signale, die durch Faktoren wie Kultur, Konvention, Bildung oder öffentliche Meinung definiert sind - niemand will die einzige Person sein, der ein bestimmtes Objekt nicht gefällt.
Mit Die Schönheit der Dinge verspricht die Kunsthalle Rostock eine Ausstellung von Alltagsgegenständen, die ihres vertrauten Kontexts entzogen sind, auf deren Signale wir uns verlassen und die als rein physische Objekte präsentiert werden. Damit geht die Ausstellung die Sache von einer ganz grundlegenden Position aus an - denn der Betrachter wird so herausfordert, die Schönheit eines Objekts rein nach seiner Form, seinen Dimensionen, Maßstäben und Proportionen zu beurteilen. Dadurch werden Erkenntnisse darüber möglich, wie wir alle die Schönheit bewerten und welche Bedeutung Form, Dimensionen, Maßstäbe und Proportionen in diesem Zusammenhang haben.
"Die Schönheit der Dinge" wird in der Kunsthalle Rostock, Hamburger Straße 40, 18069 Rostock am Samstag, den 4. August eröffnet und läuft bis Sonntag, den 28.Oktober.
Prototypen und Modelle sind seit langem wichtige Werkzeuge für alle Kreativen, die in 3D-Bereichen arbeiten, und bleiben es auch heute noch in unserem digitalen Zeitalter. Um die zeitgenössische Relevanz und Funktion des Prototyps und Modells zu erforschen, hat die Aram Gallery London im Jahr 2008 eine unregelmäßige Ausstellungsreihe initiiert, die sich mit den Nutzungsmodellen und Prototypen zeitgenössischer Designer und Entwickler auseinandersetzt und sich für die 10. Ausgabe, wie es der Titel schon subtil vermuten lässt, auf Prototypen und Modelle aus dem Bereich Architektur konzentriert. Das Architekturmodell wird als Werkzeug für die Entwicklung von Ideen und unter dem Aspekt seines formalen Präsentationszweckes erforscht. Dazu zeigt die Präsentation Farbtests, Konstruktionsmodelle, Fassadenstudien und eine Reihe weiterer Modelltypologien von so unterschiedlichen Architekturbüros wie Neri & Hu, Rural Office for Architecture oder Adjaye Associates. So zielt die Ausstellung darauf ab, unser gesamtes Verständnis des kreativen Prozesses zu vertiefen und auch die Bedeutung des Analogen und Taktilen in einer digitalen, virtuellen Zukunft herauszustellen.
"Architecture Prototypes & Experiments" wird in der Aram Gallery, 110 Drury Lane, Covent Garden, London, WC2B 5SG am Donnerstag, den 2. August eröffnet und läuft bis Samstag, den 1. September.
Oberflächlich gesehen war Design lange Zeit von Form und Funktion geprägt und im Wesentlichen war Design immer politisch. Vielleicht nicht direkt, aber durch die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Realitäten war Design immer eng mit der Politik verbunden, und im Grunde nicht von ihr zu unterscheiden. In den letzten Jahrzehnten ist Design immer provokativer und kriegerischer geworden; es behält seine Assoziationen zur Politik bei, stellt aber zunehmend politische Konventionen in Frage.
Präsentiert im Rahmen der 15. Internationalen Partizipativen Designkonferenz verspricht "The Politics of Design: Act 1" eine Präsentation von etwa 20 partizipativen Designprojekten von und mit so unterschiedlichen Designern wie Ann De Keersmaecker, Nils Norman, Kristof Vrancken & Judith Seng, die auf einer der drei Ebenen mit Partizipation - Body, Community, City - arbeiten. Mit dem Ziel, Antworten auf Fragen, wie beispielsweise "wie designt man verschiedene Formen der Partizipation?" oder "welche Werte werden aufrechterhalten und welche Zukunftsperspektiven werden aktuell von Designern vorgestellt?" zu finden, hört sich "The Politics of Design: Act 1" nach einer interessanten Auseinandersetzung mit der Rolle des Designs in gesellschaftlichen und politischen Diskursen an. Die Ausstellung scheint auch Antworten auf die Frage zu suchen, wie Designer eher der Gesellschaft als der Industrie und dem Handel dienen könnten.
"The Politics of Design: Act 1" wird am Mittwoch, den 22. August im Z33, Haus für zeitgenössische Kunst, Zuivelmarkt 33, 3500 Hasselt eröffnet und läuft bis Sonntag, den 2. Dezember.