Hört sich schön an! Aber wir müssen weiter ziehen, denn obwohl Memphis einige interessante Museen hat, finden wir dort keine neue Architektur- oder Designausstellung, die im Juni 2018 eröffnet wird. Heißt also aus "Walking in Memphis" wird diesmal nichts, stattdessen verschlägt es uns nach Düsseldorf, Espoo, Andelsbuch, Rotterdam und San Francisco...
Die am 12. Juni 1899 in Berlin geborene Anni Fleischmann strebte anfänglich eine Karriere als Malerin an. Doch dann wurde für sie der Webstuhl zur Leinwand, und den lernte sie nicht nur mit einer seltenen Geschicklichkeit zu bedienen, sie setzte ihn vor allem auch in einer Weise ein, die die von den reformistischen Denkern dieser Zeit angestrebte Verbindung von Kunst und Handwerk deutlich hervortreten ließ. Nach drei Jahren Kunststudium in Hamburg schreibt sich Anni Fleischmann 1922 am Bauhaus Weimar ein und zieht 1925 mit dem Institut nach Dessau, wo sie im selben Jahr Josef Albers heiratet und 1931 die Leitung der Weberei übernimmt. Mit dem Aufstieg der Nazis emigrierten die Albers dann nach Amerika. Neben zahlreichen Lehrtätigkeiten, vor allem am Black Mountain College, arbeitete Anni Albers dort vor allem über 30 Jahre lang als Textildesignerin mit Knoll zusammen. Neben künstlerischen und angewandten Arbeiten von Anni Albers verspricht die Düsseldorfer Ausstellung auch Exemplare historischer Textilien, die von Anni Albers gesammelt wurden. Hinzu kommen Texte von Albers, mit denen die KuratorInnen nicht nur Albers' Verständnis für die Funktion und Möglichkeiten von Weberei/Textilien verdeutlichen wollen, sondern auch ihre Auffassung von Farbe, Form, Dekoration und ihren Einsatz neuer Materialien und neuer Webtechniken und -verfahren veranschaulichen wollen. Das klingt nach einer gründlichen Einführung in die Arbeit und das Leben einer der wenigen Frauen, die sich in der weitgehend patriarchalisch geprägten Welt der Moderne etablieren konnten.
Anni Albers wird in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K20 Grabbeplatz, Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf am Samstag, den 9. Juni eröffnet und läuft bis Sonntag, den 9. September.
Die Tatsache, dass das Futuro-Haus des finnischen Architekten Matti Suuronen aus dem Jahr 1968 einer fliegenden Untertasse gleicht, liegt in vielerlei Hinsicht in seiner Entstehungszeit begründet, weil diese Form damals als realistische Vision eines zukünftigen Wohnkonzepts existierte und verstanden wurde. Wichtige Einflüsse waren in diesem Zusammenhang neue Materialien und Technologien der 50er und 60er Jahre, das sich erst entwickelnde Verständnis des Einflusses der Menschen auf den Planeten und Science-Fiction. All das ist auch Thema der Ausstellung "Futuromania - Designing Future Living" des EMMA im finnischen Espoo. "Futuromania" konzentriert sich auf Projekte finnischer Architekten und Designer, darunter Armi Ratia, Tapio Wirkkala, Aarne Ervi und natürlich Matti Suuronen und verspricht eine Auswahl von Projekten, die von fantastisch bis praktisch, von monumental bis einfach reichen, letztendlich aber alle miteinander durch die Einbeziehung neuer Materialien, neuer Technologien und ihr Verständnis für die Notwendigkeit neuer Ansätze im Bereich Wohnen, Arbeiten und Stadtplanung miteinander verbunden sind, so strittig dieses Verständnis auch sein mag. Es klingt so als könnte Dank der Ausstellung einerseits eine interessante Diskussion über die Projekte und ihr Erbe entstehen, und als könne die Ausstellung andererseits eine relevante Ergänzung zum zeitgenössischen Diskurses darüber sein, wohin uns unser Vertrauen in neue Materialien, neue Technologien und unsere scheinbar fundierte Überzeugung von der Notwendigkeit neuer Ansätze in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und Stadtplanung führen werden. Wie viele fliegende Untertassen werden wir realisieren?
"Futuromania - Designing Future Living" wird im EMMA - Espoo Museum of Modern Art, Ahertajantie 5, Tapiola, 02100 Espoo am Mittwoch, den 6. Juni eröffnet und läuft bis Sonntag, den 17. Februar.
Dass die Designer des Jugendstils sich von der Natur inspirieren ließen ist an sich nicht falsch, richtig ist jedoch eher, dass ihr Fokus aber auf der physischen Darstellung der Natur lag. Und so führten ihre figurativen Interpretationen der Form auch zu einigen der bedauerlicheren Momente dieser Stilepoche. Der eigentliche Wert der Natur in Bezug auf Architektur und Design liegt in ihren Strukturen, Prozessen, Materialien und Funktionen. Und seitdem wir das verstanden haben, sind wir viel schneller vorangekommen, auch wenn die Ästhetik nicht immer Schritt halten konnte. Die Sommerausstellung des Werkraums Bregenzerwald verspricht nicht nur eine Visualisierung der Geschichte der Biomimikry anhand von Projektbeispielen, sondern auch die Präsentation von "26 Prinzipien der Natur". Dabei handelt es sich genauer gesagt um 26 natürliche Strategien und Muster, die von einem Zoologen, einem Ökologen und einem Botaniker ausgewählt wurden und die uns nicht nur die Vielfalt und Dauerhaftigkeit natürlicher Systeme verdeutlichen, sondern uns auch zeigen, wie wir von ihnen lernen und profitieren können.
"Alphabet des Lebens - Lernwerkstatt Natur" wird am Samstag, den 23. Juni im Werkraum Bregenzerwald, Hof 800, 6866 Andelsbuch eröffnet und läuft bis Samstag, den 6. Oktober.
Der niederländische Designer Bertjan Pot versteckt sich ja normalerweise eher hinter einer Maske. Die Einzelausstellung Hot Glue - Bertjan Pot des Museums Boijmans Van Beuningen kann daher als eine Demaskierung des Designers aufgefasst werden. Paradoxerweise allerdings, denn die Masken von Bertjan Pot sind zentraler Bestandteil der Auseinandersetzung mit der Frage, wie Bertjan Pot Design angeht und versteht, und diese Auseinandersetzung ist das eigentliche Ziel der Ausstellung. Anstatt bestehender kommerzieller Projekte verspricht Hot Glue eine Präsentation dessen, was Bertjan Pot durch den Kopf geht: Im Vorfeld der Ausstellung lehnte Pot alle neuen Aufträge für ein Jahr ab und konzentrierte sich stattdessen darauf, einmal begonnene, aber nie abgeschlossene Projekte zu überdenken und zudem neue Projekte zu entwickeln. Das Ergebnis ist eine Sammlung von Objekten aus Seilen, Bändern, Garnen, Stoffen, Perlen etc.. Eine Sammlung von Objekten mit unterschiedlichem Abstraktionsgrad, anhand derer die KuratorInnen die Methodik von Bertjan Pot erklären und verdeutlichen wollen wie sich seine Projekte entwickeln und welche Rolle dabei Form, Funktion, Prozess und Material spielen. Wir sind uns sicher, dass das eine oder andere aus dieser Sammlung zu einem zukünftigen kommerziellen Projekt wird. Man könnte also sagen, dass es sich bei "Hot Glue" eher um eine Vorschau als um eine eher traditionelle Designer-Retrospektive handelt.
"Hot Glue - Bertjan Pot" wird im Museum Boijmans Van Beuningen, Museumpark 18-20, 3015 CX Rotterdam am Sonntag, den 9. Juni eröffnet und läuft bis Montag, den 30. September.
Wenn wir ganz ehrlich sind, und das versuchen wir stets, sind wir uns nicht 100-prozentig sicher, ob wir wirklich verstehen, was "Raw Design" erreichen will. Interessant finden wir auf jeden Fall jene Ziele, von denen wir annehmen, das sie sich die Ausstellung gesetzt hat. Soweit wir es verstanden haben geht die Ausstellung von der Prämisse aus, dass sich die Gesellschaft mit zunehmender Digitalisierung immer weiter vom Greifbaren entfernt, und sich so eine gewisse Unsicherheit in unsere Gesellschaft einschleicht, die darauf basiert nichts Physisches zu haben, an dem sich der Mensch verankern könnte. Zahlreiche Designer versuchen daraufhin, uns wieder mit dem Physischen, mit dem Natürlichen, mit dem Greifbaren zu verbinden, aber nicht durch traditionelle handwerkliche Verfahren und vertraute Objekte und Objektgattungen, sondern durch neue Erkundungen dessen, was mit natürlichen Materialien möglich ist. Die Pressemitteilung enthält die Formulierung "materielle Intervention", die wir als Kernaspekt des Ausstellungskonzeptes auffassen: Material als Einheit und nicht als Mittel zum Zweck. Die Ausstellung verspricht Arbeiten von so vielfältigen Künstlern, Designern und Handwerkern wie Beth Lipman, Mieke Meijer, Lex Pott, FormaFantasma oder Gaetano Pesce und hört sich so nach einer schönen Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Designpraxis, zeitgenössischem Materialverständins, zeitgenössischen Vorstellungen von Objekten und alternativen Vorschlägen für zukünftige Produktionsprozesse an. Wenn wir nicht völlig daneben liegen, deutet die Liste der beteiligten Kreativen auf einen sehr interessanten und lohnenden Ausstellungsbesuch hin.
"Raw Design" öffnet am Samstag, den 2. Juni im Museum of Craft and Design, 2569 Third Street, San Francisco, CA 94107, Kalifornien und läuft bis Montag, den 28. Oktober.