Fragestellungen, mehr oder weniger kontroverser Art, sind dem treuen Leser unseres Blogs vermutlich vertraut. Eine Frage, die hier aber ganz sicher noch nicht gestellt und noch weniger beantwortet wurde, ist die danach, was smow eigentlich ist. Klar, wir sind ein Händler für Möbel, Leuchten und Wohnaccessoires, der seine Artikel über einen Onlineshop sowie eine Reihe von Stores vertreibt.
Doch das erklärt nur einen Teil des Ganzen - nämlich was smow macht. Aber was ist smow und wie funktioniert das Netzwerk aus smow Onlineshop und den smow Stores? Bisher fehlte uns der passende Begriff, doch vor Kurzem sind wir auf eine Handelsinstitution gestoßen, deren Ähnlichkeit mit smow frappierend ist und mit der sich das Wesen smows vielleicht am besten erklären lässt: die Hanse.
Während das öffentliche Bild der Hanse heute vor allem eins von lustig gekleideten, mit maritimen Accessoires ausgestatteten Männern ist, die einen großen Teil ihrer Zeit mit der Jagd auf Piraten verbrachten, hat die Hanse im Mittelalter als internationales Handelsnetzwerk über fünf Jahrhunderte eine Schlüsselrolle in der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Europas gespielt. Und obwohl smow (noch) nicht so eine lange Tradition aufweisen kann - und auch nicht so einen Einflussbereich - gibt es trotzdem (schon) viele Gemeinsamkeiten. Nicht dass wir in irgendeiner Weise den Begriff der Hanse für uns beanspruchen wollen… Wir wollen lediglich anhand einiger Definitionen und geschichtlicher Zusammenhänge das smow-eigene Wesen besser beschreiben.
Der Ursprung jener Beschreibung geht auf das Jahr 1470 zurück, als ein Streit zwischen dem englischen König und den hanseatischen Kaufleuten in London den Lübecker Juristen Johannes Osthusen zum Verfassen einer der berühmtesten Definitionen der “Hanza Theutonica” veranlasste. Im sperrigen Latein jener Zeit verfasst, ist Osthusens Definition überschwänglich. Wir denken, der Geist jener Argumentation ist in der Zusammenfassung von Angelo Pichierri1: besonders gut eingefangen:
“Die Hanse ist keine societas (Gesellschaft): sie hat keine gemeinsamen Güter, und jeder der Kaufleute treibt für sich selbst Handel. Sie ist kein collegium (Kollegium): sie setzt sich aus untereinander weit entfernten Städten zusammen. Sie ist keine universitas (Körperschaft): sie hat kein gemeinsames Vermögen, weder eine gemeinsame Kasse, noch ein gemeinsames Siegel oder gemeinsame Agenten oder Vertreter. Die Hanse ist “nichts weiter” als ein festes Bündnis (firma confederatio) von Städten, das nur ein Ziel hat, nämlich den See- und Landhandel zu fördern und die Kaufleute vor Piraten und Banditen zu schützen.” Keine gemeinsamen Güter, jeder treibt für sich selbst Handel, voneinander weit entfernt... doch ein festes Bündnis, welches das gemeinsame Ziel hat, den Handel zu fördern und Kunden vor Piraten respektive Produktpiraterie zu schützen... Ja, das trifft so ziemlich genau auch auf smow zu.
Und das ist nur der Anfang…
Ein Hauptfaktor in der Entwicklung der Hanse waren die Kontore - regional geführte Handelshäuser, über die die Kaufleute einerseits unabhängig von ihren Heimatstädten agieren und andererseits ein internationales Netzwerk etablieren konnten, auf dem die Hanse vorrangig basierte. Das trifft soweit auch auf die smow Stores zu, die unabhängig vom smow Onlineshop sind.
Und weiter: Der Begriff Kontor hat seinen Ursprung im lateinischen computāre und wurde über das französische comptoir zum deutschen Kontor (und entwickelte sich außerdem zum französischen Wort für Computer). Und genau wie die Geschichte der Hanse auf den computāre/Kontor zurückgeht, basiert die Geschichte von smow auf dem computāre/Computer. Schließlich waren es erst die Computer, die den Prototyp von smow ermöglichten, über den sich das dezentrale, internationale Handelsnetzwerk etablieren konnte. Und wo sitzt noch heute unsere IT? In Rostock - einer Stadt, deren Verbindung zur Hanse sogar ganz offiziell besteht. Wie Johannes Osthusens Definition deutlich macht, war die Hanse ein freiwilliges Netzwerk. Niemand hatte die Kontrolle, niemand hatte das letzte Wort und niemandem konnten Entscheidungen aufgezwungen werden. Jede Stadt handelte für sich und machte sich das Kollektiv zu Nutze, wenn sie einen Vorteil darin sah. Und auch das trifft auf das Netzwerk der smow Stores zu, die zwar alle auf die Webpräsenz des smow Onlineshops sowie dessen Warenlager zurückgreifen können, letztlich aber unabhängig sind.
Während die Hanse aufgrund des gemeinsamen niederdeutschen Sprachraums im Norden Deutschlands angesiedelt war, hat smow mit Stores von Hamburg und Berlin über Düsseldorf, Köln, Frankfurt und Stuttgart bis in den Schwarzwald und ins Allgäu sowie in Leipzig und Chemnitz einige Dialekte mehr erschlossen. Die Hanseaten haben im Mittelalter zwar auch mit den oberdeutschen Kaufleuten zusammengearbeitet und untereinander Handel betrieben, blieben letztlich aber Konkurrenten. Zieht man eine Definition von Jean-Jacques Rousseau zur Bildung ziviler Gesellschaften heran, könnte man fast meinen, wir haben aus der Geschichte gelernt: „… der einzige Weg, mit dem sie sich selbst schützen können, ist, ihre jeweiligen Kräfte in einem Zusammenschluss zu vereinen, der stark genug ist, jeder Gegenwehr standzuhalten, und mit dem ihre Kräfte durch ein gemeinsames Ziel und gemeinsames Handeln gebündelt werden.“ 2 Denn auch das Bündnis aus dem smow Onlineshop und den über Deutschland verteilten Stores ist durch ein gemeinsames Ziel motiviert, arbeitet zusammen und ist vor allem ein progressives, frei denkendes, dezentrales, (inter-)nationales Netzwerk, gestützt durch die Ideale einer kollektiven Einheit. Und durch computāre.
Das alles ist natürlich nur ein kurzer Abriss über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen smow und der Hanse, der einige Themen völlig ausspart - so die Ähnlichkeiten zwischen dem heutigen Leipzig-Lindenau und dem mittelalterlichen Lübeck, die wichtige Beziehung zu Basel und, nicht zu vergessen, das Problem mit den Piraten. Doch man erkennt hoffentlich, worauf wir hinaus wollen.
Und wie passt da der smow Blog dazu?
1Die vollständige Verteidigung von Johannes Osthusen kann im Hansischen Urkundenbuch gefunden werden
2Für eine tiefgründigere Betrachtung verweisen wir auf das Essay, “The Social Contract in the age of e-commerce” von A. Kari in Annals of the Iocularian Society, Vol 145, 2013 und das Buch “Enlightenment for Unenlightened Times. New, old, approaches to global furniture trading” von Sella Tabernam, Scocie Verlag, Zossen, 2017.
Fragt nicht, was der smow Blog in der Hanse gewesen wäre. Fragt, was die Hanse mit dem smow Blog gewesen wäre. Was wäre, wenn der Hanse eine Institution angeschlossen gewesen wäre, die nicht an Handel, Verkäufen, Profit und Einfluss interessiert gewesen wäre… Was wäre gewesen, wenn die Hanse eine parallel existierende Institution besessen hätte, die verstanden hätte, dass über Lieferbedingungen, Rabatte und Marktanteile hinaus ein Objekt existiert, dessen Wesen eine eigene kulturelle, soziale, technologische und politische Relevanz hat… Objekte, die ohne den Profitdruck betrachtet in einem ganz neuen Licht erscheinen oder durch ihre eigene lächerliche Aufgeblasenheit implodieren würde…