Die spoga+gafa Messe in Köln war dieses Jahr Austragungsort für den fünften "unique youngstar" Wettbewerb zum Thema Outdoor Living. Der Wettbewerb, der für aktuelle Designstudierende oder die, die innerhalb der letzten drei Jahre ihren Abschluss gemacht haben, ausgeschrieben war, erhielt 81 Zusendungen aus 18 Ländern - ein neuer Rekord. Aus allen Zusendungen wurden 15 Designer für die Shortlist ausgewählt; ihre Designs wurden dann auf der spoga+gafa ausgestellt. Die Frage ist nun: Wen krönte die Jury zum "unique youngstar" 2017?
Platz: "Pflanzen Talje" von Jessica Bruni Platz: "Städler Made Outdoor Oven" von Pieter Städler Platz: "Sitzen stehend Leute" von Chris Walter und Amélie Ika Publikumspreis: "Digger" von Samuel Shoham
Gratulation an alle!
Und im Interesse der Nachwelt und der Fairness sind hier alle 15 Nominierten (in alphabetischer Reihenfolge nach Projektname. Es gilt zu berücksichtigen, dass fast alle Projekte lediglich Prototypen sind. Außerdem bedeutet diese Liste nicht, dass wir alle Projekte gut finden, geschweige denn gutheißen. Alles, was wir tun, ist sie zu präsentieren und zu beschreiben.).
"7M Chair" von Ara Levon Thorose (Detroit, USA)
Auch wenn man aufgrund seiner Form meinen könnte, dass "7M" in den frühen 1960ern in Mailand designt wurde, so ist es doch ein modernes Sitzmöbel. Gefertigt aus einer Reihe synthetischer Röhren, ist "7M" im Prinzip eine gerade Linie, die sieben Mal gebogen wurde, um einen dünnen, flexiblen Stuhl zu kreieren. Eine Figur, die in ihrer Haltung fast schon menschlich ist. Wir haben nicht versucht uns auf sie zu setzen und so können wir uns keinen Kommentar bezüglich des Komforts oder der Stabilität erlauben. Dennoch nehmen wir an, dass der Stuhl nicht unbedingt für einen langen Fernseh- oder Leseabend gedacht ist, sondern eher für kürzere Anlässe.
"Bochum" von Lukas Unertl (Halle)
"Bochum": Ein reduziertes Stahlrohr-Sofa, das nicht mehr als das absolute Minimum an Verbindungen und Komponenten aufweist. Ein leichter Abbau, sodass der Stoff leicht zu reinigen ist, war das Ziel des Entwurfs. Natürlich kann der Stoff auch ganz ausgetauscht werden: Wenn beispielsweise umdekoriert wird und ein neues Farbschema gefragt ist oder die Nutzung zwischen dem Innen- und dem Außenbereich wechselt. Ein Frühling/Sommer und ein Herbst/Winter Design. Nach dem Namen haben wir uns nicht näher erkundigt; das Ruhrgebiet verwirrt uns auch ohne Halle bereits genug.
"Concave" von Christian Heikoop (Brooklyn, USA)
Mart Stam musste interne Stützen an seine freischwingenden Stühle anbringen, um die Stabilität zu gewährleisten. Auch bei "Concave" ist die Stabilität das größte Problem; wenn auch ein Problem, bei dem es sich lohnen würde, es zu lösen. Im Prinzip hat Christian Heikoop selektiv Stahlrohre geglättet und die geglätteten Enden dann in andere Rohre gesteckt. Dadurch ist ein sehr, sehr einfaches Objekt entstanden, das eine durchaus schöne, organische Formensprache besitzt. Die Frage ist, ob die strukturelle Qualität an die ästhetische angepasst werden kann.
"Digger" von Shoham Samuel (Jerusalem, Israel)
Dass "Digger" den Publikumspreis gewonnen hat, können wir uns nur damit erklären, dass die meisten von uns Fouriere sind oder aber in irgendeiner anderen Form von Überlebenskünsten Gebrauch machen müssen. Ein Mehrzweckwerkzeug, das so analog ist, dass es unser Verständnis von "Werkzeug" fast schon an seine Grenzen treibt und man annehmen könnte, dass es sich um ein "Werkzeug" im darwinistischen Sinne handeln könnte. "Digger" erlaubt es einem eine alte Dose als Kochtopf, Spaten und/oder messerartiges Gerät zu benutzen. Die Vorrichtung erfordert zwar eine passende Dose, aber wir gehen mal davon aus, dass jeder moderne Fourier eine solche parat hat.
"Garden Torch Seewald" von Moritz Jähde und Grischa Erbe (Karlsruhe)
Es ist eine Binsenweisheit, dass es einige Objekte gibt, die alle Designer entwickeln und andere, die wirklich keinen Designer interessieren. Mal ganz abgesehen davon, dass die meisten der Überzeugung sind, dass bereits existierende Objekte ausbaufähig seien... Objekte wie beispielsweise die Gartenfackel. Oder wie Moritz Jähde und Grische Erbe ihre Wahl begründen: Wenn man sich heute für eine Gartenfackel entscheiden muss, dann zwischen einem Bambusstock mit einer Blume obenauf oder einem über alle Maßen verzierten Kunstobjekt. Etwas dazwischen gibt es nicht. Mit "Seewald" haben die beiden versucht diese Lücke zu schließen. Hergestellt aus gefaltetem, pulverbeschichteten Stahl ist "Seewald" ein sehr reduziertes, unaufdringliches Objekt. Die hängende Version bringt zudem etwas mittelalterlichen Charme mit in das moderne Europa. Sehr angemessen, berücksichtigt man die Richtung, in die wir uns derzeit bewegen.
"Lightly" von Gal Bulka und Idan Noyberg (Tel Aviv, Israel)
Wäscheklammern, die mit solarbetriebenen Lampen versehen sind, stehen nicht gerade auf Platz 1 der Liste der Dinge, die die Welt wirklich braucht. Es wird uns in sozialer Hinsicht nicht weiterhelfen, zumindest hoffen wir das. Komischerweise spricht uns das Objekt trotzdem an. Nicht weil wir unsere Wäsche im Dunkeln finden wollen, sondern um sie als glühwürmchenähnliche Lichter, die im Garten oder auf dem Balkon angebracht werden, zu nutzen. Nicht wichtig, nicht lebensverändernd, aber trotzdem bereitet "Lightly" Spaß.
"Merula" von Philipp Möbius (Dromershein)
"Merula" ist ein Vogelhaus für Amseln (Turdus merula). Was eine Nische ist. Aber warum sollen Vogelhäuser nur Platz für die Spatzen und Meisen unserer Städte bieten? Ist die Amsel nicht eine ebenso wichtige Stimme im morgendlichen Vogelgesang? Laut Philipp Möbius müssen Amseln regelmäßig Insekten und andere Wirbellose zu sich nehmen. "Merula" fungiert als Futterstation, die groß genug für Amseln ist und in der Insekten anstelle von Nüssen angeboten werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir zukünftig unsere selbstgezüchteten Mehlwürmer mit den Amseln teilen, scheint auf einmal nicht mehr allzu absurd.
"Pflanzen Talje" von Jessica Bruni (Saarbrücken)
Wie wir auf diesem Blog bereits das eine oder andere Mal erwähnt haben, gibt es Einiges, was über hängende Pflanzen in Räumen gesagt werden kann. Nicht nur aufgrund der von ihnen hervorgerufenen optischen Störung. Auch das Aufbrechen von statischen Räumen mithilfe der Pflanzen und das damit einhergehende neue Verständnis von Inneneinrichtung macht sie interessant. "Pflanzen Talje" ist eine besonders elegante Lösung - gut durchdacht und umgesetzt bietet die Vorrichtung die Möglichkeit die Pflanzen höher oder niedriger aufzuhängen - sei es, um sie zu wässern oder die Atmosphäre des Raumes zu verändern. Und wenn Pflanzen austrocknen sollten, wandern sie (zumindest theoretisch) automatisch weiter nach oben, was sogar wir bemerken sollten. Eventuell.
Zugegebenermaßen sind wir nicht besonders angetan von den Sandsack-Gegengewichten, auch wenn sie dem Projekt erst seinen Namen geben. Und dieses auch ausmachen. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir lange überlegt, wie man diese Vorrichtung anders lösen könnte, aber was wissen wir schon?
"Rain Flower Walk" von Jessica Bizzoni (Rimini, Italien)
Erinnert man sich an den zurückliegenden Sommer, so fällt es schwer sich über Regen zu freuen. Oder gar ihn zu würdigen. Dennoch ist es genau das, was Jessica Bizzoni erreichen will. "Rain Flower Walk" ist eine Familie aus Stahlblumen in verschiedenen Formen und Größen, die den fallenden Regen in eine Klanglandschaft umwandeln soll, sodass dieser verstärkt, abstrahiert und intensiviert wird. Fast so wie in einem Dschungel oder einer vergleichbaren baumartigen Umgebung. "Rain Flower Walk" an sich ergibt mehr Sinn und kann auch leichter verstanden werden, wenn man das übergeordnete Projekt kennt, in dessen Rahmen es entstanden ist, nämlich den "Sound Zen Garden".
"Rolling Table" von Gregor Stobe und Johannes Bauer (Karlsruhe)
Fast noch besser als das Projekt ist seine Entstehungsgeschichte: Gregor Stobe und Johannes Bauer wollten campen gehen, hatten aber keinen geeigneten Tisch. So haben sie selbst einen designt. Ursprünglich sollte der Tisch, wie der Name impliziert, zusammengerollt werden können, sodass man ihn einfach im Rucksack oder mit dem Fahrrad transportieren kann. Der Schlüssel sind die integrierten, ausklappbaren Beine, die es ermöglichen den Tisch frei zu positionieren: sei es auf einem Bierkasten wie in Köln oder auf Sand, Erde, Steinen... Einfach, wenig Gewicht und entstanden aus einem sehr echten, persönlichen Bedürfnis, mit dem sich aber viele von uns identifizieren können.
"Rotate" von Maria Ovchinnikov (Jekaterinburg, Russland)
Bei der spoga+gafa 2017 gab es drei Hallen, die sich dem Grillen widmeten. Darunter auch viel "Guck-mal-wie-groß-ich-bin!"-Macho-Gehabe. "Rotate" nimmt sich diesbezüglich etwas zurück und erinnert daran, dass am Anfang das Feuer war. Es ist eine Kombination aus Grill und Feuerstelle mit allen notwendigen Accessoires. Wie der Name vermuten lässt, rotiert "Rotate" um sich selbst und bietet viele Nutzungs- und Verstaumöglichkeiten.
"Sitzen stehend Leute" von Chris Walter und Amélie Ika (Halle)
Wir glauben, dass wir alles gesagt haben - oder zumindest sagen konnten - wenn es um "Sitzen stehend Leute" geht. Wir möchten lediglich hinzufügen, dass es in den großen Hallen Kölns sehr viel glücklicher und natürlicher wirkte, als in den engen Fluren der Burg Giebichenstein.
"Sliced Lamp" von Juliane Fuchs (Kassel)
Im Prinzip wendet "Sliced Lamp" das Sushi-Prinzip auf eine kabellose Lampe an. Oder, um es präziser zu sagen, auf diverse wiederaufladbare, kabellose Lampen. Auch wenn diese ganz ohne Wasabi und Sojasoße auskommen. Man kann sie mitnehmen, aufhängen, auf einem Tisch platzieren oder als Taschenlampe verwenden. Ganz egal. Und wenn man sie nicht braucht, dann legt man die Lampe einfach in ihre Aufladestation. Sehr clever und unauffällig.
"Solo" von Nina Eberhard, Simon Frambach und Fabian Kolpack (Kassel)
"Solo" schließt eine Blume in ihrer Vase ein und macht aus dem Behältnis so ein Präsentationsobjekt. Auch wenn es an sich kein Vergrößerungsglas ist, so hebt "Solo" doch den Charakter der Blume hervor, indem es sie isoliert. So sieht man sozusagen den Baum ohne Holz oder eben die Blume ohne den Strauß. Nina Eberhard, Simon Frambach und Fabian Kolpack behaupten außerdem, dass auch ein blühender Zweig in "Solo" wachsen könnte. Borderline Art déco - hat uns aber nicht wirklich überzeugt.
"Städler Made Outdoor Oven" von Pieter Städler (Rotterdam, Holland)
"Städler Made Outdoor Oven" ist ein Flatpack COREN Stahlofen, der ohne Werkzeuge zusammengebaut werden kann. Während der untere Teil des Ofens das Feuer beherbergt, findet sich obenauf genug Platz zum Kochen oder Backen: sei es Brot, Grillgemüse oder Pizza. Laut Pieter Städler braucht eine Pizza 5 Minuten - die Vorteile dessen lassen sich gerade an einem langen Abend mit Freunden und/oder Familie nicht leugnen. Wir haben den Ofen nicht in Aktion erlebt, aber wir sehen keinen Grund an Pieter Städler zu zweifeln. Ein schönes, kompaktes Objekt, dessen Form seine Funktionalität impliziert ohne von ihr definiert zu werden. Und das, obwohl es aus einer früheren Zeit stammt, doch auch für die heutige relevant ist.