Im September fällt es uns zugegebenermaßen am schwersten, die fünf Empfehlungen für Architektur- und Designausstellungen zusammenzutragen: die Mehrzahl der Ausstellungen endet nämlich erst im tiefen europäischen Winter. Und so sind wir, die wir hier sitzen und hoffen, dass der Sommer noch ein kleines bisschen länger geht, gezwungen uns über Winterjacken und Handschuhe Gedanken zu machen. Bevor es wirklich Winter wird, sollte man also besser gleich nach draußen gehen und sich eine Ausstellung anschauen. Unsere 5 Empfehlungen für den September 2017 umfassen neue Ausstellungen in Weil am Rhein, Los Angeles, Utrecht, Frankfurt und Malmö...
Typisch! Da wartet man 20 Jahre auf eine Eames Ausstellung in Weil am Rhein und dann gibt es gleich vier auf einmal! Das Vitra Design Museum verspricht jetzt die ganzheitlichste und umfassendste Untersuchungen der Arbeit und des Erbes der Eames aller Zeiten. Und dazu wird nicht nur die Sammlung in ihrem ganzen Umfang in Anspruch genommen, sondern auch der komplette Vitra Campus mit einbezogen: es finden nämlich parallel zueinander vier Eames Ausstellungen auf einmal statt. Die Hauptausstellung "Charles & Ray Eames. The Power of Design" basiert auf der Ausstellung des Barbican Museums London The World of Charles and Ray Eames, die man für diesen Anlass erweitert und angepasst hat. Sie verspricht mit ca. 500 Objekten nicht nur die komplette Breite des Werkes der Eames zu überblicken, sondern auch ihr Leben, ihre Motivationen und die Beziehungen zu ihren Zeitgenossen genauer zu beleuchten. Die in sich schon umfangreiche Ausstellung "The Power of Design" wird wiederum unterstützt von drei Satellitenausstellungen: "Ideas and Information. The Eames's Films" in Zaha Hadids Feuerwehrstation - es wird nicht nur eine Auswahl an Filmen gezeigt, sondern auch untersucht worin ein Beitrag der Eames zum Film und der Verwendung neuer Medien und der Weiterverbreitung von Wissen und Information bestanden haben könnte. "Play Parade. An Eames Exhibition for Kids" in der Vitra Design Museum Gallery und zu guter letzt "Kazam! The Furniture Experiments of Charles & Ray Eames" im Schaudepot, die deutlich machen soll, wie die Eames ihre Möbeldesigns entwickelt haben. Bei so viel ,Eames' wird einer der wichtigsten Aspekte für uns sein, ob es dem Vitra Design Museum gelingt zu vermeiden, dass sich der Vitra Campus in einen Eames-Themenpark verwandelt.
"An Eames Celebration" läuft im Vitra Design Museum, Charles Eames Str.2, 79576 Weil am Rhein von Samstag, den 30. September bis Sonntag, den 25. Februar ("Play Parade. An Eames Exhibition for Kids" ist zu sehen von 9. September bis 11. Februar)
In einem frühen Interview mit Charles Eames' Enkelsohn Eames Demetrios behauptet dieser, dass für ihn in Charles Eames' Karriere die Monate, die er 1933/34 in Mexiko verbrachte und die Menschen, die er dort traf, entscheidende Punkte seien. Und Charles Eames war damit nicht allein. Die Geschichte von Architektur und Design in Kalifornien und die von Architektur und Design in Mexiko ist bestimmt von gegenseitigem Einfluss, von Inspiration, Lehre und Austausch. Das hat natürlich damit zu tun, dass Kalifornien und Mexiko mal eins waren und kulturelles Einfühlungsvermögen keine Grenzen kennt. Umso vorbildlicher und relevanter ist es, dass sich das Los Angeles County Museum of Arts jetzt entscheidet eine Ausstellung zu präsentieren, die untersucht wie "Verbindungen zwischen Kalifornien und Mexiko die Kultur beider Länder und deren Bild in der Welt geformt haben", wenn der US Präsident zu gleicher Zeit eine schmutzige, riesige Mauer zwischen den beiden Ländern plant. Die Ausstellung fokussiert vier Themenbereiche: "Spanish Colonial Inspiration", "Pre-Hispanic Revivals", "Folk Art and Crafts Traditions" und "Modernism" und zeigt um die 250 Objekte von Kreativen wie Richard Nutra, Luis Barragan, Clara Porset sowie Charles und Ray Eames. "Found in Translation" hört sich zudem nach einem perfekten Vorwand an Los Angeles zu besuchen - nur für den Fall man sollte noch einen benötigen.
"Found in Translation: Design in California and Mexico, 1915 - 1985" läuft im Los Angeles County Museum of Art, 5905 Wilshire Blvd. Los Angeles CA 90036 von Sonntag, den 17. September, bis Sonntag, den 1. April.
Die Tatsache, dass jeder dem zeitgenössischem Design, das aus Holland stammt, seine Aufmerksamkeit schenkt, verdankt sich vor allem einer Reihe an Produkten, die von Droog Design veröffentlicht wurden. Und das obwohl Droog soviel mehr ist als nur eine Designmarke, nämlich vor allem eine Plattform, ein Verleger, ein Labor - mit einem Portfolio von Produkten allerdings, die von Leuten wie Niels van Eijk, Richard Hutten, Jurgen Bey und Marcel Wanders stammen. Droog wurde 1993 vom Kunsthistoriker Renny Ramakers und dem Designer Gijs Bakker gegründet, und ist Dänisch für trocken. Der Name steht nicht nur für den Humor, der dem Droog-Portfolio eigen ist, sondern auch für den bescheidenen, unexzentrischen Ansatz des Labels. Das Centraal Museum Utrecht behauptet die weltweit größte Droog Sammlung zu besitzen, und in Anbetracht des 25. Geburtstages von Droog und dem hundertsten jener anderen holländischen Kreativbewegung, De Stijl, will das Museum nun 50 Stücke aus dem Droog-Portfolio präsentieren um dessen Geburtstag zu feiern und über die Arbeit des Labels zu reflektieren. Soweit wir wissen, hat es bisher keine größere museale Droog Retrospektive gegeben, und auch "Early Droog" hört sich nicht danach an. Allerdings hat man es bei der Ausstellung offenbar mit einem gut durchdachten Blick auf Geschichte und Gegenwart von Droog zu tun, und in der Folge dessen auch mit einer Untersuchung der Frage, an welchem Punkt sich das zeitgenössische Design in Holland befindet. Handelt es sich dabei nur um zahllose Pseudo-Droog-Imitationen oder um sinnvolle Abstraktionen und Weiterentwicklungen dessen, was Droog begonnen hat?
"Early Droog: Die frühen Jahre von Droog Design" läuft im Central Museum, Agnietenstraat 1, 3512 XA Utrecht von Freitag, den 22. September bis Sonntag, den 3. Dezember.
Normalerweise schrecken wir ja eher zurück wenn etwas in Richtung Gender Studies geht, "Frau_Architekt" hört sich allerdings nach einem interessanten und wichtigen Beitrag zur Debatte um zeitgenössische Architektur an. Dem Deutschen Architekturmuseum zufolge sind derzeit 53 Prozent aller ArchitekturstudentInnen weiblich; und diese Zahl entspricht in etwa der Situation in ganz Europa. Jedoch ist die Zahl weiblicher Architektinnen in führenden Positionen, bzw. die Zahl an Architektinnen mit globalem Renommée nach wie vor sehr gering. Unter den 39 Preisträgerinnen des Pritzker Architekturpreises finden sich nur drei Frauen - Zaha Hadid, Kazuyo Sejima und Carme Pigem. Und unter diesen dreien wurde nur Zaha Hadid solo ausgezeichnet, die anderen beiden erhielten den Preis für Kooperationen mit männlichen Architekturkollegen. Es scheint also, als sei das Y-Chromosom eine Bedingung für Architekturexpertise. Mit 22 Fallstudien von deutschen Architektinnen, angefangen mit Emilie Winkelmann, die 1907 die erste deutsche Architektin war, die ihr eigenes Büro eröffnete, will "Frau_Architekt" mit dem Y-Chromosomen Mythos aufräumen, indem historische Fakten und Entwicklungen untersucht werden. Zudem soll die Ausstellung als Plattform für eine Diskussion über die aktuelle Situation und zukünftige Szenarien dienen. Grundsätzlich erstmal in Deutschland, aber in der Folge, wie man wohl annehmen kann, auch weltweit. Und all das vollbringt die Ausstellung hoffentlich, ohne allzu programmatisch zu werden.
"Frau_Architekt – Seit mehr als 100 Jahren: Frauen im Architekturberuf" wird im Deutschen Architekturmuseum, DAM, Schaumainkai 43, 60596 Frankfurt am Main am Samstag, den 30. September eröffnet und läuft bis Sonntag, den 25.Februar.
Nimmt man an (wir zumindest neigen dazu), dass urbane Entwicklungen zugunsten derer ausfallen sollten, die in einer bestimmten Stadt/in einem bestimmten Gebiet leben, fragt man sich doch, warum dies so häufig nicht funktioniert. Warum gehen diese Entwicklungen oft so spektakulär nach hinten los? Können Architekten und Stadtplaner Räume erschaffen und verteidigen, Gemeinschaftssinn und Identität stiften? Die zudem demokratisch, nachhaltig und responsiv sind? Oder handelt es sich dabei um eine Illusion? Und eine, die oft teuer bezahlt wird? Mit der Ausstellung "Commoning Kits" will sich das Form/Design Center Malmö den Antworten auf solche Fragen nähern und versammelt zu diesem Zweck die Ideen von 13 Architekturbüros aus Schweden, Norwegen und Dänemark. Auch im Hinblick auf eine geplante Weiterentwickelung von Malmös Sege Park könnten die Resultate im besten Fall auch weltweit anwendbar sein.
"Commoning Kits" wird im Form/Design Center, Lilla Torg 9, 203 14 Malmö am Donnerstag, den 7.September eröffnet und läuft bis Dienstag, den 10.Oktober.