Während der Fokus des Ludwig Forums Aachen zeitgenössische Kunst ist, gewährt das Museum seit März dieses Jahres zeitgenössischen Künstlern und dem Projekt "LuForm" einigen Platz. Die Designabteilung erweitert damit nicht nur den Umfang des Museums, sondern bietet lokalen Designern zudem eine neue Plattform für ihre Werke.
Das Ludwig Forum für Internationale Kunst wurde 1970 von den Aachener Kunsthistorikern und, was fast noch wichtiger ist, Kunstsammlern Irene und Peter Ludwig als ein permanentes Heim für ihre Sammlung ins Leben gerufen. Eine Kollektion, die im Wesentlichen mit der amerikanischen Pop Art der 1960er Jahren begann und sich dann auf sämtliche Genres und Geografien ausweitete. Dabei ist wohl das steigende Interesse an zeitgenössischer sowjetischer und osteuropäischer Kunst seit dem Ende der 1970er besonders bemerkenswert. Und während die Sammlung des Ludwig Forums Aachen bereits um die 3000 Werke umfasst, so ist das lediglich ein Bruchteil von Ludwigs Sammlung. 1976 spendete das Paar der Stadt Köln einige Werke, was zu der Gründung des städtischen Ludwig Museums führte; später erhielt die Stadt eine Spende über 800 Picasso-Werke, was Köln zur Heimat der drittgrößten Picasso-Sammlung weltweit machte. Ähnliche, wenn auch weniger große Kooperationen haben dazu geführt, dass die Ludwig Kollektion heute in sämtlichen Städten, so beispielsweise Wien, Basel, Oberhausen und Budapest, existiert. Ihren Reichtum verdanken die Ludwigs dem Aachener Schokoladenhersteller Trumpf - Irene war die Enkelin des Gründers und nach ihrer Hochzeit 1951 stieg auch Peter in das Unternehmen ein. Er wurde Geschäftsführer der Firma und Verantwortlicher für die Erweiterung dieser in der Nachkriegszeit, die schlussendlich die Ludwig Schokolade zur Muttergesellschaft für sämtliche Firmen machte. Und so kann man zurecht behaupten, dass sowohl die Kunstsammlung der Ludwigs als auch das Ludwig Forum mit Schokoladen-Geld finanziert wurden.
Gedacht als ein sich konstant entwickelndes Schaufenster erinnert das Konzept der "LuForm" Präsentation in vielerlei Hinsicht an die Idee hinter Social-Media Plattformen oder Blogs. So wächst die Präsentation mit der Zeit: Neue Werke werden in mehr oder weniger regelmäßigem Abstand hinzugefügt, während alte Werke dementsprechend in den Hintergrund rücken. Besonders zufriedenstellend ist dabei das Konzept der Kuration, das ein Team von Kuratoren vorsieht, welches wiederum aus Stellvertretern des Ludwig Forums, der Fachhochschule Aachen und dem kreativen Netzwerk der Designmetropole Aachen besteht. Dieses Team entscheidet, welche Objekte der Präsentation hinzugefügt werden sollen. Ein Konzept, das wir wirklich begrüßen, immerhin beugt es dem Problem von einer dominierenden Ansicht vor, die dazu führen könnte, dass die Präsentation zu monochromatisch oder gar programmatisch wird. Auch Fabian Seibert, Mitinitiator der Designmetropole Aachen und Mitglied des Teams, spricht sich für die Idee aus, denn, so sagt er, man bekommt den Eindruck, dass die Treffen nicht nur eine bürokratische Formalität sind, sondern eine Diskussion der einzelnen Mitglieder über den Wert des jeweiligen Projekts. Und das Resultat ist, zumindest bisher, ein charmanter und nachdenklich-stimmender Mix aus Standpunkten, Herangehensweisen und Genres, der neben Möbeln auch Beleuchtung, Schmuck, Grafiken, Kommunikationsdesign und Modekollektionen beinhaltet. Diese Werke stammen aus der Feder von Designern, die direkt aus der niederländisch/belgisch/deutschen Region rund um Aachen oder ihrem Umfeld stammen. Ein wirklich zufriedenstellende Feststellung in unserem paranoiden, nationalistischen Zeitalter der universellen Kreativität. Ja, sogar Menschheit.
Die Vorgehensweise der Kuratierung führt zudem dazu, dass "LuForm" einem Sammelsurium an zusammenhangslosen Objekten gleicht. Objekte, die bis auf ihre geografische Verbindung nichts gemein haben und die somit den Eindruck vermitteln, dass das Forum eher eine Präsentation als eine Ausstellung ist. Was der Grund dafür ist, warum wir das Wort "Ausstellung" bis jetzt noch nicht verwendet haben. Demnach ist ein Besuch des "LuForm" eine sehr persönliche Erfahrung. Es geht nicht explizit darum etwas zu lernen, bis auf das, was man selbst von den Objekten mitnimmt, sei es von ihrer Genesis, ihrer Form, ihrer Position, ihrer raison d'être, oder von ihrer Verbindung zu einem selbst. Und es gibt bei weitem genug Varietät, Kontraste und Meinungen in der Präsentation, die eine höchst unterhaltsame und tiefgehende Konversation möglich machen. Was uns angeht, so haben wir durch das "LuForm" einige Designer und Projekte kennengelernt, die wir früher oder später noch einmal verfolgen werden. Es ist also keine schlechte Idee diesen Blog im Auge zu behalten...
Wenn wir etwas beanstanden müssten, dann wäre das die eindimensionale Präsentation der Objekte. Während wir das Konzept sehr schätzen, so kommt die Realisierung doch etwas zu kurz. Obwohl wir die mobilen Bühnen, die es ermöglichen, die Objekte zu verschieben, verstehen und auch mögen, wären doch unterschiedliche Höhen dieser Bühnen gut gewesen, um den Raum etwas aufzulockern und visuelle Spannungen zu erzeugen. Die Objekte selbst können das nicht, und das sollten sie auch nicht. Auch die Wände könnten besser genutzt werden. Irgendetwas, um den Eindruck zu vermeiden, man würde sich in dem Requisitenfundus eines Filmstudios befinden. Was nie ein guter Eindruck ist. Auch nicht wenn man die Leitung über diese Requisiten hat. Bei unserem Besuch war es warm und die Sonne hat alles in ein warmes, lebendiges Gesicht getaucht. Wir nehmen mal an, dass es an einem dunklen Februarmorgen anders aussieht.
In Museen sollte es nicht ausschließlich darum gehen Kollektionen zu erhalten, zu katalogisieren und auszustellen, sondern auch (vielleicht sogar vor allem) darum, Platz und Zeit für Entdeckungen, Diskussionen und neue, zeitgenössische Ideen zur Verfügung zu stellen. Mit "LuForm" bietet das Ludwig Forum eben genau das: Eine sehr gut durchdachte, zugängliche und verständliche Präsentation. Der grenzenlose Ansatz dahinter ist, wie bereits erwähnt, besonders willkommen. Während das Konzept des "LuForm" ein schier unendliches Schaufenster ermöglicht und auch keine zeitliche Begrenzung vorsieht, so gibt das Ludwig Forum in seinem Zuhause der ehemaligen Schirmfabrik von Emil Brauer doch gewisse räumliche Einschränkungen vor, sodass es irgendwann einfach keinen Platz für weitere Ausstellungsobjekte geben wird. Gebäude, genauso wie Schirme, haben eben nur eine begrenzte Spannweite. Die Frage, die sich ergibt ist also: Was passiert dann? Was passiert mit den Objekten für die es keinen Platz mehr gibt? Unsere Antwort wäre, dass das Ludwig Form die Arbeiten als Grundlage für eine Designerkollektion kauft. Somit wäre das "Design Department" nicht nur impliziert sondern tatsächlich greifbar. Dadurch würde das Museum ein neues Kapitel in seiner Geschichte aufschlagen und einen neuen Fokus auf zeitgenössische Kunst in dem Geburtsort eines anderen berühmten Ludwig setzen. Kein anderer Ludwig als Mies van der Rohe ist immerhin in Aachen geboren. Und mal ganz abgesehen davon: Warum sollten all die Künstler die Schokoladenmünzen bekommen? Designer werden auch hungrig.
"LuForm" kann im Ludwig Forum für Internationale Kunst, Jülicher Straße 97-109, 52070 Aachen besucht werden. Alle Details unter: http://ludwigforum.de .