Dass das Sommerloch auch vor Ausstellungseröffnungen keinen Halt macht, ist uns durchaus bekannt. 2017 erreicht dieses Loch jedoch neue Ausmaße und so können wir statt der sonst üblichen 5 lediglich 4 neue Ausstellungen vorstellen. Entweder geht die globale Museumswelt davon aus, dass wir uns alle am Strand befinden und uns folglich nicht für einen Gang in‘s Museum interessieren oder aber sie rechnet mit dem Ende der Welt im kommendem September, sodass die Eröffnung neuer Ausstellungen schlichtweg kein Sinn machen würde. Es ist alles ein großes Rätsel. Nichtsdestotrotz sind wir durchaus interessiert. Außerdem braucht es doch etwas mehr als die Androhung einer baldigen Apokalypse, um uns von einer interessanten Ausstellung abzuhalten. Unsere Empfehlungen für den August 2017 sind Ausstellungen in Zürich, Kopenhagen, Moskau und Weimar.
Wir werden niemals müde zu betonen – wer unsere #campustour verfolgt, bekommt es immer wieder zu hören –, dass Design ein Prozess ist. Oftmals ein langer Prozess und/oder eine Reihe von Prozessen, die mehr als ein bisschen Experimentierfreude, Intuition und Glück verlangen. So war es immer und so wird es immer sein. Lediglich die Werkzeuge, die Materialien, der soziale sowie der kulturelle Kontext werden sich ändern.
Mit der Ausstellung „Design Studio: Processes“ versucht das Museum für Gestaltung in Zürich „Design“ durch repräsentative Konstruktionsprozesse zu erklären. Dazu wurden 28 Projekte aus den Bereichen der angewandten Künste sowie Produkt-, Textil- und Kommunikationsdesign ausgewählt. Diese werden im Rahmen ihres Entstehungsprozesses diskutiert; dabei finden sich unter anderem Werke von Designern wie William Morris, Jörg Bonner oder auch Konstantin Grcic. Doch nicht nur bestehende Konstruktionsprozesse sollen entdeckt werden: Das „Design Studio“ verspricht auch die Präsentation von fünf Szenarien, die die Prozesse der Zukunft darstellen könnten. Szenarien, die neben der Erklärung, wie zukünftige Designer möglicherweise arbeiten werden, auch den ein oder anderen Hinweis darauf geben, welche Art von Projekten dadurch entstehen könnten.
„Design Studio: Processes“ wird am Freitag, den 25. August im Museum für Gestaltung in Zürich eröffnet. Zu finden ist dieses im Toni-Areal an der Pfingstweidstrasse 96, 8005 Zürich. Die Ausstellung läuft bis zum 15. Juli 2018.
Auf den ersten Blick mag sich diese Ausstellung nicht wie die umfangreichste Ausstellung, die in diesem Jahr eröffnet, anhören. Aber mit – um es mit den Worten des Museums zu sagen – der Pop-Up Ausstellung "Alvar Aalto. Paimio Sanatorium” verspricht das Designmuseum Dänemark einen interessanten und informativen Fokus auf Schlüsselmomente in der Karriere des finnischen Designers und Architekten Alvar Aalto zu werfen. Was in vielerlei Hinsicht auch Schlüsselmomente in der Geschichte des Möbeldesigns sind.
Schwerpunkt und wenn man zwischen den Zeilen liest auch Motivation der Ausstellung sind zwei original Paimio Stühle, die dem Museum gehören: Zwei Stühlen, die nicht nur widerspiegeln, wie Aalto das Paimio Sanatorium gemäß den Bedürfnissen seiner Bewohner verbessern wollte, sondern auch seinen Versuch den Modernismus zu vermenschlichen, indem er sich weg von den gebogenen Stahlrohren der Funktionalisten und hin zu wärmeren Materialien bewegt. Und dabei die Fundamente für die Wiederbelebung von Formsperrholz als ein wichtiges Material im Möbeldesign legte. Neben den beiden Stühlen bietet das Museum auch Materialmuster, Skizzen und Fotografien, die die Geschichte rund um das Paimio komplementieren und erweitern sollen.
„Alvar Aalto. Paimio Sanatorium” im Designmuseum Dänemark, Bredgade 68, 1260 Kopenhagen öffnet am Freitag, den 25. August 2017 und schließt am Sonntag, den 10. Dezember 2017.
Es verstößt wahrscheinlich gegen jede Definition einer Designausstellung, aber es involviert russische Hippies der 1950er Jahre und so ist es wohl akzeptabel, wenn wir deswegen eine Ausnahme machen. Im Russland der Nachkriegszeit war der Zugang zu jeglicher Kultur der Kontrolle des Staates unterworfen: Offizielle Sittenrichter haben nicht nur darüber entschieden welche Literatur, Kunst und Theaterstücke von der Bevölkerung konsumiert werden dürfen, sondern auch welche Musik. Das betraf vor allem die dekadente, westliche, un-sowjetische und nicht zuletzt amerikanische Musik – Jazz, Rock’n’Roll und im Prinzip jede Form der progressiven Musik. Soweit zu den offiziellen Vorschriften. Es ist nichts Neues, dass alles Verbotene einen Untergrundmarkt mit sich bringt. Während der 1940er und 1950er Jahre war der russische Markt geprägt von Röntgenfilmen mit deren Hilfe verbotene Platten ihren Weg in und durch das Land fanden.
Der Begriff „Bone Music“ (Knochenmusik) oder „Music on the Ribs“ (Musik auf Rippen) ist inspiriert von den Knochen, die jede CD schmückten, um den Schein, dass es sich dabei um einen Röntgenfilm handelte, aufrechtzuerhalten. Und so, lange bevor die Anhänger des Death Metals auf die Idee kamen Schädel auf ihre Platten zu drucken, haben langhaarige, rebellische Russen Platten gelauscht, die nicht nur Schädel auf sich trugen, sondern auch Oberschenkelknochen, Schulterblätter und Rippen. Heutzutage würde man das wahrscheinlich „Upcycling“ nennen – und ja, wenn wir ehrlich sind, warten wir nur darauf, dass Hipster-Flohmärkte und -Messen diesen Trend für sich entdecken. Damals war es noch eine Notwendigkeit und zudem äußerst gefährlich. Mal ganz davon abgesehen, dass hinter dieser Idee enormer Einfallsreichtum steckt, dass der Gedanke etwas wiederzuverwenden, was sonst in den Müll gewandert wäre, immer ein guter ist und, dass die Produktion und das Equipment für die Weiterverbreitung der Platten bestimmt nicht einfach zu beschaffen waren, ist die Geschichte der „Bone Music“ eine Geschichte von Risiken und jenen, die bereit sind diese einzugehen, um soziale und kulturelle Fortschritte zu leisten. Als eine Wanderausstellung, die vom Londoner X-Ray Audio Projekt initiiert wurde, war “Bone Music” bereits in einer stattlichen Anzahl von Städten. Der Halt der Ausstellung in Moskau bringt jedoch eine besondere Bedeutung mit sich, vor allem aufgrund der eingegangen Risiken und dem daraus resultierenden sozialen und kulturellem Wandel.
„Bone Music“ eröffnet im Garage, 9/32 Krymsky Val st., 119049 Moskau am 14. August und läuft bis zum 5. Oktober 2017.
Als einer der ersten Lehrer des Bauhaus Weimar war Gerhard Marcks auch einer der führenden Protagonisten der dominierenden Idee, Kunst und Handwerk miteinander zu verbinden, um so neue Formsprachen, neue Verbrauchsgegenstände und neue Kunst zu schaffen. Außerdem war er einer der einflussreichsten und am besten vernetzten Künstler seiner Generation.
Mit der Ausstellung „Wege aus dem Bauhaus. Gerhard Marcks und sein Freundeskreis“ will das Neue Museum Weimar weniger Marcks eigenes Œuvre, sondern viel mehr den Kontext seiner Arbeiten zeigen. Dadurch sollen Marcks Werke, aber auch die Legenden rund um das Bauhaus, die weit über Gropius, Breuer und wie sie alle heißen, reichen, in neues Licht gerückt werden. Und auch, so würden wir meinen, neues Licht auf die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, an der Marcks als Lehrer und Rektor tätig war, werfen. Alles in allem verspricht „Wege aus dem Bauhaus“ ein weiterer interessanter Beitrag zu dem zunehmend populären Verständnis des Bauhauses als Institution, deren 100. Geburtstag immer näher rückt, zu werden.
"Wege aus dem Bauhaus. Gerhard Marcks und sein Freundeskreis" eröffnet im Neuen Museum Weimar, Weimarplatz 5, 99423 Weimar am Donnerstag, den 17. August und läuft bis Sonntag, den 5. November 2017.