Die Ausstellung beginnt mit oben genanntem Buch "Lessons on Object" der Pestalozzi-Pädagogin Elizabeth Mayo beziehungsweise mit einer transportablen Ausstellungsbox, die sie in Verbindung mit dem Buch benutzte und die Proben einer großen Bandbreite von überwiegend natürlich vorkommenden Objekten und Materialien beinhaltete. "Object Lessons" geht daran anknüpfend lebhaft dazu über, deutlich zumachen wie sich Funktion und Relevanz des Materialwissens und dessen Vermittlung im Kontext der industriellen und kapitalistischen Ausdehnung verändert haben und welche Rolle ihnen im frühen 20.Jahrhundert in den ersten Museen für Angewandte Kunst zukam. Damals ging es vor allem um die Kenntnis neuerer, exotischer Materialien. Mit dem Werkbundkoffer gelangt die Ausstellung schließlich zum Werkbund selbst. Dabei handelt es sich um eine Lehrvorrichtung, die der Werkbund entwickelt hat, und die während der 1950er und 1960er Jahre an Schulen verliehen wurde, um Schülern dabei zu helfen die Verbindung zwischen Form, Funktion und Material anhand beisipielhafter - vom Werkbund als gut designt befundener - Objekte zu verstehen. Dieser Werkbundkoffer funktionierte also ähnlich wie Elizabeth Mayos Ausstellungsbox, legte den Fokus allerdings auf zeitgenössisches Design anstatt auf grundlegendes Materialwissen. Die historischen Objekte aus dem originalen Werkbundkoffer werden in der Ausstellung durch Objekte ergänzt, die wie wir annehmen heutzutage in einem solchen Koffer zu finden wären.
Die Entwicklung der Menschheit ist eng verknüpft mit der Kenntnis von Materialien, ihren Eigenschaften und ihrem Potential: Steinzeitalter, Eisenzeitalter und Bronzezeitalter sind nur die naheliegendsten Belege dafür. Hinzu kommen auch Bereiche, die bei der Entwicklung unserer heutigen globalisierten Welt eine wichtige Rolle gespielt haben, beispielsweise Medizin, Transportwesen oder Kriegsführung - Bereiche, die vom zunehmenden Wissen um Materialien, deren Wesen und Eigenschaften fundamental abhängig sind.
Ein zweiter wichtiger Vergleich zwischen heute und damals bietet sich an, wenn man bedenkt, was "Lessons on Objects" genau beschreibt. Als Buch war Lessons on Objects gedacht für Kinder zwischen 6 und 8, die die Pestalozzi-Schule von Elizabeth Mayo und ihrem Bruder Charles besuchten, und umfasste Beschreibungen von Objekten wie dem Ei, der Kerze oder der Schiefer - einfache Dinge aus unserem täglichen Leben also.
Genau jene Alltagsgegenstände also, zu denen wir in unserer heutigen Zeit bei all den verarbeiteten, veredelten, temporären Materialien und Instantprodukten zunehmend den Kontakt verlieren. Das betrifft nicht nur das Verhältnis zu natürlichen Materialien, sondern vor allem zu Produkten, Kleidung etc. ... Sieht es gut aus? Ist es billig? Ist es modisch? Ist es standesgemäß? Ist die Farbe schön? Heute sind solche Fragen viel zu wichtig, als dass man sich in die Produktionsprozesse vertiefen und dem Wesen und den Eigenschaften eines Materials auf den Grund gehen würde.
Und dennoch: fragt man woher Objekte kommen, aus was sie bestehen und wie sie verarbeitet sind, verbessert sich nicht nur unser Verhältnis zu den Dingen und deren Wert, es wird uns auch möglich informierte Entscheidungen bezüglich eines Objektes zu treffen, vor allem wenn es um Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Notwendigkeit geht. Das macht uns wiederum zu verantwortungsvolleren Konsumenten bzw. Nicht-Konsumenten.
Object Lessons stellt unter Beweis, dass weniger manchmal mehr ist - in diesem konkreten Fall, dass Dank des enger gefasster Rahmens, der Ausstellungsbesuch zu einer lohnenderen Erfahrung wird. Der präzise Fokus der Ausstellung führt dazu, dass man trotz der hohen Anzahl an Objekten und relativ viel Text nie überfordert ist. Die Ausstellung verliert so weder ihre Richtung noch die Aufmerksamkeit der Besucher, was bei breiter angelegten Ausstellungen häufig der Fall ist.