Jedes Mal, wenn wir in Mailand sind - sei es für die Milan Design Week oder einfach um die Stadt mal ohne die Scherereien der Design Week zu erleben - ertappen wir uns vor dem Rossignoli Fahrradladen auf dem Corso Caribaldi. Ein Imperium, das von seiner Geschichte, die bis ins Jahr 1900 zurückgeht, geradezu überquillt, uns schon lange fasziniert und unsere Fantasie beflügelt und dennoch ein Geschäft bleibt, das wir nie geschafft haben zu betreten. Einen ausschlaggebenden Anlass dazu lieferten uns in diesem Jahr Studenten der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart mit ihrer Ausstellung Più di Pegoretti.
Für die in Zusammenarbeit mit dem in Verona ansässigen Meister-Fahrradbauer Dario Pegoretti realisierte Ausstellung entwickelten Studenten der Industriedesignklasse von Uwe Fischer und der Klasse für Kommunikationsdesign von Hans-Georg Pospischil 15 fahrradähnliche Produkte. Produkte, die im Rahmen der Design Week 2016 bei bzw. genau genommen in den Fenstern von Rossignoli Milano präsentiert wurden.
Wie bei den meisten Studentenprojekten zeigt die Ausstellung eine gesunde Mischung von Arbeiten unterschiedlicher Qualität und wie bei den meisten Studentenprojekten sind die Endresultate unbedeutender verglichen mit dem individuellen Arbeitsprozess, in dem sich die Studenten der Aufgabe angenähert haben. Interessant ist, auf welche Art und Weise das Thema recherchiert und anschließend aus einer Idee ein Produkt wurde - und welche Erfahrungen man dabei macht.
Abgesehen von solchen Überlegungen gab es natürlich auch das ein oder andere Produkt, das unsere Aufmerksamkeit ganz besonders auf sich ziehen konnte. Vielleicht am wichtigsten: die Lenkertasche von Louis Michel und Silvio Rebholz, das Kurzzeitschloss im Lenker von Leonie Schimmeyer und Patrick Nagels und Marvin Ungers Fahrradständer, ein Objekt, das dem eher uninteressanten, ziemlich trivialen Vorgang des Fahrradverstauens eine wunderbar aufgeblasene, postmoderne Monumentalität verleiht.
Wie unsere treuen Leser wissen werden, sind wir keine Anhänger des Fahrradkults; für uns ist ein Fahrrad weder ein Fashion- noch ein Trendartikel. Fahrräder sind ein Fortbewegungsmittel, das es nicht nur schon seit Jahrzehnten gibt, sondern das seit fast genauso langer Zeit zur Demokratisierung unserer Gesellschaft beiträgt.
Glücklicherweise haben das die ABK Studenten offenbar ähnlich gesehen und so ist das Resultat eine Sammlung von Kleidungstücken und Accessoires, die zwar zeitgenössische Objekte und begehrenswerte Produkte sein wollen, denen es aber grundsätzlich vor allem darum geht das Fahrradfahren als solches zu verbessern - sei es durch verbesserte Funktionalität, durch die Verarbeitung moderner Technologie, oder wie im Falle von David Gebka und Freia Achenbachs Windjacke durch eine Spur Humor und Selbstdarstellung für die tägliche Fahrt zur Arbeit. Diese Windjacke schreit schon fast, dass sie cooler aussieht als alle anderen und nimmt den Fahrradfetischisten so den Wind aus den Segeln.
Alle Details zu Più di Pegoretti und den Projekten gibt es auf www.piudipegoretti.com.