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Möbelmesse Mailand 2016: Top Five!


Veröffentlicht am 20.04.2016

Auf der Mailänder Möbelmesse Salone del mobile fünf herausragende Produkte auszusuchen, ist für den normalen Beobachter eine nahezu unmögliche Aufgabe, so hoch ist die Anzahl der Kandidaten. "Wie", fragt unser normaler Beobachter, "könnt ihr nur fünf auswählen?!?!"

Auf der Möbelmesse Mailand fünf herausragende Produkte auszusuchen ist aber auch für den erfahrenen Besucher eine nahezu unmögliche Aufgabe, weil die Mehrheit der ausgestellten Produkte alles andere als herausragend ist. Und ältere, etablierte Produkte kommen für diese Kolumne nicht in Frage.

Genau dafür war die Möbelmesse in Mailand 2016 ein hervorragendes Beispiel: Die Mehrheit der neuen Produkte hat uns nicht überzeugt. Viele der Hersteller, von denen man einen freudigen Schauder hätte erwarten können, brachten wenig mehr als ein freundliches, wenngleich wissentlich entschuldigendes Lächeln auf.

Das bedeutet nicht, dass die ausgestellten Objekte nicht gut, interessant oder berechtigt waren. Das waren sie häufig, nur stachen sie selten heraus.

Dennoch gab es einige ausgezeichnete Produkte, hier sind unsere Top Five von der Möbelmesse Mailand 2016*

Officina Lounge Chair von Ronan & Erwan Bouroullec für Magis

Auf der Mailänder Möbelmesse 2016 enthüllte Magis eine umfangreiche Erweiterung der Officina Kollektion von Ronan und Erwan Bouroullec, inklusive des Officina Lounge Chairs. Das Objekt stellt für uns die endgültige Verkörperung der Ideen dar, die im Officina Armchair enthalten sind. Versteht uns nicht falsch, wir sind große Fans des Officina Armchairs. Mit der zusätzlichen Breite, den übertriebenen Proportionen und der Kombination aus Leder und Schmiedeeisen ist der Officina Lounge Chair für uns eine natürlichere, harmonischere Konstruktion als der kompakte Armchair. Außerdem hat er etwas Ursprüngliches, fast Bestialisches an sich, wenn auch etwas von einer gezähmten Bestie. Das macht ihn für uns zu einem sehr logischen und ansprechenden Objekt.

Officina Lounge Chair by Ronan & Erwan Bouroullec for Magis, a sseen at Milan Furniture Fair 2016
Officina Lounge Chair von Ronan & Erwan Bouroullec für Magis, gesehen auf der Möbelmesse Mailand 2016

Stool 01 von Studio Daphna Laurens

Der raffiniert benannte Stool 01 ist keineswegs ein neues Design, denn er gehörte zu dem Beitrag des Designstudios Daphna Laurens aus Eindhoven zur Vienna Design Week Passionswege 2012. Für uns ist er heute aber noch genauso frisch und aufregend, wie er es schon damals in Wien war. Wir finden auch wirklich, dass mehr Menschen ihn kennenlernen sollten. Die Attraktivität liegt für uns in der Mehrdeutigkeit, die dem Objekt innewohnt. Im Wesentlichen ein ganz simpler Hocker, ist der Stool 01 alles andere als das; er enthält keine klaren Hinweise, wie oder wo man ihn nutzen kann. Das liegt an euch. Intensiviert wird dies durch die Tatsache, dass der Stool 01 als Objekt nicht nur zur Interaktion auffordert, sondern ständig neue Facetten seines Charakters enthüllt und neue Möglichkeiten aufzeigt, die abhängig davon sind, wie man an ihn herangeht. In den letzten Jahren haben wir den Stool 01 bei zahlreichen Gelegenheiten und an vielen Orten gesehen und wissen doch noch nicht, wie man auf ihm sitzen soll. Es handelt sich nicht um einen einfachen Hocker, sondern um ein sehr erfreuliches und bereicherndes Objekt aus dem Bereich Produktdesign.

Stool 01 by Studio Daphna Laurensas seen at Salone Satellite, Milan Furniture Fair 2016
Stool 01 von Studio Daphna Laurens gesehen bei Salone Satellite, Möbelmesse Mailand 2016

866 F Schaukelstuhl von Lydia Brodde, Thonet Design Team für Thonet

Das Genre Schaukelstuhl wird größtenteils durch die klassische "Windsor"-Spindel-Form definiert, oder auch von seinem quadratischen Cousin, wie man ihn klischeehaft auf der durchschnittlichen amerikanischen Veranda findet. Oder es ist eine fürchterliche zeitgenössische Abscheulichkeit, die in dir den Wunsch nach einem neuen Gesetz weckt, das den Verantwortlichen lange Gefängnisstrafen auferlegt. Dazwischen gibt es nicht so viel. Der  recht neue Schaukelstuhl 866 F von Thonet bietet eine Alternative. Als Erweiterung von Thonets 860-Programm von Lydia Brodde aus dem Thonet Design Team profitiert der 866 F nicht nur von der gut durchdachten und exzellent proportionierten Form der 860-Kollektion, sondern auch von Thonets langjähriger Erfahrung mit Schaukelstühlen. Michael Thonet war für zahlreiche Schaukelstuhldesigns verantwortlich, wobei er Zeit und Mühe in die Entwicklung der filigranen Bugholzstrukturen investierte und zusätzlich stark auf die Radien der Schaukelstühle achtete. Sorgfältiges Forschen in den Thonet Archiven und Werkstätten hat ergeben, dass es basierend auf dieser Tradition eine bestimmte Krümmung gibt, die ein stabiles, sicheres und besonders erfreuliches Schaukeln ermöglicht.

866 F Rocking Chair by Lydia Brodde, Thonet Design Team for Thone, as seen at Milan Furniture Fair 2016
866 F Schaukelstuhl von Lydia Brodde, Thonet Design Team für Thonet, gesehen auf der Möbelmesse Mailand 2016

FRAM3 von Anna Weber

FRAM3 war für uns eine dieser klassischen Messeerfahrungen. Wir liefen um den Stand herum, an dem Anna Weber von der Burg Giebichenstein ihre Arbeit ausstellte und unsere Aufmerksamkeit wurde geweckt, warum, wissen wir nicht. Und so konnten wir uns auch nicht entscheiden, ob es uns gefiel. Wir dachten, dass wir es wahrscheinlich schon mochten und machten ein paar Fotos. Fernab von der Intensität der Messe mit Raum und Zeit zum Nachdenken entschieden wir, dass wir es mochten und es uns noch immer gefällt. Oder uns gefiel/gefällt besonders eine Konfiguration von FRAM3. Wie der Name verrät, ist FRAM3 ein Metallrahmen, der in einer von drei Positionen genutzt werden kann. Der rechteckige Rahmen hat drei Höhen, abhängig davon, welche Seite die Basis bildet. Eine Reihe austauschbarer Einsätze macht aus FRAM3 ein praktisches Sideboard, einen Tisch, etc.....es war der Metalleinsatz mit Vertiefung zur Aufbewahrung von Büchern, der unsere Aufmerksamkeit weckte. Ja, wir wissen schon. Staub. Wenn ein Buch zu lange dort liegt, wird es staubig. Dann lässt man es eben nicht so lange dort liegen. Das Leben ist einfach. Nutzt es als vorübergehende Aufbewahrungsmöglichkeit für Bücher, zum Beispiel im Flur, in der Küche, im Wintergarten oder im Büro. Und nicht nur für Bücher. Der Rand an der oberen Fläche sorgt dafür, dass kleine Gegenstände sicher darauf abgelegt werden können und der Einsatz bietet vorübergehend Platz für Schals, Jutebeutel, kleine Päckchen, Hundeleinen etc., etc., etc. Oder für Bücher. Zusätzlich zu seiner erfreulichen Funktionalität ist FRAM3 auch in ästhetischer Hinsicht ein gelungenes Objekt. Es ist reduziert, ohne unnötig filigran zu sein und zeigt seinen robusten Charakter, ohne grob zu sein.

FRAM3 by Anna Weber, as seen at Salone Satellite, Milan Furniture Fair 2016
FRAM3 von Anna Weber, gesehen bei Salone Satellite, Möbelmesse Mailand 2016

Ulisse Daybed von Konstantin Grcic für ClassiCon

Einer der schönen Aspekte an Konstantin Grcics Arbeiten ist, dass man nie weiß, wohin sie ihn als Nächstes führen werden: etwas schamlos, wenngleich kompetent Kommerzielles; etwas in künstlerischer Richtung; etwas, das neue Formate entdeckt, Horizonte erweitert und so das Vokabular des Möbeldesigns bereichert; oder etwas, das den Schreiner Konstantin Grcic repräsentiert. Das Ulisse Daybed für ClassiCon ist ein wunderbares Beispiel für letzteren Punkt. Das Objekt präsentiert sich in einer unkomplizierten, reduzierten Formensprache und seine Neigemechanik bereitet wahre Freude. Es ist im Wesentlichen eine sehr einfache, beinahe grundlegende Schreinerlösung eines funktionalen Problems und dennoch eine von logischer Effizienz, die unbestreitbar industrieller Art ist. Ulisse ist ein hervorragend umgesetztes Objekt des Schreinerhandwerks und nimmt, wie so viele von Grcics Arbeiten, Bezug auf zahlreiche historische Objekte. Außerdem bietet es eine neue Interpretation von Eleganz und Funktionalität, für die die Produkte anerkannt werden und beliebt sind.

Ulisse Daybed by Konstantin Grcic for ClassiCon, as seen at Milan Furniture Fair 2016
Ulisse Daybed von Konstantin Grcic für Classicon, gesehen auf der Möbelmesse Mailand 2016

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