Design | Hersteller | Interview | Thonet
Mit den Arbeiten des Berliner Designers Uli Budde traten wir erstmals in Kontakt, als wir sein “Reading Table”-Projekt auf der Designers Fair 2010 in Köln sahen. Als herrlich einfaches Objekt kombiniert Reading Table Tischplatte und Zeitschriftenhalter in einer Weise, die ebenso schmerzhaft einleuchtend wie genial ist. So ein einfach zugängliches, zeitgemäßes Objekt, dass der Fakt, dass kein Hersteller es bisher in Produktion gebracht hat, eines dieser Mysterien des Designs ist, die uns nachts so oft wachhalten.
Nach dem Beginn seines Designstudiums an der FH Potsdam zog Uli Budde 2003 nach Eindhoven, um dort ein Austauschsemester an der Designhochschule zu absolvieren, ein Semester, das sich zu einem sechsjährigen Aufenthalt in Holland entwickelte, inklusive zwei Jahren in Rotterdam bei Hella Jongerius, anfangs als Praktikant und später noch einmal als Mitarbeiter. Während er in Holland war, gründete Uli Budde auch das Studio Officeoriginair mit dem holländischen Designer Ivan Kasner, ein Weg, durch den das Duo zahlreiche Produktdesignprojekte realisierte, hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, kleinere Haushaltsgegenstände und Accessoires.
2009 kehrte Uli Budde nach Deutschland zurück und gründete sein eigenes Studio in Berlin, von wo aus er Lichtdesignprojekte wie die Hazy Day für marset und kürzlich die Lampe KUULA kreierte, in Kooperation mit Thonet und dem deutschen Leuchtenhersteller Oligo. Für uns war und ist ein besonderes Highlight aus Uli Buddes Portfolio die Kette Unfold, die er für A.E Koechert im Rahmen des Passionswege Programms 2011 auf der Vienna Design Week entwarf. Auf der Suche nach einer neuen Darstellung des klassischen Diamanten vom Juwelier kreierte Uli Budde eine gegossene, 18 Karat Gold Nachbildung eines auseinandergefalteten Diamanten; und wandelte damit dieses beständigste und mystischste Luxusobjekt um in etwas Vergängliches, Zerbrechliches und Entblößtes.
Wir trafen uns mit Uli Budde, um über Eindhoven zu sprechen, den derzeitigen Designmarkt und Berlin als kreative Stadt, begannen jedoch wie immer mit der Frage, was ihn zum Design geführt hat…
Uli Budde: Ich denke, es war der Wunsch, kreativ zu arbeiten, Dinge herzustellen und vor allem, etwas von einer Idee in etwas Greifbares zu übersetzen. Seit recht jungen Jahren interessierte ich mich für Produktdesign und Architektur, bewarb mich fürs Studium in beiden Bereichen, wurde bei beiden akzeptiert, aber entschied mich dann schlussendlich für Produktdesign, weil ich die Proportionen und die Dimensionen für angenehmer, praktischer und interessanter hielt.
smow blog: Anfangs hast du in Potsdam studiert, hast aber trotzdem dein letztes Semester an der Designhochschule Eindhoven verbracht und dort deinen Abschluss gemacht, können wir daraus folgern, dass Potsdam dir nicht so gefiel, oder…?
Uli Budde: Nein, Potsdam war an sich sehr gut, allerdings war ich erpicht darauf, ein Semester im Ausland zu verbringen. Ich informierte mich darüber, welche Schulen positive Aufmerksamkeit auf sich zogen und das Konzept in Eindhoven interessierte mich, hauptsächlich weil es so eine andere Herangehensweise als in Potsdam war. Und als ich dann erstmal in Eindhoven war, wurde mir klar, dass es mehr als eine Art gibt, Design zu studieren und mehr als eine Perspektive auf das Thema und das war eine sehr positive Erfahrung für mich. Und rückblickend bin ich froh, dass ich beide Erfahrungen gemacht habe und ich denke, ich habe Aspekte von beiden angepasst und kombiniert.
smow blog: Und hast du Eindhoven als kreative Stadt kennengelernt, oder…?
Uli Budde: Ja, ich empfand es als sehr kreative Stadt und ich glaube, das ist heute noch mehr so als es damals war, denn die Stadt hat es erfolgreich gelöst, die Studenten zu behalten, nachdem sie ihren Abschluss gemacht haben. Dieser Prozess begann ungefähr zu der Zeit, während der ich dort war, als die Stadt anfing, sich aktiv zu fragen, warum sie all das kreative Potential gehen ließen und fragten, wie man sie dort behalten könnte, sie davon abhalten könnte, nach Rotterdam oder Amsterdam zu ziehen und daraufhin entschieden, Ateliers und Wohnungen verfügbar zu machen und das zu bezahlbaren, realistischen Preisen. Das hatte den Effekt, dass viel mehr Absolventen in der Stadt blieben und ich glaube, dass die Stadt davon profitiert hat.
smow blog: Du bist natürlich einer dieser Eindhoven-Absolventen, der nach Rotterdam gezogen ist. War diese Entscheidung hauptsächlich mit dem Praktikum bei Hella Jongerius Lab verbunden, oder was überzeugte dich, nach deinem Abschluss in Holland zu bleiben…
Uli Budde: Der hauptsächliche Grund war, dass ich in Ivan Kasner in Eindhoven einen Mitstreiter gefunden hatte, mit dem die Zusammenarbeit hervorragend funktionierte, sowohl auf persönlicher als auch auf professioneller Ebene verstanden wir uns sehr gut und so entschieden wir, ein gemeinsames Studio zu eröffnen, Officeoriginair. Außerdem war es eine sehr interessante Herausforderung, noch länger in Holland zu bleiben, nicht einfach nach Deutschland zurückzukehren, sobald ich fertig war, und dann war da natürlich das Jongerius Lab, und weil alles passte war es eine ziemlich einfache Entscheidung, zu bleiben.
smow blog: Du kamst 2009 nach Deutschland zurück, Officeoriginair hat seinen Sitz immer noch in Holland, bist du daran noch beteiligt oder ist es etwas, was du hinter dir gelassen hast?
Uli Budde: Officeoriginair gibt es noch, wir arbeiten immer noch zusammen, entwickeln immer noch neue Projekte, aber mein Fokus richtet sich jetzt in Richtung meiner eigenen Arbeit unter meinem eigenen Namen. Es kommt manchmal vor, dass ich eine Idee habe, die ich hinterher passender für Officeoriginair halte als für Uli Budde, aber mein Hauptaugenmerk liegt auf meiner eigenen Arbeit.
smow blog: In dem Zusammenhang, du bist jetzt als professioneller Designer seit mehr oder weniger zehn Jahren tätig. Ist es deiner Meinung nach über dieses Jahrzehnt leichter oder schwerer geworden?
Uli Budde: Meiner Ansicht nach ist es schwerer geworden, hauptsächlich weil heute viele Unternehmen einfach nicht bereit sind, in Projekte und Kooperationen zu investieren und für die Arbeit eines Produktdesigners zu bezahlen. Außerdem gibt es zurzeit zu viele Designer für zu wenig Arbeit, was alles zu einem Unterbietungsprozess führt: Es gibt immer jemanden, der es für weniger macht, oder umsonst. Als Konsequenz verlangsamt sich der Entwicklungsprozess eines Designers, denn anstatt sich darauf zu konzentrieren, eigene Projekte und sich als Designer zu entwickeln, müssen viele Designer in anderen Gebieten nach Einkommensquellen suchen.
smow blog: Und denkst du, das ist ein Problem des Marktes, ein Problem der Branche, oder…?
Uli Budde: Meiner Meinung nach wurden die Probleme, mit denen viele Firmen zu kämpfen hatten, noch ernster nach 2008, 2009, als alles zusammengebrochen war. Es war sehr offensichtlich, dass viele Firmen unsicher wurden, unsicher, wie man am besten weitermachen sollte und daher wurde es für Designer sehr viel schwerer, vernünftige Lizenzkosten zu erheben, aber viele Hersteller entschieden, komplett an neuen Entwicklungen und den damit verbundenen Risiken zu sparen.
smow blog: Interessant, dass du das sagst, weil unser Eindruck ist, dass es immer mehr Hersteller gibt. Allerdings bedeuten mehr Hersteller nicht automatisch mehr Markt, oder…?
Uli Budde: Nicht unbedingt. Viele der neuen Hersteller wurden nach 2008 gegründet und mein Eindruck ist, dass in vielen Fällen Designer ihre eigenen Labels als Antwort auf die generelle Marktsituation gegründet haben und vor allem wegen der niedrigeren Honorare und entschieden, dass es, anstatt sich auf die paar Prozent, die bestehende Hersteller anboten zu verlassen, sinnvoller wäre, ein eigenes Label zu gründen um ein größeres Stück vom Kuchen abzubekommen.
smow blog: In deinem Fall hast du mit Officeoriginair nur mit Partnern zusammengearbeitet und auch als “Uli Budde” werden all deine Arbeiten in Kooperation mit Herstellern veröffentlicht, gab es je Überlegungen deinerseits, in die Eigenproduktion zu gehen? Oder gibt es die noch?
Uli Budde: Es gab im Zusammenhang mit Officeoriginair Überlegungen und auch mit meiner eigenen Arbeit gab es wiederkehrende Phasen, in denen ich überlegte, ob das nicht ein sinnvoller Weg wäre, aber schlussendlich habe ich mich entschieden, mich auf die Zusammenarbeit mit Produzenten zu konzentrieren, weil meine Stärke im kreativen Prozess liegt und nicht im Marketing, Vertrieb, Einkauf oder dergleichen.
smow blog: Und um noch einmal kurz auf den derzeitigen Markt zurückzukommen, wie siehst du die zukünftige Entwicklung?
Uli Budde: Ich denke, dass es, wie immer in solchen Situationen, unvermeidbare Veränderungen am Markt geben wird, einige Hersteller werden überleben und andere werden entweder verschwinden oder übernommen werden. Außerdem muss man hinzufügen, dass die Risikobereitschaft langsam wieder wächst, ich denke viele Firmen haben erkannt, dass Stagnation nichts bringt und dass sie neue Herangehensweisen finden und neue Ideen entwickeln müssen, um sich abzuheben und zu überleben. Ich denke nicht, dass die Situation so positiv ist wie vor der Krise, aber ich glaube, es gibt positive Zeichen.
smow blog: Also bedeutet das, dass es als Designer vielleicht wichtiger ist, weniger Produkte bei einem Hersteller zu haben der verkauft, und zwar regelmäßig verkauft, und demnach auch bezahlt, anstatt viele Produkte bei mehreren Partnern zu haben?
Uli Budde: Ich denke schon, aber es war möglicherweise immer schon so, dass die Arbeit mit ein oder zwei Herstellern über einen längeren Zeitraum die sicherere Option war, aber das ist ganz klar eine Luxussituation und in der Realität ist man manchmal gezwungen, es mit einem kleineren, jüngeren Hersteller zu versuchen und zu hoffen, dass dabei etwas herauskommt und dass das Produkt für längere Zeit in Produktion bleibt und nicht nach ein paar Jahren eingestellt wird. Aber ich würde auf jeden Fall sagen, es ist besser, mit nur ein paar guten Herstellern zu arbeiten, wo es eine professionelle Basis aufgrund gegenseitiger Wertschätzung gibt.
smow blog: Um mal ein bisschen das Thema zu wechseln, in deiner Zeit in Potsdam und den letzten fünf Jahren in Berlin, hast du Veränderungen in der kreativen Berliner Szene festgestellt, über das letzte Jahrzehnt etwa?
Uli Budde: Es ist definitiv professioneller geworden. Es gibt nicht nur mehr Designer in Berlin, sondern auch immer mehr, die mit großen internationalen Partnern zusammenarbeiten. Vor zehn Jahren war das nicht der Fall, damals gab es vielleicht zwei oder drei Studios, die mit guten, namhaften Unternehmen arbeiteten und das ist jetzt erheblich mehr und eine Situation, die der kreativen Szene als Ganzes in Berlin auf jeden Fall zugutekommt, denn wenn mehr Leute öfter nach Berlin schauen, kann das nur gut für uns alle sein.
smow blog: Du hast im Bezug auf deine eigene Arbeit gesagt, dass darauf jetzt dein Fokus liegt. Deine eigene Arbeit waren bisher, im Hinblick auf kommerzielle Produkte, Leuchten. Können wir in Zukunft mehr Möbelarbeiten von dir erwarten?
Uli Budde: Ja, definitiv, obwohl ich den Bereich Leuchten nicht aus den Augen verlieren will, weil es etwas ist, woran ich Gefallen finde und was aufgrund der Schnelligkeit, in der sich die Technologie entwickelt, ein spannendes Thema ist, bei dem man immer herausgefordert wird, neue Lösungen zu finden. Trotzdem möchte ich nicht nur als Leuchtendesigner gesehen werden und zurzeit sind Möbelprojekte mit guten, verlässlichen Herstellern in der Entwicklung, die in nicht allzu ferner Zukunft veröffentlicht werden sollten.
Weitere Informationen zu Uli Budde und seiner Arbeit finden sie auf www.ulibudde.com