Bevor Fritz Haller internationale Anerkennung für sein USM Möbelbausystem erlangte, war er........ ein Stahlbausystem!
Geboren am 23. Oktober 1924 im schweizerischen Solothurn, wurde der junge Fritz Haller zunächst zum technischen Zeichner ausgebildet, bevor er in verschiedenen Schweizer Architekturbüros Erfahrungen im architektonischen Bereich sammelte. Im Jahr 1948 reiste Fritz Haller nach Rotterdam, wo er ein Jahr lang in dem Büro der niederländischen funktionalistischen Architekten Willem van Tijen und Huig Maaskant arbeitete: Ein Jahr, in dem Haller klar wurde, wie viele Nachkriegsbaumaßnahmen und wie viel Wiederaufbau nötig war und es wurde ihm auch bewusst, dass konventionelle Konstruktionstechniken und -praktiken für die Aufgabe nicht ausreichten und dass, so sah er es zumindest, neue Ansätze notwendig waren. Nach seiner Rückkehr nach Solothurn im Jahr 1949 gründete Fritz Haller mit seinem Vater Bruno ein gemeinsames Architekturbüro und im Jahre 1951 gewannen die Hallers ihren ersten Wettbewerb zur Gestaltung des Erweiterungsbaus der Primarschule Wasgenring in Basel; ein Projekt, das das erste in einer Reihe vieler Schulen und öffentlicher Gebäude sein sollte, die von Fritz Haller geplant wurden. Außerdem war es ein Projekt, das viele Themen und Ansätze beinhaltete, die Fritz Hallers Gesamtwerk unterstreichen.
Fritz Haller war ebenso sehr ein Architekturtheoretiker wie ein Konstrukteur schlechthin und verbrachte in den 1960ern fünf Jahre als Gastprofessor an Konrad Wachsmanns Institut für Bauforschung an der University of Southern California in Watts, Los Angeles, wo er zum Thema systematische Konstruktionsprinzipien forschte. Einer der zentralen Aspekte in Hallers Forschung war die Frage, wie man Wasser, Elektrizität und ähnliche Versorgungstechnik am besten in Gebäude integrieren könnte und zwar so, dass, falls das Gebäude erweitert oder verkleinert werden sollte, die Versorgungstechnik ohne größeren Aufwand, Beeinträchtigungen und Kosten angepasst werden könnte. Das Forschungsthema führte zu der Entwicklung von ARMILLA, einer Software zur räumlichen Orientierung, die die Planung der Integration von Versorgungstechnik in modulare Gebäude erleichtern sollte. Später veröffentlichte Haller die Werke "Totale Stadt: ein Modell" und "Totale Stadt: ein globales Modell", in denen er seine Ideen auf Systeme und Systemdenken übertrug und zwar von Gebäuden bis hin zur bebauten Umwelt und Stadtplanung. Am 15. Oktober 2012 verstarb Fritz Haller in seiner Geburtsstadt Solothurn.
Der berühmteste Beweis für Fritz Hallers Systemdenken ist ohne Frage das USM Möbelbausystem.
Und der wichtigste Beweis für Fritz Hallers Systemdenken ist ohne Frage sein MINI MIDI MAXI Konstruktionssystem.
Die MINI MIDI MAXI Systeme wurden in den 1960er Jahren entwickelt und stellen modulare Konstruktionssysteme dar, die auf einem simplen Steckprinzip beruhen. Im Wesentlichen funktioniert MINI MIDI MAXI mit Stahlträgern, die so entworfen wurden, dass sie, genau wie es bei vielen Bausystemen für Kinder der Fall ist, einfach zusammengesteckt werden können. So ist es möglich, beliebig viele vertikale oder horizontale Bauelemente herzustellen und variable, flexible und modulare Strukturen zu schaffen. Die Modularität der MINI MIDI MAXI Systeme ermöglicht nicht nur die gewünschte Erweiterung oder Verkleinerung von Gebäuden, sondern erlaubt auch das relativ unkomplizierte Hinzufügen, Entfernen oder Neuorganisieren von Türen, Fenstern und Fassaden.
Die Unterschiede der Systeme liegen in der Größe und der Art der Konstruktionen, die realisiert werden können: Das MAXI System ist für große, eingeschossige Gebäude vorgesehen, hauptsächlich Fabriken, das beste Beispiel hierfür ist die allererste MAXI Konstruktion - das USM Werk in Münsingen in der Schweiz. Das MIDI System ermöglicht die Konstruktion von mehrgeschossigen Gebäuden mit einem hohen Grad an Versorgungstechnik, wie zum Beispiel Bürogebäude oder Schulen. Das MINI System eignet sich für kompakte ein- oder zweigeschossige Gebäude und wird so überwiegend für Wohnhäuser angewendet, wurde aber auch schon für Büropavillons und eine Bushaltestelle genutzt.
Das USM Haller Möbelbausystem kann folglich natürlich als weitere Reduktion und funktionale Entwicklung der MINI MIDI MAXI Systeme angesehen werden.
Ab 1963 vermarktete USM das MINI MIDI MAXI System als USM Stahlbausystem Haller und hatte damit auch einigermaßen Erfolg. Zusätzlich zu Hallers eigenen Werken wurden die Systeme auch von anderen Architekten verwendet: René Gassmann entwarf zum Beispiel ein Möbelgeschäft im schweizerischen Bevaix, für das er das MINI System nutzte; Max Schlup baute mithilfe desselben Systems ein eingeschossiges Haus, von dessen idyllischer Lage aus man auf den Schweizer Bielersee schauen kann und Jartschitsch & Cie nutzten das MAXI System für den Bau einer Druckerei im österreichischen Saalfelden.
Bei der Vermarktung des USM Haller Stahlbausystems in der 1960er und -70er Jahren merkte USM an, die Systeme böten "Flexibilität - zum Expandieren, Umdisponieren und zum Realisieren in Etappen", und dass man aufgrund der "raffinierten Montagemöglichkeiten, vom hohen technischen Standard und von der ausgeklügelten Mass-Struktur neue ästhetische Qualitäten, ohne Materialluxus und teure Supplements" erreichen könne. Wer mehr darüber erfahren wollte, wurde aufgefordert: "Überzeugen Sie sich selbst - am besten an realisierten Objekten - von der Leistungsfähigkeit, Flexibilität und vor allem von der Wirtschaftlichkeit dieses Systems."
Worte, die sich auch genauso auf das USM Möbelbausystem beziehen könnten. Ein Möbelsystem, das vielleicht Fritz Hallers nachhaltigstes, bekanntestes Erbe sein könnte, das aber ohne Hallers maßgeblichen Beitrag zur Forschung zu Architektursystemen des 20. Jahrhunderts nie entstanden wäre.
Und ohne ein modulares Stahlbausystem.
Happy Birthday Fritz Haller!