Wie wir hier schon oft haben verlauten lassen, ist Design unserer Ansicht nach eine Art zu denken und kein Beruf. Unsere Meinung haben wir unweigerlich mit dem Bild eines Stuhls unterstrichen, der an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle genutzt wurde, um eine Tür aufzuhalten.
Aber woran glauben Designer eigentlich? Worin besteht ihre Motivation? Was sind ihre Ziele? Woher rührt ihr Designverständnis? Warum Design?
Solche und ähnliche Fragen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung "Forum für eine Haltung" von Depot Basel, die am Freitag, den 16. Oktober in Weil am Rhein und in Basel startet.
"Eine Haltung kann zum Beispiel damit beginnen, welche Lebensmittel man kauft, welche Kleidung, welche Frisur man trägt, wie man lebt," erklärt Depot Basel Mitbegründerin und "Forum für eine Haltung"-Kuratorin Matylda Krzykowski, "und als Designer überträgt man diese Haltung dann auf seine Objekte und so dachten wir, dass es interessant wäre zu sehen, ob wir definieren können, was ein Designer ist und Design so für diejenigen verständlicher machen können, die nicht im Designbereich arbeiten.
Zu diesem Zweck werden im Rahmen von "Forum für eine Haltung" in der Vitra Design Museum Gallery in Weil am Rhein Werke von 24 zeitgenössischen Designern ausgestellt und eine Reihe ergänzender Foren im Depot Basel selbst organisiert, inklusive Workshops, Präsentationen, gemeinsamen Essen und Diskussionsrunden. Die beiden Locations liegen nur sechs Kilometer auseinander und haben so in Bezug auf "Forum für eine Haltung" nicht nur eine klare konzeptuelle Verbindung, sondern auch eine vorteilhafte physische - sogar noch vorteilhafter, seit die grenzüberschreitende Tram 8 im 10-Minuten-Takt zwischen Weil am Rhein und Basel verkehrt.
Die Ausstellung in der Vitra Design Museum Gallery wird von jedem der ausgewählten, internationalen Designer ein Projekt zeigen. Die Projekte, die zusammen mit Interviews mit den Designern nicht nur darauf abzielen, die Einstellung des Designers zu definieren, sollen vielmehr erklären, was zeitgenössisches Design ist, wie die Protagonisten zeitgenössisches Design verstehen und, insbesondere, wonach die Designer suchen.
Aber warum eigentlich nur zeitgenössische Designer? Wäre es nicht besser gewesen, wagen wir zu fragen, Designer unterschiedlicher Epochen auszuwählen und so zu betrachten, wie sich die Haltungen der Designer über die Jahrhunderte und Jahrzehnte hinweg entwickelt haben?
"Das halte ich nicht für besonders relevant", antwortet Matylda ohne jedes Zögern.
Eine Antwort, die uns in unsere Schranken weist! Wir machen kein Geheimnis daraus, dass wir sehr gern unsere Zeit damit verbringen würden - und dies auch oft sehr gern tun - uns mit den geschriebenen Werken von Peter Behrens, Adolf Loos, George Nelson oder Poul Henningsen zu beschäftigen. Aber ist das denn so furchtbar schlimm?
Nicht ganz.
Es gibt eine Generation von Designern, die an dem Fach an sich interessiert ist und zwar über das Produkt und den Markt hinaus und die Design aus einem sozialen oder kulturellen Blickwinkel betrachtet", so Matylda, "und ich denke, es ist Teil von Depot Basels eigener Haltung herauszufinden, warum sie Designer werden wollten, wie sie ihre Tätigkeit verstehen, was sie der Gesellschaft mit ihrer Arbeit geben möchten. Die Haltungen, die präsentiert werden, sind vielfältig und auch die Werke sind vielfältig, sie reichen zum Beispiel von politischen Themen über Handwerk bis hin zu neuen Materialien. Nicht alle sind unbedingt neu, aber alle beschäftigen sich mit gegenwärtigen Themen und Depot Basel hat Interesse an der gegenwärtigen Gesellschaft."
Parallel und begleitend zu der Ausstellung "Forum für eine Haltung" in Weil am Rhein finden fünf Foren statt, im Rahmen derer individuelle Themen diskutiert und Ideen ausgetauscht werden und Stellung bezogen wird und die sich an Experten und Laien gleichermaßen richten; eine Ausweitung der Ausstellung, die sehr konform mit der Philosophie von Depot Basel ist, dass Diskussionen über Design wichtig sind, oder dass zumindest die Anregung eines ehrlichen, offenen Austauschs zum Thema Design wichtig ist. Folglich und weil, wie Matylda es ausdrückt, "Workshop-Formate großartig für diejenigen sind, die daran teilnehmen, aber nutzlos sind für diejenigen, die das nicht können", hat jedes Forum ein festes Ziel und am Ende des Prozesses ist eine Veröffentlichung geplant, eine Veröffentlichung, die als nächste Stufe der Diskussion dienen soll. "Wir behaupten nicht, dass es das jetzt ist, dass diese Ausstellung und diese Foren uns definitive, finale Antworten liefern", so Matylda, " "Forum für eine Haltung" ist nur ein Anfang und könnte ein langfristiges Format für Depot Basel werden und es ist sicherlich eines, bei dem wir uns gut vorstellen können, es auch in anderen Locations und in neuen Kontexten zu präsentieren."
Nun ist es so, dass "Forum für eine Haltung" parallel zu - und physisch sogar neben - der Ausstellung "Das Bauhaus #allesistdesign" stattfindet, was natürlich die Frage aufwirft, inwiefern die beiden miteinander verbunden sind. Direkt, so sieht es zumindest Jolanthe Kugler, die Kuratorin von #allesistdesign: "Mit 'Forum für eine Haltung' hat Depot Basel ein Thema ausgewählt, das grundsätzlich Bauhaus ist. Die Frage der Haltung ist genau dieselbe wie die Frage nach der Verantwortung eines Designers, die Rolle des Designers, außer, dass die Frage nicht von außen formuliert wurde, sondern aus dem Designer heraus entsteht und so haben wir hier in vielerlei Hinsicht dasselbe Thema aus zwei verschiedenen Perspektiven." Matylda Krzykowski zufolge kann "Forum für eine Haltung" auch zusätzlich im Kontext des Ziels von #allesistdesign verstanden werden, die gegenwärtige Relevanz des Bauhauses zu erklären. "Ich denke nicht, dass das Bauhaus sich anfangs im Klaren darüber war, welche Auswirkungen es haben wird und ebenso denke ich nicht, dass sich viele Designer der Auswirkungen bewusst sind, die sie haben oder haben könnten, weil Auswirkungen Zeit und Ausdauer benötigen. Es gibt ein Konzept, aber erst die Übersetzung, die Umsetzung zeigt, inwiefern das Konzept gültig ist und ob es funktionieren kann. Und unsere 24 Designer verkörpern diese Möglichkeit, die Möglichkeiten, die zeitgenössisches Design uns bietet."
Depot Basel und das Vitra Design Museum standen in den letzten zwei oder drei Jahren in freundlichem Austausch über eine mögliche Kooperation und einerseits freuen wir uns darüber, weil das ein bisschen so ist, als würden zwei Menschen, die man wirklich mag und die so gut zueinander zu passen scheinen, endlich damit beginnen, sich zu daten, aber auf der anderen Seite sind wir ein bisschen besorgt darüber, dass das alles in Tränen enden könnte. Nicht zuletzt wegen der vorhandenen Unterschiede zwischen den beiden Institutionen: Depot Basel ist eine relativ flexible Organisation, die schnell und instinktiv arbeitet und innerhalb derer die Positionen definiert, aber nicht starr sind, im Vergleich dazu ist das Vitra Design Museum laut des Geschäftsführers Marc Zehntner "eine große, langsame, bürokratische Institution. Auch, wenn wir uns gern anders wahrnehmen!"
Folglich waren wir erpicht darauf von Matylda zu erfahren, wie sie die Zusammenarbeit wahrgenommen hat, die lachend antwortet: "Das kannst du mich einen Monat nach der Eröffnung fragen."
Sechs Kilometer und eine Tramfahrt später fragen wir Marc Zehntner dieselbe Frage und auch er antwortet lachend: "Das erzähle ich dir in etwa einem Monat."
Die Schüchternheit auf beiden Seiten ist natürlich ganz reizend, verbirgt aber ein wenig den gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung, die in Gesprächen mit allen Beteiligten zum Ausdruck kommt. Das sind beides Dinge, die, wie wir glauben, Gutes für das gemeinsame Projekt verheißen, oder wie Jolanthe Kugler sagt: "Mit seinen loseren Strukturen kann Depot Basel Dinge realisieren, die wir nicht umsetzen können und daher denke ich, dass die Kooperation für beide Seiten wirklich bereichernd sein kann. Und im Zusammenhang mit genau diesem Projekt freue ich mich wirklich darauf zu sehen, inwiefern die beiden Ausstellungen miteinander korrespondieren, sich gegenseitig widerlegen, einander provozieren. Ich bin sicher, dass es gut werden wird."
Ob das der Fall sein wird, worüber Matylda und Mark sicherlich erfreut einer Meinung sein würden, müssen wir noch abwarten.
Die Ausstellung "Forum für eine Haltung" findet in der Vitra Design Museum Gallery, Charles-Eames-Str. 2, Weil am Rhein von Freitag, den 16. Oktober bis Sonntag, den 14. Februar statt. Alle Details inklusive Öffnungszeiten gibt's auf www.design-museum.de.
Die fünf Foren finden in den Räumlichkeiten von Depot Basel, Voltastrasse 43, 4056 Basel, Schweiz statt. Das Eröffnungsforum "Solidarität" findet am Wochenende vom 16. bis 18. Oktober statt, das darauffolgende Forum "Sichtbarkeit" vom 5. bis 8. November. Alle Details inklusive Informationen zur Teilnahme und zu den folgenden drei Foren auf depotbasel.ch.