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smow Blog Interview: Margret Hoppe - du kannst als Fotograf die Wertschätzung für und das Verständnis von Architektur beeinflussen.


Veröffentlicht am 08.09.2015

Gebäude sind, logischerweise, dreidimensional. Fotografien zweidimensional. Die Herausforderung von Architekturfotografie ist, die drei Dimensionen in zwei Dimensionen zu verwandeln, sodass das Gebäude seine Identität behält, ohne dass das Foto unverständlich wird. So war es immer. So wird es immer sein. Eine aus der jüngeren Generation von Künstlern, die sich dieser Herausforderung stellen, ist die in Leipzig wohnende Fotografin Margret Hoppe. Geboren im thüringischen Greiz studierte Margret Hoppe Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und absolvierte dies mit einem Meisterschülerabschluss bei Professor Christopher Muller. Zur Zeit schreibt sie ihre Doktorarbeit an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, in der sie die Beziehung von Architektur und Fotografie am Beispiel des französischen Fotografen Lucien Hervé untersucht. Während sich Margret Hoppes Arbeit anfangs auf die Innenräume verlassener und ungenutzter Gebäude konzentrierte, liegt ihr Fokus derzeit auf Bauten des modernistischen Schweizer Architekten und Stadtplaner Le Corbusier. Zusätzlich zur Präsentation in regelmäßigen Einzel- und Sammelausstellungen haben Margret Hoppes Arbeiten zahlreiche Preise gewonnen, darunter "gute aussichten"-junge deutsche fotografie, den Marion Ermer Preis und zuletzt den Kunstpreis der Sachsen Bank 2014, und sie sind Teil von Sammlungen einer beeindruckenden Liste internationaler Museen. Auf Margret Hoppe wurden wir zum ersten Mal im Zuge des Marianne Brandt Wettbewerbs 2013 aufmerksam, bei dem ihre "Aprés une architecture" Serie nominiert war. Sofort waren wir eingenommen von der Intensität und Leichtigkeit der Arbeiten, die Eindrücke aus Innenräumen von Le Corbusiers Gebäuden abbildeten und von der bescheidenen Art, in der die Fotos neue Aspekte der Le Corbusier Grundsätze offenlegten, während sie gleichzeitig vertraut und zugänglich blieben. Erpicht darauf, mehr über die Künstlerin und ihre Arbeit herauszufinden, trafen wir uns mit Margret Hoppe, um über Le Corbusier zu reden, das Fotografieren seiner Arbeiten und Architekturfotografie im Allgemeinen, aber begannen mit der Frage 'Warum Fotografie?'.

Margret Hoppe: Als Kind wollte ich immer Kunst studieren, speziell Malerei, aber dann, als ich 14 war, bekam ich meine erste Kamera. Zusammen mit meinem Bruder hatte ich eine kleine Dunkelkammer, in der wir unsere eigenen Fotos entwickelten und für mich bestand die anfängliche Faszination im technischen Aspekt der Fotografie und darin, dass sie im Vergleich zur Malerei eine sehr unmittelbare Kunstform ist. Also entschloss ich mich, Fotografie zu studieren.

smow blog: Wenn du zu Hause eine Dunkelkammer hattest, heisst das, deine Familie hatte professionell mit Fotografie zu tun, oder...?

Margret Hoppe: Nein, überhaupt nicht. Die Dunkelkammer war etwas, das ziemlich typisch für die DDR war; viele Familien hatten kleine Dunkelkammern, um ihre eigenen Fotos zu entwickeln. Zu der Zeit gab es ausnahmslos Schwarz-Weiß Fotografie und das war nicht allzu kompliziert, wenn man einmal wusste, was man tun musste. Außerdem war es relativ günstig.

smow blog: Ein zentraler Bestandteil deines Portfolios sind verlassene Gebäude, worin besteht für dich die Anziehungskraft von leeren Gebäuden als Thema?

Margret Hoppe: Ich denke, das ist teilweise ein Spiegelbild der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, meiner Generation. Zu Zeiten der DDR war die Region, in der ich lebte, das zu Hause einer großflächigen Textilindustrie; eine Industrie, die nach der Wende zusammenbrach und plötzlich war ich umgeben von leeren Gebäuden und Industrieruinen. Ich war immer schon fasziniert von Architektur und Räumen und irgendwie dachte ich, mit der Kamera könnte ich diese Gebäude erhalten, die durch den industriellen Rückgang ihre Seele und ihre Funktion verloren hatten. So begann ich, Bauwerke in meiner unmittelbaren Nachbarschaft zu fotografieren und als ich dann nach Leipzig zog, setzte ich das in meinem Studium fort, wo ich meinen Fokus um einige Serien zu verlassenen Gebäuden und was mit ihnen passiert, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, erweiterte.

smow blog: Stellst du im Vorfeld Recherchen zu den Gebäuden an oder versuchst du, ihnen unvoreingenommen entgegenzutreten und dich von ihrer Vergangenheit nicht beunruhigen zu lassen?

Margret Hoppe: Der Hintergrund zu den Gebäuden ist sehr wichtig. Generell versuche ich immer welche auszuwählen, die bedeutsam waren, so wie das frühere Gästehaus des Ministerrates der DDR in Leipzig, ein wirklich repräsentatives politisches Gebäude in der DDR, oder eine ehemalige Schuhfabrik in meiner Heimatstadt, die damals als großer Arbeitgeber eine wichtige wirtschaftliche und soziale Funktion für die Gesellschaft hatte. Oftmals, wenn man die Gebäude betritt, wirken sie anfangs chaotisch, aber ich versuche sie immer als eine stimmige Komposition zu fotografieren, sodass der Betrachter den Sinn des Gebäudes begreift und versteht, dass es nicht nur eine Ruine ist, sondern ein Bauwerk, das eine echte Funktion und Bedeutung hatte. Letztendlich kannst du als Fotograf die Wertschätzung für und das Verständnis von Architektur beeinflussen.

smow blog: Und wie gelangt man dann vom Fotografieren verlassener Gebäude in Ostdeutschland zum Fotografieren von Werken von Le Corbusier? War das eine bewusste Entscheidung oder eher eine natürliche Entwicklung?

Margret Hoppe: Nachdem ich meine Meisterschülerabschluss in Leipzig abgeschlossen hatte, erhielt ich ein Stipendium, welches es mir ermöglichte, acht Monate an der Cité Internationale des Arts in Paris zu verbringen, und eines Tages besuchte ich eines von Le Corbusiers Gebäuden und stellte fest, dass Le Corbusier zwar ein bekannter Name in der internationalen Architekturszene ist, aber er irgendwie gleichzeitig so bekannt ist, dass er sich selbst in den Schatten stellt: Jeder kennt den Namen Le Corbusier, aber nicht viele Menschen haben jemals wirklich eines seiner Gebäude besichtigt. Ungefähr zur selben Zeit entdeckte ich die Arbeiten von Lucien Hervé, ein französischer Fotograf, der das komplette Lebenswerk von Le Corbusier festhielt und seine Fotografien brachten mich dazu, Le Corbusiers Schaffen neu zu bewerten und inspirierten mich nach und nach, sie zu fotografieren. Auf eine gewisse Weise gibt es auch eine Verbindung zwischen der Moderne Le Corbusiers und ostdeutscher Baukunst; Städte, wie beispielsweise Eisenhüttenstadt in Ostdeutschland waren geplante Städte, ein Aspekt der Stadtplanung, der Le Corbusier sehr interessierte. Es gibt also schon eine Art Kontinuität...

smow blog: ...allerdings scheinen sich deine Fotos von Le Corbusiers Arbeiten, im Gegensatz zu deinen DDR Fotos, eher auf Details zu konzentrieren, als auf ganze Gebäude oder Räume; warum dieser Fokus?

Margret Hoppe: Während Le Corbusiers Gebäude als solche ohne Frage interessant sind, dachte ich, es wäre interessanter, sich auf Details zu fokussieren, um damit den Bau als Ganzes zu erklären. Jegliche Architektur ist letztendlich eine Frage der Perspektive und bei Le Corbusiers Arbeiten gibt es so viele aufschlussreiche Perspektiven, die dazu beitragen können, seine Absichten und Ideen besser zu verstehen, man muss sie nur finden. Und vom künstlerischen Standpunkt aus gibt es in Le Corbusiers Räumen viele Details, die fotografiert eher wie abstrakte Gemälde oder Skulpturen wirken und nicht wie Architektur; ich wollte diese Details als stellvertretende Elemente und Symbole der ganzen Konstruktion darstellen.

smow blog: Du hast vorhin erwähnt, dass Fotografen die Wertschätzung von Architektur beeinflussen und entschuldige bitte, aber wir müssen fragen, wir sind keine großen Fans zeitgenössischer kommerzieller Architekturfotografie, in Anbetracht dessen, dass vieles davon sehr offensichtlich und allgemein ist, was ist deine Auffassung zu gegenwärtiger Architekturfotografie?

Margret Hoppe: Ich denke, das kann man nicht verallgemeinern, vor allem, weil es zur Zeit so viel Architekturfotografie gibt und dadurch, ja, gibt es natürlich auch einige schlechte und schrecklich viele durchschnittliche, stilisierte Arbeiten, aber es gibt tatsächlich auch wirklich ausgezeichnete Architekturfotografie. Architekturfotografie ist unumgänglich, sowohl für Architekten, als auch für Fotografen und es wird immer einige Fotografen geben, die besser sind als andere. Ich nehme auch Auftragsarbeiten an und versuche immer, meinem Stil treu zu bleiben und meine eigene Interpretation des Gebäudes zu finden und ich denke, das ist der bedeutende Aspekt: dass man als Fotograf nicht nur Standards und Klischees folgt.

smow blog: Und planst du in Zukunft bei der Architekturfotografie zu bleiben oder kannst du dir auch vorstellen, neue Gebiete und Themen zu behandeln?

Margret Hoppe: Ich plane auf jeden Fall, vorerst bei der Architekturfotografie zu bleiben, aber ich denke, die Ästhetik wird sich verändern und ich kann mir vorstellen, dass sich über die Zeit auch die formellen Aspekte dessen, wie ich fotografiere, verändern werden. Vielleicht bewege ich mich weg von klassischer Fotografie und hin zu anderen Genres, dennoch will ich bei der Architekturfotografie bleiben, weil sie so viele wunderbare Arbeiten und aufregende Möglichkeiten bietet.

Weitere Informationen zu Margret Hoppe und ihrer Arbeit finden sie auf www.margrethoppe.com

Margret Hoppe Le Corbusier High Court V Chandigarh
High Court V, Chandigarh, 2015 Diasec, 173 x 131 cm (Photo © Margret Hoppe, VG Bildkunst Bonn)
Margret Hoppe Le Corbusier High Court IV Chandigarh
High Court IV, Chandigarh, 2015 Diasec, 172 x 120 cm (Photo © Margret Hoppe, VG Bildkunst Bonn)
Margret Hoppe Le Corbusier Couvent de Saint Marie de La Tourette
Couvent de Saint-Marie de La Tourette I, Eveux, 2013 C-Print hinter Acrylglas 140 x 170 cm (Photo © Margret Hoppe, VG Bildkunst Bonn)

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#Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig #Le Corbusier #Leipzig #Margret Hoppe