"Das einzig wahre Juwel meines verseuchten Waldstücks ist der Zitronenwaldsänger", vertraute der amerikanische Autor und Ökologe Aldo Leopold in seinem Buch "A Sand County Almanac" von 1949 dem Leser an. "Der Schein seines gold-blauen Gefieders inmitten des nasskalten Verfalls der Juniwälder ist der beste Beweis dafür, dass sich tote Bäume in lebendige Tiere - und umgekehrt - verwandeln."
Unsere Zitronenwaldsänger sind die folgenden fünf Design- und Architekturausstellungen - stellen sie doch hoffentlich unter Beweis, dass abstrakte Ideen in brauchbare, praktische, nachhaltige und lebendige Projekte zum Nutzen und Vergnügen aller verwandelt werden können, und dass hoffentlich nicht in einem nasskalten, sondern sonnigen Juni.
"Design Derby - Netherlands - Belgium (1815-2015)" im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, Niederlande
Wir würden natürlich gerne behaupten, die Macher des Boijmans Van Beuningen Museums in Rotterdam wären unserer Diskussion über die Unterschiede zwischen zeitgenössischem niederländischen und zeitgenössischem belgischen Design gefolgt und hätten deshalb beschlossen, das Thema selbst aufzugreifen, aber wir nehmen mal an, dass die Ausstellung schon etwas länger in Planung war.
Mit ungefähr 400 Objekten aus 200 "kreativen Jahren" der Benelux-Staaten, darunter Tafelsilber, Glaswaren, Keramiken, Möbel und Mode, wird "Design Derby" niederländische Objekte adäquaten belgischen Objekten gegenüberstellen. Der direkte Vergleich wird so eine Erkundung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Kunst und Design der beiden Nationen und deren Entwicklung während der letzten beiden Jahrhunderte ermöglichen. Das ist eine schöne Idee, die mit Sicherheit neben einer Sammlung kulturell und sozial wichtiger Objekte einige faszinierende Einblicke liefern wird - geht man davon aus, dass die Kuratoren es vermieden haben allzu klischeehaft und kitschig zu werden.
"Design Derby - Netherlands - Belgium (1815-2015)" ist vom 20. Juni bis 13. September im Museum Boijmans Van Beuningen, Museumpark 18, 3015 CX Rotterdam zu sehen.
"Africa. Architecture, Culture, and Identity" im Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, Dänemark
Nach der Erforschung zeitgenössischer Architektur, Kultur und Identität in Skandinavien und "Arabien" wendet sich das Louisiana Museum of Modern Art, wie so viele weitere Institutionen im Jahr 2015, jetzt Afrika zu.
Mit Fokus auf die sieben zentralen Themen "Zugehörigkeit", "Koexistenz", "Wachsende Städte", "Raum schaffen", "Wiederaufbau", "Neue Gemeinschaften" und "Die Zukunft des Bauens" wird "Africa. Architecture, Culture, and Identity" zeitgenössische afrikanische Architektur, und was das Museum als "lebende Traditionen" bezeichnet, präsentieren. Das liefert die Basis für eine Diskussion darüber, wie Architektur die aktuelle afrikanische Kultur erweitert, unterstützt und möglich macht. Oder mit anderen Worten: darüber, wie Architektur dem modernen Afrika zu einem neuen Selbstverständnis verhelfen soll.
"Africa. Architecture, Culture, and Identity" wird am 25. Juni im Louisiana Museum of Modern Art, Gl. Strandvej 13, 3050 Humlebaek, eröffnet und ist dort bis Sonntag, den 25. Oktober, zu sehen.
"Die falsche Blume. Ein Designmärchen von Hermann August Weizenegger" im Kunstgewerbemuseum Dresden
Der Berliner Designer Hermann August Weizenegger gehört zu den lebhafteren Gestalten im aktuellen deutschen Design. Lebhaft im Sinne von überschäumend, unverwüstlich und geistreich, aber auch im Sinne von unberechenbar, denn Weizenegger bewegt sich mühelos zwischen Produktdesign, Modedesign, Installation und regelrechter Dreistigkeit. In Verbindung mit dem Kunstgewerbemuseum Dresden hat Hermann August Weizenegger mit der Firma Deutsche Kunstblume Sebnitz, einem traditionellen Hersteller von Kunstblumen aus Sachsen, zusammengearbeitet, um zwei neue, zeitgenössische Kunstblumen zu entwickeln, die jetzt im Kontext einer Ausstellung/Installation bzw. eines Märchens mit Kristallen, Porzellan, Textilien, Möbeln und ähnlichem präsentiert werden. Und weil es sich um Hermann August Weizenegger handelt, haben wir absolut keine Ahnung, was das eigentlich zu bedeuten hat.
"Die Falsche Blume. Ein Designmärchen von Hermann August Weizenegger" kann im Kunstgewerbemuseum, Wasserpalais, Schloss Pillnitz, Dresden vom 27. Juni bis 13. September 2015 gesehen werden.
"Where are the women in Danish design?" im Trapholt – Museum of Modern Art, Applied Art, Design and Architecture, Kolding, Dänemark
Wie wir schon mehr als einmal bemerkt haben, handelt es sich bei der Geschichte des Designs überwiegend um eine Geschichte kreativer Männer, um die eines professionellen Männerclubs. Frauen wurden stets nur in Verbindung mit Männern akzeptiert: Charles und Ray Eames, Le Corbusier und Charlotte Perriand, Mies van der Rohe und Lily Reich sind einige der berühmtesten Beispiele. Anlässlich des 100. Jahrestags des Wahlrechtes für Frauen stellt das Trapholt Museum die angemessene Frage: "Wo sind die Frauen im dänischen Design?" Gehören zum dänischen Design wirklich nur Hans J. Wegner, Arne Jacobsen, Finn Juhl, Verner Panton, Borge Mogensen und die anderen? Sind Talente wie Louise Campbell oder Nanna Ditzel einfach Ausnahmen, die die Geschichte vergessen wird?
Und was ist geblieben von Poul Henningsens Kampf für die Einführung der Gleichstellung in Skandinavien? Es war ein Kreuzzug für den er unter anderem Dänemarks Beitrag zum Eurovision Song Contest 1965 komponierte, das feministisch angehauchte Lied "For din Skyld", und in dessen Auftrag er 1967 schrieb: "Es wird nicht ausreichen, Frauen zu gleichen Bedingungen Zugang zu allen Berufen zu gewähren. Der Kampf für die Gleichberechtigung muss an allen Fronten geführt werden, und dort gibt es noch viel zu tun, selbst wenn wir es hier in Skandinavien weitergebracht zu haben scheinen als andernorts." Die Tatsache, dass sich das Trapholt Museum jetzt verpflichtet fühlt nach den Frauen im dänischen Design zu fragen, zeigt wohl, dass diese Mission noch lange nicht erfüllt ist.
"Where are the women in Danish design?" ist zwischen dem 3. Juni und 31. Dezember im Trapholt – Museum of Modern Art, Applied Art, Design and Architecture, Æblehaven 23, 6000 Kolding zu sehen.
"Creative Spaces" im MAK Center, Schindler House, Los Angeles, Kalifornien, USA
Räume sind nicht kreativ, doch können sie Kreativität fördern, oder auch hindern. Bestimmt können sie außerdem Kreativität definieren. Mit dem sich wandelnden Kreativitätsbegriff als Ausgangspunkt, untersucht "Creative Spaces" den Einfluss von Architektur und Design auf die Entwicklung von Kreativität in Bezug auf drei Szenarien: Rudolph Schindlers eigenwilliges Haus in Los Angeles von 1922, in dem sich Lebens- und Arbeitsraum im "Home Studio"-Konzept mühelos zusammenfügen; George Nelsons "Action Office"-Programm für Herman Miller, das das Büroumfeld neu definierte, und das, wenn auch gegen den Willen Nelsons geschehen, den Weg zu jener zellenartigen Raumtrennung ebnete, die das Bürodesign über drei Jahrzehnte dominieren sollten; und die moderne Computer-Werkstatt, in der Kreativität häufig als eine Reihe von programmierten Skripten verstanden wird, die ohne menschliche Interaktion funktionieren.
"Creative Spaces" wird vom 29. Mai bis 16. August im MAK Center for Art and Architecture, 835 North Kings Road, West Hollywood, Los Angeles gezeigt.