Wie feiert man den Geburtstag eines Mannes, der ohnehin schon von allen gefeiert wird?
Was lässt sich zu Ehren des deutschen Architekten, Designers und ehemaligen Bauhausdirektors Ludwig Mies van der Rohe noch sagen?
Im Zweifelsfall wenden wir uns einfach einem Mann zu, der bei jeder Gelegenheit etwas passendes zu sagen hat, dem Designer und Architekten George Nelson.
Nach seinem Abschluss an der Yale University gewann George Nelson den sogenannten Rome Prize, ein Stipendium der American Academy in Rom für besonders talentierte Personen aus einer Fülle von Disziplinen, das, um es mit Nelsons eigenen Worten zu sagen, "zwei Jahre in Rom ohne Geldnot" bedeutete.
Während seiner Zeit in Italien nutzte Nelson seinen Studentenstatus und die damit verbundenen Kontakte, um Interviews mit 12 führenden europäischen Architekten zu arrangieren - darunter Giò Ponti, Le Corbusier und Walter Gropius. Die Interviews wurden anschließend im amerikanischen Architekturmagazin Pencil Points veröffentlicht: Die Septemberausgabe 1935 enthielt Nelsons Portrait von Ludwig Mies van der Rohe bzw. von - Nelson bestand darauf - Miës van der Rohe.
"Im Obergeschoss eines ziemlich heruntergekommenen Hauses in Berlin lebt ein Mann, der, auch wenn er wenig gebaut, noch weniger gesprochen und kein Wort geschrieben hat, als einer der größten Architekten seiner Zeit gelten kann. Ebenso groß ist die Kraft seiner Persönlichkeit und seiner Ideen.
Bis vor ungefähr zehn Jahren hatte er nahezu nichts eigenes gebaut und sein Einfluss war nur in bestimmten Gruppen in Deutschland zu spüren. Heute hat er eine einmalige Position - sogar in Deutschland - und er ist fast ebenso bekannt wie der sehr viel breiter publizierte Le Corbusier. Ungeachtet seines Widerwillens sich selbst zu dramatisieren - Miës ist keinesfalls ein verträumter Einsiedler, in dessen Dachkammer die Welt eingedrungen ist. Seine luxuriöse, simple Wohnung in Berlin ist alles andere als eine Einsiedlerstube. Das karge Leben ist für den großen, gut genährten Deutschen nicht attraktiv. Er liebt sein Essen und kennt seine Weine, und wenn er von beidem ausreichend zu sich genommen hat, erweist er sich als ein charmanter und heiterer Gesprächspartner."
Was erfreulich ist, denn Nelson formuliert weiter:
"Von allen möglichen Architekten war Miës der komplizierteste Interviewpartner. Er war freundlich, aber freiheraus sehr gelangweilt von der Aussicht mit einem Fremden zu sprechen und er tat rein gar nichts, um seinem Interviewer zu helfen, als der sich in den grässlichen Feinheiten der deutschen Grammatik verlor."
Jedoch dann, wie schon gesagt:
"Als das Gespräch auf Angelegenheiten von beiderseitigem Interesse kam, entspannte sich Miës jedoch allmählich und so hatten wir schließlich doch noch eine gute gemeinsame Zeit. Als ich ging, verließ ich Miës van der Rohe schwer beeindruckt von seiner Leidenschaft und der außergewöhnlichen Wirkung seiner Person."
Nicht dass man einen falschen Eindruck bekommt: Nelson war ein großer Bewunderer von Mies van der Rohe und seiner Kunst. So beschreibt Nelson die Villa Tugendhat in Brno als "Miës' Meisterwerk, verdientermaßen weltberühmt, vielleicht das beste moderne Haus, das je gebaut wurde."
Nelson schließt mit einer wie wir finden wunderbaren Hommage an Mies van der Rohe. Nach Nelsons Text wünschten wir uns umso mehr wir hätten Mies van der Rohe doch auch einmal getroffen.
"Was den Mann Miës van der Rohe angeht: er war ein sicherer, sensibler Künstler. Sein Umgang mit dem Raum und sein Gefühl für Materialien ist unübertroffen. Er ist brilliant, langsam, freundlich und eitel."
Happy Birthday, Ludwig Mies van der Rohe!