Am 10. Februar 1932 wurde die Ausstellung "Modern Architecture: International Exhibition" im Museum of Modern Art in New York eröffnet.
Das war nicht nur die allererste Architekturausstellung, die im MoMA stattfand, "Modern Architecture" war auch die erste Ausstellung, die speziell der Architektur jener Zeit galt und - vielleicht noch wichtiger - sie gab der Architektur mit dem "Internationalen Stil" einen Namen. Wenn man so will, kam die moderne Architektur mit "Modern Architecture" offiziell an.
Sowohl die Ausstellung als auch das dazugehörige Buch "The International Style: Architecture since 1922" entstanden aus einer Diskussion in Paris zwischen dem damaligen MoMA-Direktor Alfred Barr, dem Architekturhistoriker Henry-Russell Hitchcock und dem Architekten Philip Johnson von 1930. Überzeugt, die neue Bewegung in der Architektur, die seit den frühen 1920er Jahren zu beobachten war, sei etwas Wichtiges, unternahm das Trio 1930 und 31 mehrere Reisen nach Europa, um das Phänomen mit eigenen Augen zu sehen.
Das Ergebnis war die Überzeugung, dass "dieser zeitgenössische Stil, der auf der ganzen Welt existiert, einheitlich und einschließlich, also nicht fragmentarisch oder widersprüchlich wie so vieles aus der ersten Generation moderner Architekten ist." In ihrem Buch definierten Hitchcock und Johnson die Einheitlichkeit und Einschließlichkeit durch drei Kriterien: eine Betonung des Umfangs statt der Masse, eine Regelmäßigkeit statt einer formalen Symmetrie in der Konstruktion und eine "Vermeidung angewandter Dekoration".
Wie Falk Jaeger in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe von "The International Style" klar macht, waren Hitchcock und Johnson weder die Ersten, die versuchten, die Veränderungen in der Architektur dieser Periode zu beschreiben, noch waren sie die Ersten, die eine Sammlung von Bildern der wichtigsten Werke dieser Periode veröffentlichten. Doch sie waren die Ersten, die den Stil so kategorisch identifiziert und definiert haben. Und die einen passenden, universellen Namen dafür gefunden haben.
Mit Arbeiten von ungefähr 40 Architekten aus 15 Ländern, maßstabsgetreuen Modellen und 1 x 2 Meter großen Fotografien präsentierte "Modern Architecture" im MoMA ein regelrechtes Who is Who des neuen Stils: Le Corbusier, Walter Gropius, Mies van der Rohe, Frank Lloyd Wright, J.J.P Oud, Richard Neutra usw.usf. Ein dritter Bereich der Ausstellung galt einer Diskussion über Themen des modernen Wohnens, der von dem Soziologen Lewis Mumford kuratiert wurde.
Für die Organisatoren war ein zentrales Ziel der Ausstellung, die amerikanische Öffentlichkeit mit den jüngsten Entwicklungen in der modernen Architektur vertraut zu machen und zu zeigen, dass "moderne Architektur bei jedem Gebäudetyp eine praktische Ausrichtung bewirken kann - zu Hause, in Schulen, Bahnhöfen, Wohnblöcken, Theatern, Geschäften, öffentlichen Gebäuden und in Kirchen."
"Eine besondere Motivation scheint dabei die Position gewesen zu sein, "dass es in Amerika war und von Amerikanern bewirkt wurde, dass die wahre moderne Architektur jener Zeit den Antrieb erhielt, der sie auf den Weg zu ihrem heutigen weit fortgeschrittenen Entwicklungsstadium brachte", und der Antrieb kann vor allem in der "revolutionären Arbeit von Frank Lloyd Wright" gefunden werden."
Fakten, die laut den Organisatoren nicht richtig von den Amerikanern verstanden worden sind. Die amerikanische Öffentlichkeit schien jedoch auch nicht wirklich daran interessiert zu sein.
Würde so eine Ausstellung heute stattfinden, würde sie ohne Frage einen erwartungsvollen, unerschöpflichen Strom an Besuchern anziehen. "Modern Architecture" ist das nicht gelungen. Gerade einmal 33.000 Besucher fanden in der sechs Wochen dauernden Ausstellung den Weg ins MoMA und in seinem Vorwort zur Ausgabe von "The International Style" von 1995 fand Philip Johnson die für diesen Kontext brutal ehrlichen und daher so erfrischenden Worte: "Die Öffentlichkeit hätte sich nicht weniger dafür interessieren können; die Amerikaner haben sich sowieso nie besonders mit Architektur beschäftigt und die Zeitungen und Magazine haben sich genauso wenig damit beschäftigt."
Doch unter praktizierenden Architekten war ein Effekt der Ausstellung festzustellen, vor allem während der zweijährigen Tour durch die Vereinigten Staaten, die im Anschluss an die Ausstellung in New York stattfand. Aufgrund des Alters der Originalpublikation waren wir hauptsächlich auf Sekundärquellen angewiesen, um die verschiedenen Standpunkte der Debatte nachzuvollziehen und es scheint einen erbitterten Schlagabtausch unter den praktizierenden Architekten sowohl über den Wert des neuen architektonischen Stils als auch den Sinn und die Richtigkeit des vergebenen Namens gegeben zu haben.
Und diese Diskussion sollte nicht zuletzt wegen des Timings der Ausstellung zu einer der nachhaltigsten Ereignisse der Kunstgeschichte werden. Innerhalb eines Jahres nach der Ausstellungseröffnung kam in Deutschland die NSDAP an die Macht und nach weiteren 5 Jahren kamen Gropius, Mies van der Rohe, Marcel Breuer und Konsorten in die USA, um zu Bauen und zu Lehren. Ohne die MoMA-Ausstellung von 1932 wäre es fraglich gewesen, ob sie das notwendige Profil und den Einfluss gehabt hätten, um sich in den USA so mühelos etwas aufzubauen.
Und hätten sie nicht, was wäre heute vom Bauhaus, der Weißenhofsiedlung usw. geblieben?
Und wie würden die Innenstädte von Chicago, St. Louis oder Manhattan heute aussehen?
Dass wir die Eröffnung der "Modern Architecture"-Ausstellung und die Publikation "The International Style" feiern, heißt nicht, dass wir das Schubladendenken der Architektur feiern wollen. Bestimmt nicht!
Wir schätzen, dass so ein Schubladendenken, sei es in Musik, Literatur, Film oder Architektur, wirklich nützlich für Historiker, Journalisten und Verkäufer ist. Wir schätzen außerdem, dass, indem man die Architektur dieser Zeit anhand von physischen Merkmalen festmacht und ökonomische, soziale und technologische Überlegungen ignoriert, das Werk vieler Protagonisten betont wird. Der Internationale Stil beschreibt bloß einen dehnbaren, im Wesentlichen visuellen "Stil" und keine präzise definierte konzeptuelle "Bewegung". Und wir akzeptieren die Tatsache, dass die Auswahl der Projekte für das Buch und die Ausstellung weniger wissenschaftlich war und sich oft danach richtete, dass so die Glaubwürdigkeit der Position gesichert werden konnte - und nicht die Gültigkeit des Arguments. Etwas, was schwer zu ignorieren ist, bedenkt man Philip Johnsons Kommentar von 1982: "Wir entschieden uns, alles unter den Teppich zu kehren, um eine Wirkung zu erzielen und das haben wir tatsächlich getan."
Doch indem man der modernen Architektur der Zeit eine Plattform, einen Namen, eine oberflächliche Simplizität und, wenn man so will, die Freiheit sich zu unterscheiden gegeben hat, half das MoMA dabei, das Überdauern der Ideale der 1920er und 30er Jahre zu sichern und mit den Worten von Philip Johnson, "die Architektur in den Augen der Kunstwelt zu etablieren."
Ein Satz, der auf prägnante Weise erklärt, warum Architektur heutzutage behandelt wird wie sie behandelt wird und warum heute Architektur so oft missverstanden wird - insbesondere von Architekten.