Seit Markus Jehs und Jürgen Laub 1994 in Stuttgart ihr Designstudio gegründet haben, haben sie sich schnell zu zwei der geschäftigsten und erfolgreichsten deutschen Produktdesigner ihrer Generation entwickelt. Mit einem Kundenstamm, der Thonet, Wilkhahn, Fritz Hansen, Authentics und Belux umfasst sind Jehs+Laub genauso im Büromöbelsektor wie im Wohnbereich, im Licht- und Accessoiredesign zuhause.
Der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere, die mit internationalen Auszeichnungen gepflastert ist, war sicher der spektakuläre Sieg beim ersten und leider bisher auch einzigen Moormann Bookinist Cup.
Uns ist bewusst, dass es jetzt schon eine Weile her ist, aber 2012 lancierten Jürgen Laub und Markus Jehs auf der Orgatec mit dem deutschen Hersteller Brunner ein neues Produkt: den A-Chair, ein modulares Allzwecksitzsystem, das Brunner mit der Info pushte, dass sie ungefähr eine Million Euro in die Entwicklung des Projekts gesteckt haben. Und das zu einer Zeit relativer finanzieller Unsicherheit.
Auf der Orgatec haben wir die Gelegenheit genutzt und mit Markus Jehs und Jürgen Laub gesprochen. Zuerst wollten wir wissen, ob sie an Büromöbelprojekte anders als an Wohnmöbel rangehen.
Jürgen Laub: Nein, überhaupt nicht. Wir behandeln beides gleich, was heißt, dass wir Objekte designen, die uns gefallen, während wir uns aber auch in die Position des Endkunden mit seinen Ansprüchen an das Objekt versetzen.
Markus Jehs: In Bezug auf den "Endkunden" ist es wichtig zu betonen, dass es nicht nur um die Person geht, die schließlich das Objekt kauft, es gibt auch den Hersteller, der die Arbeit in Auftrag gegeben hat, sowie das Verkaufs- und Vertriebsnetzwerk. Die haben genauso Anforderungen und müssen in der Lage sein, mit dem Produkt umzugehen. All das muss bedacht werden, aber wir machen das nun schon "seit ein paar Jahren" und wissen wie alles läuft.
(smow)blog: Hat man bei Büromöbeln als Designer Einschränkungen, was die Form und Ästhetik angeht, weil es so hohe Anforderungen an die Funktionalität gibt?
Jürgen Laub: Büromöbel sind in der Hinsicht sicher eine größere Herausforderung und ja, es gibt Grenzen, z.B. wenn man weiß, dass ein Suhl nicht mehr als soundsoviel Euro kosten darf und man so Einschränkungen dabei hat, was man machen und welche Materialien man nutzen kann. Doch wir sind in der glücklichen Position, dass unsere Partner solche Einschränkungen nicht an uns herantragen und wenn wir mit einem Partner wie Brunner zusammenarbeiten, die bereit sind 1 Million in die Entwicklung der Technologie eines neuen Stuhls zu investieren, wissen wir, dass wir bis an die Grenzen des Möglichen gehen können und das gibt uns eine enorme Freiheit, was die Form betrifft.
(smow)blog: 1 Million Euro. Geht Druck von so einer Größe aus oder könnt ihr die Zahlen ignorieren?
Markus Jehs: Nein, da ist kein Druck. Nicht zuletzt weil am Anfang solche Zahlen nicht existieren. Im Laufe der Produktentwicklung erreicht man dann zwangsläufig Momente, wo solche Zahlen aufkommen und Fragen gestellt werden. Dann überlegt man, ob es notwendig und sinnvoll ist und vor allem, ob das Produkt das Potenzial hat, die Investitionen wieder reinzuholen. Mit dem A-Chair haben wir ein Produkt, das so viele Konfigurations- und Nutzungsmöglichkeiten bietet, dass wir uns bei der Investition recht sicher fühlten.
(smow)blog: Sich mit einer Investition sicher zu fühlen ist bestimmt größtenteils von vorherrschenden ökonomischen Faktoren bestimmt. Ihr arbeitet mit fast allen großen deutschen Herstellern für zeitgenössische Möbel zusammen. Könnt ihr die aktuelle Marktsituation einschätzen oder ist das etwas, was weit weg von euch und eurem Atelier ist?
Jürgen Laub: Wir hören eine Menge, aber wir selbst merken nichts davon. D.h. was uns bewusst ist, ist, dass der Markt in den letzten Jahren Schwankungen unterlag. Den einen Tag läuft alles gut, am nächsten gibt es ein Untergangsszenario und dann scheint wieder die Sonne. Vor zehn, zwanzig Jahren war das anders, da war alles viel stabiler. Aber heutzutage versuchen die Hersteller zunehmend Marktanteile voneinander zu gewinnen und am Ende des Tages ist es ein Teil unseres Jobs diesen Erfolg sicherzustellen. Es ist einfach zu denken, dass man als Designer dafür bezahlt wird, attraktive oder funktionale Produkte zu entwerfen, aber eigentlich geben uns die Hersteller den Auftrag erfolgreiche Produkte zu machen.
(smow)blog: Mal was anderes: 2011 habt ihr den Moormann Bookinist Cup gewonnen. Wir hatten bisher noch keine Möglichkeit das zu fragen, aber was war das Geheimnis eures fantastischen Erfolgs?
Markus Jehs: Wir sind so langweilig, wir sind einfach mit einer konstanten Geschwindigkeit gefahren. Ich wurde von Jürgen geschoben und meine größte Angst war es, in der ersten Kurve aufzuprallen und so sind wir sehr vorsichtig losgefahren und haben schließlich gewonnen.
Jürgen Laub: Was bedeutet, dass wir nur gewonnen haben, weil ich gut geschoben habe!
(smow)blog: Was nach einer netten Metapher für eure Beziehung als Designer klingt. Ihr seid nur so weit gekommen, weil einer den anderen so gut geschoben hat.
Jürgen Laub: Genau!
(smow)blog: Kurz zum Schluss: Ihr lebt in Stuttgart. Könnt ihr Stuttgart kurz als Design-Stadt beschreiben?
Markus Jehs: Was uns an Stuttgart gefällt, ist, dass es in der Mitte von Europa liegt und man so schnell alle wichtigen Reiseziele erreichen kann. Es ist außerdem eine kulturell reiche Stadt. Gut, die Architektur ist vielleicht nicht die inspirierendste.... Nach dem Krieg wurden in vielen deutschen Städten Fehler, große Fehler gemacht. Aber im Großen und Ganzen ist Stuttgart eine inspirierende Stadt - nicht nur in Sachen Design oder Kunst, sondern in Form von Tüfteln, Lösungsfindungen für verschiedene Probleme und die Entwicklung von neuen Ideen durch Experimentieren. Das ist, wie ich denke, etwas, was Stuttgart ausmacht.
Jürgen Laub: Stuttgart ist auch professioneller als z.B. Berlin. In Stuttgart findet man weniger Leute, die Filztaschen machen, dafür aber viel mehr international arbeitende Architekten und Designbüros. Aber in Stuttgart reden die Leute nicht so sehr über ihren Erfolg: Eine unglaubliche Menge Kreativität stammt aus Stuttgart, aber das weiß man nicht unbedingt, weil niemand darüber spricht.