Letzten Endes ist Marcel Breuers Wassily Chair von 1927 auch nicht mehr als auf einen Metallrahmen gespannte Stoff- bzw. Lederschlingen und Giandomenico Belottis Spaghetti Chair von 1960 ist nicht mehr als PVC-Kordeln auf einem Metallrahmen. Deshalb war unser erster Eindruck vom Upholstered Chair von Jooyeon Lee auch, dass es an ihm absolut nichts neues gibt. Aber wie das eben immer mit diesen ersten Eindrücken ist...
Als Diplomprojekt an der Aalto University Helsinki entworfen, handelt es sich beim Upholstered Chair um einen Lounge Sessel, aus Leinenkordeln, die auf einen Holzrahmen gespannt sind. Wie gesagt ist das im Prinzip nichts neues, aber der Gedanke hinter dem Projekt und die Logik der Materialwahl sind wirklich interessant: Leinenkordeln können praktisch überall hergestellt werden und als Naturprodukt können sie regional angebaut werden - ebenso wie Holz. Das heißt nicht nur, dass der Stuhl dezentral produziert und vertrieben werden kann, sondern es werden zudem sowohl in der Landwirtschaft als auch im traditionellen Handwerk Arbeitsplätze vor Ort geschaffen.
Das ist alles sehr im Sinne vom bereits erwähnten Neue Fertigung-Manifest von Franz Dietrich: Lokale Bauern produzieren die Rohstoffe, ein lokaler Handwerker stellt die Holzteile her, ein anderer macht die Kordeln und ein lokaler Hersteller kombiniert das Ganze zum fertigen Stuhl, der in der jeweiligen Region verkauft wird.
Die Umweltverschmutzung beim Transport wird reduziert, die lokale Wirtschaft unterstützt und es ist sogar ein bisschen weniger CO2 in der Atmosphäre. Es gibt nur Gewinner, keine Verlierer! Die sehr schöne, wenn auch denkbar einfache, Formensprache des Stückes tut ihr übriges.
Wie gesagt sehen wir die Zukunft der globalen Möbelindustrie in einer dezentralisierten Produktion und Objekte wie der Upholstered Chair von Jooyeon Lee bieten ein sehr interessantes Beispiel dafür, wo uns die Reise einmal hinführen könnte.