Das Bauhaus ist nicht nur als Institution viel gereist, auch seine Studenten und Professoren verteilten sich auf alle Herren Länder. So verlockend es also auch sein mag, das Bauhaus auf die Orte Weimar, Berlin und Dessau zu reduzieren, so schändlich wäre es auch. Denn in diesem Fall würde man nicht nur einen großen Teil der Bauhaus-Geschichte übergehen, sondern sich selbst auch die Möglichkeit verwehren, einige wahrhaft revolutionäre und inspirierende Gebäude kennen zu lernen. Doch wo soll man da anfangen? Wo findet man am besten die ganzen Spuren des Bauhauses - fernab seiner bekannten Zentren? Und was ist mit all den weniger bekannten Arbeiten in diesen Zentren?
Wenn es doch nur einen verlässlichen und informativen Reiseführer geben würde...
Als Joint Venture vom Bauhaus-Archiv Berlin, der Stiftung Bauhaus Dessau und der Klassik Stiftung Weimar herausgegeben, gibt es mit Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin. nun endlich so einen Reiseführer.
Die Reise beginnt im Bauhaus-Museum in Weimar und führt über Orte wie Jena, Dessau und Halle nach Berlin und Bernau. Das Buch wirft dabei seinen Blick nicht nur auf die bekannten und weniger bekannten Gebäude, sondern auch auf die Geschichte des Bauhauses an den drei Hauptstandorten. Die Arbeiten werden in den Kontext der Bauhaus-Geschichte - und die Bauhaus-Geschichte in den Kontext der Arbeiten gesetzt. Dieses Konzept wird fortwährend durch Zitate von bedeutenden Persönlichkeiten und kurzen Texten, die die gesamte Epoche in einen soziokulturellen Kontext setzen, untermalt.
Neben den Haupttexten findet sich in Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin. auch die Vorgeschichte des Bauhauses sowie wichtige Besucherinformationen für die relevanten Gebäude. Im letzten Kapitel wird dann der Weg des Bauhauses in die weite Welt dokumentiert.
Was uns ganz besonders gefallen hat, ist, dass nicht nur drei Autoren damit beauftragt wurden, einen Text über jeden Standort zu schreiben, sondern auch, dass die Fotos in dem Buch speziell für das Projekt in Auftrag gegeben wurden. Die Nachricht ist deutlich: Das Buch recycelt nicht nur Vorhandenes, sondern erzählt die Geschichte völlig neu - und unserer Ansicht nach sogar sehr gut. Das ist nicht zuletzt deshalb der Fall, weil der Ton der Texte viel persönlicher ist als man es von Büchern übers Bauhaus gewohnt ist. Man hat hier regelrecht das Gefühl ein Gespräch mit den Autoren zu führen und nicht nur von einem Museumsguide berieselt zu werden. Deshalb kann man Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin. - wenn nicht unterwegs als Reisehilfe - gut auch zuhause als Sachbuch lesen.
Wenn wir was zu kritisieren haben, dann das Format. Scheinbar war die ursprüngliche Idee ein Buch, das in jede Jackentasche passt, zu machen; das uns vorliegende Buch passt da aber definitiv nicht rein. Mit dem alles andere als robusten Pappeinband würde man das aber sowieso nicht wollen. Und Gott bewahre, dass es regnet, wenn man den Park an der Ilm durchquert, um zum Haus am Horn zu kommen... Wir befürchten, dass unser Exemplar in knapp drei Monaten hinüber sein wird. Für uns sollte ein Reiseführer über eine gewisse Robustheit verfügen - eben wie Reisende auch.
Für alle mit Interesse am Bauhaus - sei es aus der Sicht von Kunst, Design, Möbel, Architektur oder Handwerk - bietet das Reisebuch nicht nur eine neue Sicht auf die Institution und ihre Arbeit, sondern auch einen Anreiz, rauszugehen und all das selbst zu erleben. Und für alle, die nur eine vage Vorstellung davon haben, was Bauhaus eigentlich bedeutet, aber mehr daüber wissen wollen, bietet das Buch einen wunderbaren Einstieg.
Und für alle, die Bücher ein bisschen zu oldschool finden, gibt es die Bauhaus Online App, die die Informationen im Reisebuch noch um ein paar Punkte erweitert - zumindest wenn man in Besitz eines iPhones, iPads oder iPods ist. Wir hoffen, dass auch eine Android-Version in Arbeit ist. Das hätte Gropius bestimmt auch so gewollt. Immer dieser Elitismus...
Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin. ist ab jetzt bei allen guten Buchhändlern erhältlich.