Dafür dass die Publikation eigentlich für die Qualität ihrer Autoren bekannt ist, wiederholen sich die Pressemitteilungen des SPIEGEL ziemlich. Wir haben uns ja über die Mitteilung, die uns Anfang letzter Woche ins Haus flatterte, gefreut. Allerdings war das Lesevergnügen nicht sonderlich groß.
Als Verner Panton 1969 das Haus der SPIEGEL-Verlagsgruppe in Hamburg einrichtete, schuf er sich selbst wohl sein monströsestes und bekanntestes Innenaustattungsdenkmal. Mit dem wohldurchdachten Durcheinander von Farben, Materialien und Formen stellte das SPIEGEL-Gebäude - neben seiner Visiona 2 Installation aus dem Jahr 1970 - den Zenith Verner Pantons Arbeit als Innenarchitekt dar.
Panton hat verschiedene Flächen im gesamten Gebäude gestaltet - mit Ausnahme der Büros, die weiß bleiben mussten. Durch nachlässige Renovierungen und Pech haben es leider nur die Kantine und die Snack Bar bis ins 21. Jahrhundert geschafft. Das ist zum einen traurig, weil die Arbeit ein kolossales Zeugnis von Pantons Verständnis von der Welt ablegte. Zum anderen dokumentiert es, wie sich die Welt seit 1969 verändert hat. Wieviele Firmen würden heute einen Swimmingpool für ihre Angestellten anlegen lassen?
Jetzt, wo DER SPIEGEL und seine Belegschaft in ein neues Gebäude in den seelenlosen Weiten der Hamburger Hafencity umziehen, waren auch die letzten intakten Teile von Pantons Meisterwerk in Gefahr. Waren. Letzten Montag gab DER SPIEGEL (mehrfach innerhalb der fünf Absätze der Pressemitteilung) bekannt, dass der Großteil der Arbeit dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg gestiftet wird. Ein kleiner Teil wird mit in das neue SPIEGEL-Haus umziehen.
In der Pressemitteilung ist zu lesen, dass die neue Snackbar in der fünften Etage "Elemente der alten – allerdings transparenter, großzügiger und mit wunderbarem Ausblick" haben wird. Das klingt ein bisschen nach einer Firma, die bekanntgibt, ein paar Kunstwerke erstanden zu haben um sie in ihrer neuen Snackbar auszustellen. Wir haben nichts gegen Firmen, die Kunst für ihre Verwaltungen kaufen. Im Gegenteil - wir kennen einige junge Künstler, die der Zwangsräumung nur entgehen konnten, weil sich irgendein Multi eins ihrer Werke geschnappt hat. Aber bei Pantons Einrichtung für den SPIEGEL geht es nicht um Farben und Formen und Psychedelia. Es ging nie um Psychedelia, sondern immer um die psychologische Wirkung von Farben auf den menschlichen Organismus. Deshalb hatten die SPIEGEL-Mitarbeiter immer ihre Türen geöffnet um etwas Farbe von den Fluren in ihre monotonen Büros fließen zu lassen. In einer weißen Zelle kann niemand gut arbeiten.
Es geht hier um das Ganze. Es ist eine Komposition. Im Gegensatz zur SPIEGEL-Pressemitteilung.
Wenn wir ehrlich sind, wäre es uns lieber gewesen, wenn alles komplett in das MKGH gegangen wäre. Das wäre ein angemesseneres und respektvolleres Ende für eines der bedeutendsten Kapitel deutscher Innenarchitektur gewesen. Denn dort ist es wenigstens unter Menschen, die sich darum kümmern, es anerkennen und verstehen.
Diese Empfindung verdient es - wenn es nach uns geht - auch, wiederholt zu werden.