Wie bereits berichtet, war unser Besuch in Kopenhagen und bei der CORE 10 ohne Frage einer unserer enttäuschendsten Trips.
Das lag vor allem an der nicht vorhandenden Innovation, Vorstellungskraft und Qualität.
Sogar in der Ruhmeshalle skandinavischen Designs nimmt das "Dänische Design" einen erhobenen, fast mystischen Platz ein.
Verner Panton, Arne Jacobsen, Finn Juhl, Poul Kjaerholm, Hans J. Wegner und und und...
Es ist wahrscheinlich nicht übertrieben zu behaupten, dass kein anderes Land dem Nachkriegsdesign mehr "Stars" geschenkt hat als Dänemark.
Besonders, wenn man das Verhältnis "Star-Designer zu Einwohnern" berücksichtigt.
Aber...
Zu wenige dänische Möbelhersteller verstehen, warum das so ist.
Es geht nicht um ageometrische Formen und bunte Farben.
Wie Egon Eiermann war ein Großteil der bekannten dänischen Designer Architekten, die in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg regelmäßig individuelle Möbelstücke für ihre Projekte entwarfen - die aber keine wirkliche Rolle in der industriellen Möbelproduktion spielten.
Die sozialen und kulturellen Veränderungen der 50er und 60er Jahre haben im Grunde den Massenmarkt für zeitgenössische Möbel geschaffen: und die Möbelhersteller fanden in den führenden Architekten der Zeit eine Quelle von innovativen, erfahrenen Möbeldesign-Talenten.
Die Designer blieben allerdings hauptsächlich Architekten, die gelegentlich auf Basis ihres Architektur-Verständnisses und ihrer eigenen Prozesse Möbel entwarfen.
Arne Jacobsens Ameise, zum Beispiel, begann als Kantinenstuhl für eine Fabrik, an der Jacobsen arbeitete. Durch den Kontakt mit Fritz Hansen entwickelte sich das Projekt, getrieben von dem Interesse, ein Produkt zu entwerfen das mit Charles und Ray Eames Sperrholzmöbelkollektion mithalten konnte.
Was uns zum zweiten Impuls bringt: die Innovation dieser Zeit.
Der Eames DSR ist zum Beispiel kein besondersis umwerfender Stuhl - der in Form gegossene Plastesitz war aber zu seiner Zeit revolutionär. So wie das gebogene Sperrholz von Eames oder der Plaste-Freischwinger von Verner Panton sehen wir viele der heutigen Designklassiker nicht als ebenjene wegen ihrer Erscheinung, sondern weil sie eine historische Bedeutung haben, Genres neu definierten, als sie auf den Markt kamen und sich so in das kollektive Bewusstsein gebrannt haben.
Hinzu kommt die Verfügbarkeit des Materials als solches. Möbel waren traditionell aus Holz hergestellt, die Bauhaus-Bewegung und Modernismus brachten Metall und Glas ins Spiel, bis Ende der 1940er Jahre eine Materialknappheit dazu führte, dass Europas Möbelhersteller in ihren Möglichkeiten eingeschränkt waren. In den 1950er und 60er Jahren hatten die Produzenten zum einen wieder Zugang zu mehr Material, zum anderen wurden durch die Industrialisierung immer mehr neue Materialien hergestellt - und die Möbeldesigner fühlten sich mit den neuen Möglichkeiten wie Kinder vor einem Weihnachtsbaum.
Alle Neuigkeiten und Innovationen konnte durch die neuen Massenmedien wie Fernsehen oder Farbdruck schnell verbreitet werden und fanden im Europa in Zeiten von Wohlstand und Sicherheit dankbare Abnehmer.
All diese Faktoren kamen zusammen um das Konzept des dänischen Designs hervorzubringen.
Oder in anderen Worten: In Dänemark taten die richtigen Leute im richtigen Moment das Richtige.
Heutzutage werden Produkte für Möbelhersteller fast ausschließlich von professionellen Produktdesignern entworfen, deren Aufgabe es ist Artikel auf Anfrage zu fertigen.
Das ist an sich keine schlechte Sache, wenn man davon ausgeht, dass die Motivation darin liegt, etwas Neues zu kreiieren oder ein bestehendes Design zu verbessern.
Zu viel von dem, was wir gesehen haben, war weder neu noch besser.
Zu viel von dem, was wir gesehen haben, war einfach Mittelmäßigkeit - hübsch verpackt in bedeutungslosem Marketinggeschwätz um zu verschleiern, dass das Produkt weder neu noch interessant ist.
Renton würde sicher sagen "Früher oder später musste es so kommen."
Im (smow)Büro hängt das Poster "A Century of Danish Chairs" an der Wand, es beginnt 1905 und endet 1979 - so ähnlich war auch unsere Erfahrung auf der CODE 10.
So als wären die letzten 30 Jahre nicht passiert.
Dänisches Möbeldesign ist noch nicht komplett ausgestorben, und Sick Boys vereinheitlichende Theorie vom Leben ist nicht generell gültig, aber ein Großteil ist eindeutig vom Weg abgekommen umd man kann sich schwer vorstellen, woher der Impuls kommen soll um dänisches Möbeldesign wieder aufleben zu lassen.
Nicht zuletzt wenn eine müde Veranstaltung wie die CODE 10 damit wirbt, "...new approaches to design form, design thinking and the creative process” zu zeigen.
Zum Glück gab es vereinzelt ein paar wirklich außergewöhnliche Stücke zu sehen, die wir im nächsten Dänspotting Post vorstellen werden.